Heute soll es mal um viele Dinge gehen. Druckkündigung, den Auflösungsantrag nach § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG, laufende Mofa-Motoren, Tageszeitungen, so ne Art Verfolgungswahn und wenig Geld. Viel Stoff meinen sie? Keine Angst, ich fasse mich kurz und beschränke mich auf das Unwesentliche. Wie immer halt. Um wen und was geht es? Es geht um einen Zeitungszusteller (Tageszeitungen) mit einem durchschnittlichen monatlichen Bruttoeinkommen von ca. 300,00 EUR (wenig Geld). Dieser Zeitungszusteller fühlte sich von Abonnenten verfolgt (so ne Art Verfolgungswahn), und beschwerte sich darüber beim Leserservice seiner Arbeitgeberin, sowie bei der für ihn zuständigen Teamleitung. Auch eine Abonnentin beschwerte sich, und zwar über den Zeitungszusteller, dass dieser während der Zustellung der Zeitung den Motor seiner Mofa nicht ausschaltete (laufende Mofa-Motoren). Dies alles führte zu einer Druckkündigung und einem Auflösungsantrag. Die Druckkündigung wurde damit begründet, dass eine Teamleiterin sich dahingehend äußerte, dass sie überlegen würde, ihren Arbeitsplatz zu kündigen, wenn der Zusteller ihrem Zustellbezirk zugeordnet werden würde. Dies reicht für eine Druckkündigung aber nicht aus, so dass LAG Hamm in seiner Entscheidung vom 23.05.2013 Az. 15 Sa 1784/12. Die Rechtsprechung spricht von einer Druckkündigung, wenn Dritte unter Androhung von Nachteilen für den Arbeitgber von diesem die Entlassung eines bestimmten Arbeitnehmers verlangen (BAG, 08.06.2000 – 2 ABR 1/00). Die entscheidungserhebliche Entlassung des Zustellers (der Kläger) wurde aber von keinem Mitarbeiter gefordert. Die Voraussetzungen einer Druckkündigung lagen also nicht vor. Dennoch konnte sich die Arbeitgeberin (Beklagte) von ihrem Zusteller trennen. Hilfreich war hier der Auflösungsantrag nach § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG. Danach ist das Arbeitsverhältnis aufzulösen, wenn Gründe vorliegen, die eine dem Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Mit uns wird das nichts mehr, könnte man sagen. Die Anforderungen sind aber hoch.
„Als Auflösungsgründe für den Arbeitgeber gemäß § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG kommen solche Umstände in Betracht, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitnehmer, die Wertung seiner Persönlichkeit, seiner Leistung oder seiner Eignung für die ihn bestellten Aufgaben und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen. Die Gründe, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Vertragspartnern nicht erwarten lassen, müssen allerdings nicht im Verhalten, insbesondere nicht in einem schuldhaften Verhalten des Arbeitnehmers liegen. Es kommt vielmehr darauf an, ob die objektive Lage die Besorgnis rechtfertigt, dass die weitere Zusammenarbeit mit dem Arbeitnehmer gefährdet ist.“,
so die Rechtsprechung.
Und so gehts es weiter:
„Zur Begründung eines Auflösungsantrags gemäß § 9 KSchG darf sich der Arbeitgeber auch auf Gründe berufen, mit denen er zuvor – wenn auch erfolglos – die ausgesprochene Kündigung gerechtfertigt hat. Er muss in diesen Fällen aber zusätzlich greifbare Tatsachen dafür vortragen, dass der Kündigungssachverhalt gleichwohl so beschaffen ist, dass er eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit nicht erwarten lässt.“
Unstreitig beschwerte sich der Kläger über mehrere Jahre, dass er von allen möglichen Personen verfolgt wurde. Darunter auch die Polizei. Oha! Auch für einen medizinischen Laien treten hier erkennbar zwanghafte Züge zum Vorschein. Der Auflösungsantrag konnte zudem auch darauf gestützt werden, dass sich die Teamleiter weitgehend weigerten, mit dem Kläger zusammen zu arbeiten. Ergebnis: Arbeitsverhältnis beendet. Abfindung ein halbes Monatsentgelt pro Jahr. Das war´s. An der laufenden Mofa lag es also nicht. Aber irgendwie habe ich so das Gefühl, dass der Zeitungszusteller Hilfe benötigt hätte. Hat daran keiner gedacht?
Das Urteil gibt es hier.
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