Kategorie: <span>Individualarbeitsrecht</span>

Teilzeitbeschäftigte haben ab der ersten Überstunde denselben Anspruch auf Zuschläge wie Vollzeitbeschäftige. Eine Regelung, nach der Teilzeitbeschäftigte erst dann Überstundenzuschläge erhalten, wenn Sie die Arbeitszeit von Vollzeitkräften überschreiten, verstößt gegen das Diskriminierungsverbot, falls nicht ausnahmsweise sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Dies hat das BAG hat mit seiner ganz aktuellen Entscheidung vom 05.12.2024 klargestellt (Az. 8 AZR 370/20).

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Na, das erklär mal deinen Kindern. Ich sage „Ihr könnt Chips und Cola bekommen“, die Augen strahlen – hey, heute ein Feiertag! Dann aber erkläre ich, dass dies bedeutet: „Chips oder Cola“. Die Freude reduziert sich abrupt um die Hälfte. Das Verständnis für die Sprache der Erwachsenen und Klarheit von Regeln nähert sich dem Nullpunkt.

Aber: Bei der Auslegung von Gesetzestexten kann das aber so mal sein. Worte, die scheinbar eindeutig sind, werden durch Rechtsprechung neu interpretiert. Genau das zeigt ein BAG-Urteil vom 12.11.2024 (9 AZR 13/24). Im Fokus: das Konzernprivileg im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (§ 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG). Hier entschied das Gericht, dass das „und“ in der Vorschrift wie ein „oder“ zu verstehen ist – eine scheinbar kleine Änderung mit großer Wirkung. Quelle: Pressemitteilung Nr. 30/24 des BAG vom 12.11.2024 zum Urteil 9 AZR 13/24 (Vorinstanz: LAG, Urteil vom 9. November 2023 – 5 Sa 180/23).

 Das Konzernprivileg im AÜG: Was ist das?

 Zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer*in kommt nach § 10 Abs. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis zustande, wenn der Arbeitsvertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer*in aus einem der in § 9 Abs. 1 AÜG aufgeführten Gründe unwirksam ist. Zum Beispiel bei fehlender Erlaubnis für die Arbeitnehmerüberlassung.

Das Konzernprivileg des § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG erlaubt als Ausnahmeregelung die Überlassung von Arbeitnehmer*innen innerhalb eines Konzerns, ohne die strengen Vorgaben des AÜG einhalten zu müssen. So können Konzerne flexibler auf interne Personalbedarfe reagieren. Doch das Privileg hat Grenzen: Der Arbeitnehmende darf nicht „zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt“ werden.

Was bedeutet „und“? BAG erläutert Sinn und Zweck der Regelung

 Aber: Sind beide Bedingungen – „Einstellung“ und „Beschäftigung zum Zweck der Überlassung“ – erforderlich, oder reicht schon eine von beiden, um das Konzernprivileg auszuschließen? Das BAG führte aus, dass nach dem Willen des Gesetzgebers das „und“ als „oder“ zu verstehen ist.

Damit greift das Konzernprivileg nicht, wenn der Arbeitnehmende entweder

  • zum Zweck der Überlassung eingestellt oder
  • zum Zweck der Überlassung beschäftigt wurde.

Diese Klarstellung hat weitreichende Konsequenzen, besonders für langfristige Überlassungen innerhalb von Konzernen.

Der Fall: Langfristige Überlassung ohne Perspektive für eine andere Tätigkeit

Im zu entscheidenden Fall war der Kläger von 2008 bis 2020 bei der S-GmbH angestellt, arbeitete aber ausschließlich auf dem Werksgelände eines anderen Konzernunternehmens. Die Tätigkeit erfolgte über viele Jahre hinweg unter den Weisungen der Beklagten. Der Kläger argumentierte, dass er faktisch und unter Verletzung der Vorgaben des AÜG wie ein Leiharbeitnehmer eingesetzt wurde und zwischen ihm und der Beklagten daher ein Arbeitsverhältnis entstanden sei (§ 10 Abs. 1 i. V. m. § 9 Abs. 1 AÜG). Die Beklagte berief sich auf das Konzernprivileg, das nach seiner Ansicht greife, da der Kläger nicht „zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt“ worden sei. Die Vorinstanzen gaben der Beklagten recht – doch das BAG widersprach.

Die Entscheidung: „Und“ heißt „oder“

 Das BAG stellte klar, dass die Konjunktion „und“ in § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG keine kumulative Bedingung darstellt, sondern alternativ zu verstehen ist. Bereits eine der beiden Voraussetzungen – Einstellung oder Beschäftigung zum Zweck der Überlassung – reicht aus, um das Konzernprivileg auszuschließen.

Bedeutend war im konkreten Fall, dass es sich um eine langfristige Überlassung ohne erkennbare Perspektive für eine andere Tätigkeit im Einstellungsunternehmen handelte. Dieser Umstand wurde vom BAG als starkes Indiz gewertet, dass die Beschäftigung gerade zum Zweck der Überlassung erfolgt.

Ein Urteil mit Signalwirkung

Das Urteil des BAG verdeutlicht, dass es oft nicht reicht, den reinen Gesetzeswortlaut heranzuziehen. Wichtig ist auch immer, die Auslegung durch die (höchstrichterliche) Rechtsprechung zu kennen, um in der Praxis rechtlich abgesichert handeln zu können. Das Konzernprivileg, oft als Erleichterung für interne Konzernstrukturen verstanden, ist in dieser Deutung eben keine pauschale Freikarte für jede Form der Arbeitnehmerüberlassung.

Oder, um es mit Blick auf Kinderlogik zu sagen: Wenn „und“ auch „oder“ bedeutet, muss man umso genauer aufpassen, was wirklich gemeint ist.

Arbeitnehmerüberlassung ist bei Ihnen ein Thema?

Eine gute Zeit wünscht

Heike Holtmann, Ass. jur. & Mediatorin

Individualarbeitsrecht

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) will strengere Voraussetzungen für den Abschluss befristeter Arbeitsverträge aufstellen. Dabei geht es in erster Linie um die Begrenzung der Häufigkeit und der Dauer sachgrundlos befristeter Arbeitsverhältnisse.

Zunächst zur aktuell noch geltenden Rechtslage:
• Eine sachgrundlose Befristung ist nur möglich, wenn zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung in der Vergangenheit noch kein gemeinsames Arbeitsverhältnis bestanden hat.
• Grundsätzlich darf die Befristungsdauer zwei Jahre nicht überschreiten. Innerhalb dieses Zeitraums darf der Arbeitgeber die sachgrundlose Befristung bis zu dreimal verlängern. Dabei darf keine zeitliche Unterbrechung zwischen den Befristungen liegen.
• Alternativ kann die Form der Befristung durch individuell gestaltete Tarifverträge variieren. In diesem Fall ist eine Befristung von bis zu sechs Jahren möglich, wobei maximal neun Mal verlängert werden darf.
• Ein neu gegründetes Unternehmen hat die Möglichkeit, innerhalb der ersten vier Jahre nach Gründung Arbeitsverträge im Rahmen der kalendermäßig sachgrundlosen Befristung zu vereinbaren.
• Bei der Neueinstellung eines Arbeitnehmers ab dem 52. Lebensjahr ist die sachgrundlose Befristung ebenfalls möglich. Die Gesamtdauer dieser Arbeitsverhältnisse beträgt maximal fünf Jahre.

Das soll sich ändern:
• Die Befristung eines Arbeitsvertrags ohne sachlichen Grund soll anstatt zwei Jahre zukünftig nur noch für 18 Monate möglich sein.
• In Tarifverträgen geregelte Befristungen sollen auf 54 Monate begrenzt sein und höchstens drei Mal verlängert werden dürfen.
• Außerdem dürfen Unternehmen, in denen in der Regel mindestens 75 Arbeitnehmer beschäftigt werden, nicht mehr als 2,5 Prozent ihrer Beschäftigten sachgrundlos befristen.
• Für Befristungen ohne sachlichen Grund soll ein Zitiergebot eingeführt werden. Das heißt, Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen in der schriftlichen Befristungsvereinbarung explizit angeben, aufgrund welcher Rechtsgrundlage die Befristung zulässig ist. Bei einem Verstoß hiergegen gilt der Vertrag als unbefristet geschlossen.
• Außerdem soll es eine Übergangsregelung für bereits geschlossenen Verträge geben. Hiernach sollen die Verträge, die vor dem Inkrafttreten der Neuregelung geschlossen worden sind, nur einmal verlängert werden dürfen und nur bis zu einer Gesamtdauer von höchstens 18 Monaten.

In der Kritik steht der Gesetzesentwurf insbesondere, weil er die Flexibilität von befristeten Arbeitsverträgen beschränk. Darin sehen einige Stimmen eine Belastung für die Unternehmen, die sich oftmals coronabedingt ohnehin schon in schwierigen wirtschaftlichen Lagen befinden.

Die Befürworter der geplanten Neuerungen hoffen dagegen auf mehr Sicherheit für Geringverdiener, die sich von Befristung zu Befristung hangeln.

Allgemein Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Die Kontaktbeschränkungen sind herausfordernd. Dies gilt umso mehr an Weihnachten und Silvester. Der neue Beschluss von Bund und Ländern legt fest, dass vom 23. Dezember bis zum 1. Januar Treffen im engsten Familien- und Freundeskreis bis maximal 10 Personen erlaubt sind. Was auf der einen Seite die weihnachtlichen Feierlichkeiten ermöglicht, bedeutet auf der anderen einen Anstieg der Kontaktpersonen eines jeden. Das Ansteckungsrisiko wird steigen.

Der Beschluss von Bund und Ländern beinhaltet deswegen die dringende Bitte an die Arbeitgeber, zwischen Weihnachten und Silvester Betriebsferien anzuordnen. Aber unter welchen Voraussetzungen ist das möglich?

Gesundheit Individualarbeitsrecht Kollektivarbeitsrecht

Gehaltserhöhungen zunächst auf Eis gelegtDamit hatte wohl auch niemand gerechnet, dass in diesem Jahr noch Gehaltserhöhungen zu erwarten sind. COVID-19 hat die deutsche Wirtschaft fest im Griff. Und das ganze Ausmaß der wirtschaftlichen Folgen für die Pandemie ist noch gar nicht absehbar.

Der aktuelle Salary Budget Planning Report der Unternehmensberatung Willis Towers Watson hat die Entwicklung der Gehaltsbudgets 2020 und 2021 untersucht. Dazu wurden Gehaltsdaten von 15.000 Unternehmen in 132 Ländern ausgewertet.

Individualarbeitsrecht

Keine Salamitaktik beim UrlaubSommerzeit ist Urlaubszeit – aber bitte am Stück!

„Chef, ich bräuchte mal eine halben Tag Urlaub.“ Kennen Sie solche Anliegen aus Ihrem Betrieb? Wurden auch halbe Tage Urlaub gewährt – und werden es noch? Dann befinden Sie sich vermutlich außerhalb von Baden-Württemberg. Das LAG Baden-Württemberg hat nämlich bereits im März dieses Jahres den Urlaubswunsch eines Arbeitnehmers auf Erteilung des Urlaubs in Form von halben Urlaubstagen zurückgewiesen (Urteil vom 6.3.2019 (Az. 4 Sa 73/18) – nachzulesen z.B. hier.

Individualarbeitsrecht

Wie stehen die Chancen auf Urlaubsgeld?Der Sommer steht vor der Tür und der ein oder andere plant seinen wohlverdienten Urlaub. Da kommt der warme Geldsegen vom Arbeitgeber kurz vorher gerade recht: Einige Arbeitnehmer bekommen Urlaubsgeld ausbezahlt. Viele müssen ihre Urlaubskasse jedoch mittlerweile selbst füllen. Mehr und mehr Arbeitgeber zahlen kein Urlaubsgeld mehr.

Individualarbeitsrecht

Die häufigsten KündigungsgründeAls Betriebsrat werden Sie häufig mit Beendigungen von Arbeitsverhältnissen konfrontiert. Doch nicht immer ist die Trennungsabsicht des Arbeitgebers der Grund, oftmals treffen die Arbeitnehmer selbst die Entscheidung zu kündigen.

Welche Gründe dahinterstecken, hat die Unternehmensberatung Compensation Partner gemeinsam mit dem Portal gehalt.de im Januar 2019 untersucht. Online befragten sie 1.092 Arbeitnehmer nach den Hauptgründen für ihre Kündigung und was Arbeitgeber tun können, damit Mitarbeiter dem Unternehmen erhalten bleiben.

Individualarbeitsrecht

Überstunden - und das ohne BezahlungNa klar, fast jeder macht mal Überstunden, wenn einfach viel zu tun ist oder eine Aufgabe noch fertiggestellt werden muss. Manche Mitarbeiter leisten diese freiwillig, anderen sind ihre festen Arbeitszeiten sehr wichtig und sie lehnen jede Form von Überstunden ab. Wenn schon kein Weg daran vorbeiführt, bzw. die Mehrarbeit angeordnet wird, dann aber bitte auch mit Bezahlung oder einem entsprechenden Freizeitausgleich.

Das scheint aber nicht die Regel zu sein in deutschen Unternehmen.

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Online-Lexikon zum Arbeitsmarkt23,4 Prozent der deutschen Gesamtbevölkerung sind Menschen mit Migrationshintergrund. Diese sind aus vielerlei Gründen doppelt so stark von Arbeitslosigkeit betroffen wie deutsche Arbeitnehmer. Leider werden ausländische berufliche Bildungsabschlüsse und Qualifikationen in Deutschland häufig nicht anerkannt. Andererseits werden händeringend Fachkräfte gesucht. Da beißt sich die Katze in den Schwanz.

Das Förderprogramm „Integration durch Qualifizierung (IQ) arbeitet seit 2005 daran, die Arbeitsmarktchancen für Menschen mit Migrationshintergrund zu verbessern. Diskriminierungen sollen abgebaut, der Blick für die Potenziale der Migranten geschärft und ihre interkulturelle Kompetenz aufgebaut und verankert werden. Dieses Netzwerk wird durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales sowie den Europäischen Sozialfond gefördert.

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