Wenn man eine aktuelle Studie der Hans-Böckler Stiftung betrachtet, können angehende Manager und Unternehmenslenker mit den Begriffen Betriebsrat, Mitbestimmung und kollektives Arbeitsrecht wenig anfangen. Im Lehrplan eines BWL-Studiums werden diese Themen häufig schlicht komplett ausgeblendet. Einige Lehrpläne und Dozenten sehen Betriebsräte gar als Übel, mit dem man sich notgedrungen arrangieren muss. Konsequenterweise gibt es bei jungen und hippen Unternehmen dann keinen Betriebsrat, sondern einen Feel-Good Manager, der sich um das Wohl der Belegschaft kümmern soll. Das hört sich viel besser an als Betriebsrat und bedeutet weniger Pflichten für den Arbeitgeber.
Ich habe mich gefragt, warum eigentlich ein Thema wie Mitbestimmung im BWL-Studium behandelt werden sollte? Wenn man das demokratische Element einer Arbeitnehmermitbestimmung ausblendet, bleibt die Kosten-Nutzen Rechnung. Versuchen wir also einmal das Thema ökonomisch aufzurollen. Oder um es betriebswirtschaftlicher zu formulieren: Welchen Nutzen könnte ich als Arbeitgeber, oder als betriebswirtschaftlich denkender Mensch, von einem Betriebsrat haben?
Wenn man einigen rein betriebswirtschaftlichen Argumentationen folgt, kommt irgendwann der Einwand, der Betriebsrat sei ein Störfaktor in der betrieblichen Wertschöpfungskette, der hauptsächlich dafür sorgt, dass die auf Effizienz und Produktivität ausgelegte Unternehmensmaschinerie mit pedantischen Forderungen nach Arbeitnehmerrechten gestört wird. Warum eigentlich? In letzter Konsequenz muss man doch feststellen, dass der Betriebsrat genauso am unternehmerischen Erfolg beteiligt ist, wie jeder andere Teil des Betriebs. Nur dazu muss man erst einmal die ursächlichen Zusammenhänge zwischen Mitbestimmung und Unternehmenserfolg verstehen und überhaupt wissen, wie ein Betriebsrat arbeitet.
Mehrere Untersuchungen haben gezeigt, dass Unternehmen mit Betriebsrat erfolgreicher sind als Unternehmen ohne. Jetzt könnte man vielleicht einwenden, dass dies Untersuchungen und Studien von gewerkschaftsnahen Einrichtungen wie z.B. der Hans-Böckler Stiftung sind, die tendenziell die positiven Aspekte der betrieblichen Mitbestimmung betonen. Und wie genau wird das überhaupt gemessen und wie kann man einen objektiven Vergleich herstellen? Gute Fragen. Einen vielleicht auf den ersten Blick nicht einfach messbaren, aber sehr wohl psychologisch wichtigen Faktor sollte man aber auf keinen Fall aus dem Auge verlieren: Eine funktionierende Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeziehung, die auf Respekt und dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit aufbaut, ist maßgeblich für den Betriebsfrieden und eine positive Stimmung in der Belegschaft.
Damit sind wir schnell beim Thema Produktivität und in einer klassischen Win-Win Situation, um in der Sprache der Ökonomen zu bleiben. Zufriedene Mitarbeiter sind einfach produktiver und spätestens an diesem Punkt sollte das Thema auch für jeden BWL-Studenten spannend werden und es kann sich regelrecht ökonomisch bezahlt machen, wenn man frühzeitig erfährt, was Betriebsräte bewegt und antreibt. Und über die grundlegenden demokratischen Prinzipien, die in vielen deutschen Unternehmen selbstverständlich gelebt werden, lernt man dann nebenbei auch noch etwas.
Mehr zum Thema Konstruktive Zusammenarbeit können Sie übrigens hier lesen.
Zu ergänzen wäre, dass durch die unternehmerische Mitbestimmung (also die Vertretung der AN im Aufsichtsrat einer Gesellschaft), aber sicherlich auch durch den „Unterbau“ der Betriebsräte und deren Informations- und Anhörungsrechte, in der Theorie auch zu besseren Entscheidungen (zumindest auf besserer Informationsgrundlage) des Top-Managements führen soll, da die Erfahrungen und Ansichten der einfachen AN von der „Werkbank“ über die Betriebsräte bis zu Geschäftsleitung und Aufsichtsrat transportiert werden. So weit die Theorie. Ob das auch in der Praxis eine Rolle spielt, vermag ich nicht zu beurteilen.