
Noch nie waren in Deutschland so viele Frauen erwerbstätig wie heute – und doch ist die Sache mit der Gleichstellung nicht erledigt. Denn ein Blick in die Arbeitsrealität zeigt: Während die meisten Männer in Vollzeit arbeiten, ist rund jede zweite Frau in Teilzeit beschäftigt. Und wer als Frau einmal reduziert hat, kehrt meist nicht wieder zurück – Stichwort „Teilzeitfalle“. Die Folgen sind bekannt: finanzielle Abhängigkeit, geringere Karrierechancen, Altersarmut.
Gleichzeitig wünschen sich viele junge Eltern eine gleichberechtigte Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit. Das zeigt die 2025 erschienene Studie „Spannungsfeld Vereinbarkeit: Elternzeitpräferenzen und Vereinbarkeitswünsche“ sehr deutlich – und sie liefert auch Hinweise darauf, warum das Wunschmodell in der Praxis so selten funktioniert. Für Betriebsräte bedeutet das: Hier gibt es viel mitzugestalten.
Wunsch: Gleichberechtigt. Realität: Traditionell.
Die Mehrheit der befragten Frauen und Männer bevorzugt ein partnerschaftliches Elternzeitmodell – mit jeweils sieben Monaten pro Elternteil. Das sagen immerhin 44 % der Befragten. Nur knapp 39 % sprechen sich für das klassische Modell mit zwölf Monaten für die Mutter und zwei Monaten für den Vater aus.
Frauen und Männer denken also weiter als viele betriebliche Strukturen – besonders deutlich wird das im Osten: Dort wünschen sich 50 % der Frauen eine gleichmäßige Aufteilung.
Doch in der Praxis dominiert weiter das traditionelle Modell. Und das hat Folgen: Frauen steigen oft später, langsamer und schlechter bezahlt wieder ein. Die Rückkehr in Vollzeit gelingt selten, und Männer bleiben meist bei ihrem alten Arbeitsmodell – mit all den bekannten Belastungen auf beiden Seiten.
Vereinbarkeit braucht beides: Flexibilität und Entlastung
Was brauchen Eltern konkret, um das Wunschmodell leben zu können? Auch das hat die Studie gefragt – und die Antworten zeigen: Vereinbarkeit ist nach wie vor geschlechtlich geprägt. Frauen wünschen sich vor allem Entlastung im Haushalt und bei der Kinderbetreuung, Männer mehr Flexibilität im Job. Ein Drittel der Befragten hätte gern finanzielle Unterstützung für Haushaltshilfen oder Betreuung.
Das zeigt: Es braucht mehr als familienfreundliche Paragrafen – es braucht eine Unternehmenskultur, die Vereinbarkeit möglich macht. Und hier haben Betriebsräte jede Menge Handlungsspielraum.
Was heißt das konkret für Ihre Betriebsratsarbeit?
Wenn Sie als Betriebsrätin oder Betriebsrat Vereinbarkeit fördern wollen, haben Sie gleich mehrere Hebel:
- Gestalten Sie mit bei der Einführung flexibler, lebensphasenorientierter Arbeitszeitmodelle.
- Setzen Sie sich für eine gerechte Rückkehr aus der Elternzeit ein – ohne Karriereknick.
- Sprechen Sie gezielt auch Väter an – und ermutigen Sie zur Elternzeit.
- Machen Sie das Thema Vereinbarkeit regelmäßig auf Betriebsversammlungen sichtbar.
- Nutzen Sie Mitbestimmung, um Führungskräfte für diese Themen zu sensibilisieren.
Gerade jetzt, wo viele Unternehmen über Fachkräftesicherung und Arbeitgeberattraktivität sprechen, ist das Thema aktueller denn je.
Fazit: Eltern wollen teilen – der Betrieb muss mitziehen
Die Eltern von heute wollen es anders machen: gerechter, partnerschaftlicher, flexibler. Doch solange betriebliche Strukturen hinterherhinken, bleibt Vereinbarkeit Wunschdenken. Als Betriebsrat können Sie hier viel bewegen – mit guten Ideen, rechtlichem Wissen und dem Willen, Veränderungen im Sinne der Beschäftigten aktiv anzustoßen.
Denn eins ist sicher: Wer Gleichstellung will, muss Vereinbarkeit ermöglichen.
Jetzt aktiv werden: Austausch & Know-how für Betriebsräte
Wie Sie die Interessen von Frauen im Betrieb wirkungsvoll vertreten, Gleichstellung strategisch angehen und Vereinbarkeit nachhaltig verbessern – genau das steht im Mittelpunkt des Symposiums „Betriebsrätinnen und Frauen in Unternehmen“. Freuen Sie sich auf praxisnahe Fachvorträge, rechtliche Updates, Best Practices aus der Betriebsratsarbeit und viel Raum für Austausch unter engagierten Kolleginnen.
Wenn Sie fundiertes Wissen zu Mutterschutz, Elternzeit, Pflegezeit oder Sabbaticals aufbauen oder auffrischen möchten, empfehlen wir Ihnen das Seminar „Mutterschutz, Elternzeit, Pflegezeit und Sabbaticals“. Dort erhalten Sie einen umfassenden Überblick über die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen, aktuelle Rechtsprechung und praktische Handlungsmöglichkeiten – speziell zugeschnitten auf die Aufgaben und Beteiligungsrechte des Betriebsrats.
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