Jeder ist sich selbst der nächste. Da kann man schon mal großzügig über Dinge hinwegsehen, schließlich dient es ja der eigenen Karriere. Wer gedacht hat, so etwas passiert im korrekten, ehrbaren Deutschland eher selten, hat sich getäuscht.
Der Ruf ist tatsächlich angekratzt, 23% der deutschen Manager würden unethisch handeln, wenn sie selbst davon profitieren. Das ist Ergebnis einer aktuellen Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young (EY). 4100 Manager aus 41 Ländern wurden befragt. Es scheint stark länderabhängig zu sein, wie ethisch Führungskräfte sich verhalten. Während in Dänemark nur 4% der Führungskräfte unethisches Verhalten gutheißen, sind es in Russland und in der Ukraine mehr als 30%.
Jeder zweite deutsche Chef gab sogar an, dass ihm im eigenen Betrieb bereits unethisches Verhalten aufgefallen sei. 7% behalten das allerdings für sich. Die Gründe warum darüber in der Regel der Vorhang des Schweigens gezogen wird, seien unterschiedlich. Druck von oben, Loyalität gegenüber den Kollegen, Angst um die eigene Sicherheit oder Sorge um die eigene Karriere führen dazu, dass diese windigen Praktiken nicht aufgedeckt werden. Zwei von fünf Befragten erklärten jedoch, dass sie Fehlverhalten auf jeden Fall melden würden.
Aber wie funktioniert das mit dem Melden? Macht man sich dabei vielleicht selbst strafbar?
Nur wenige große Unternehmen haben Hotlines, bei denen Mitarbeiter anonym Hinweise auf mögliche Straftaten oder Unsauberkeiten geben können. Und was nützen die schönsten Compliance-Richtlinien, wenn sich einige darüber hinwegsetzen?
Geliebt wird der Verrat, nicht der Verräter. Und das gilt auch für Mitarbeiter, die Gesetzesverstöße, Korruption oder unethisches Verhalten im Unternehmen gegenüber Behörden, der Polizei, einer Aufsichtsbehörde oder an die Öffentlichkeit weitergeben. Ein solch illoyales Verhalten, kann den Arbeitgeber zu einer Kündigung berechtigen.
Geht es nicht um Straftaten, sondern „nur“ um Verstöße gegen firmeninterne Ethikrichtlinien oder Rechtsvorschriften außerhalb des Strafrechts, muss der Whistle Blower die Angelegenheit erst einmal in der Firma halten. Das heißt er wendet sich an seine(n) Vorgesetzte(n) oder die Geschäftsleitung.
Wer in solchen Fällen sofort an die Öffentlichkeit geht, zu einer Aufsichtsbehörde oder gar zur Polizei oder die Staatsanwaltschaft einschaltet, begeht einen arbeitsvertraglichen Verstoß. Denn für den Arbeitnehmer besteht das Gebot der Rücksichtnahme auf die geschäftlichen Interessen und den Ruf seines Arbeitgebers.
Bei dem Verdacht einer Straftat, ist der Arbeitnehmer grundsätzlich berechtigt, eine Strafanzeige zu erstatten.
Aber selbst in diesem Fall wird von der Rechtsprechung erwartet, dass ein Arbeitnehmer auch beim Verdacht von Straftaten im Betrieb nicht immer sofort Strafanzeige erstatten darf, sondern auch hier erst einmal versuchen muss, den Verdacht im Betrieb zu klären.
Das gilt nicht, wenn ein Versuch der innerbetrieblichen Klärung keinen Erfolg verspricht oder nicht zumutbar ist.
Was hat der Betriebsrat damit zu tun?
In vielen Unternehmen (insbesondere amerikanischen) sind in den letzten Jahren Ethikrichtlinien, auch Code oder Rules of Conduct, Verhaltenskodex etc. genannt eingeführt worden. Danach werden Arbeitnehmer unter anderem dazu verpflichtet, den Arbeitgeber über Verstöße gegen Vorstehende Regeln zu informieren. Damit wird das Ordnungsverhalten des Arbeitnehmers im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG betroffen, womit dieses Vorgehen mitbestimmungspflichtig ist.
Wenn jedoch keine Hinweise eingehen, haben sowohl die Firmenleitung als auch Ermittlungsbehörden keine Chance die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen und windige Geschäftspraktiken zu verhindern. Das kann in Niemandes Interesse sein.
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