Auch ein wiederholter Rückfall rechtfertigt nicht die Entlassung eines alkoholkranken Mitarbeiters.
So zumindest sieht es das LAG Berlin-Brandenburg. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein alkoholkranker Mitarbeiter hatte mit seinem Arbeitgeber die Vereinbarung getroffen, an einer ambulanten Therapie teilzunehmen. Was sicherlich eine gute Sache ist. Leider erlitt der Arbeitnehmer während der Therapie einen zweiten Rückfall, welcher den Arbeitgeber zu einer krankheitsbedingten Kündigung veranlasste. Zur Begründung führte er aus, dass betriebliche Beeinträchtigungen vorlägen, da die Tätigkeit des Arbeitnehmers als Elektriker gefahrgeneigt sei und selbst ein einmaliger Fehler zur Eigen- und/oder Fremdgefährdung führen würde. Weiterhin sei mit hohen krankheitsbedingten Fehlzeiten zu rechen.
Dies alles sah das LAG Berlin-Brandenburg nicht so und hielt die Entlassung, ebenso wie die Vorinstanzen für ungerechtfertigt. Doch warum? Auf den ersten Blick scheint das doch eine klare Sache zu sein. Doch nur auf den ersten Blick. Denn für die krankheitsbedingte Kündigung müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, die wie folgt lauten:
- eine negative Prognose (der Gesundheitszustand wird sich nicht bessern)
- Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen
- Interessenabwägung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Schon bei der ersten Voraussetzung hatten die Richter Bedenken. Denn ein einziger Alkoholkonsum rechtfertige noch keine negative Prognose hinsichtlich des Gesundheitszustands.
Bei der zweiten Stufe, der Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen, war dann aber wirklich Schluss. Eine Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen sei unter dem Gesichtspunkt der Eigen- und Fremdgefährdung nicht gegeben. Voraussetzungen hierfür wären Ausfallerscheinungen bei der Arbeit, welche es aber seit Abschluss der Therapievereinbarung nicht gegeben hat. Aus diesem Grund war die Entlassung also nicht gerechtfertigt.
Anm. des Verfassers: Aber Achtung! Bei diesem Fall handelt es sich, wie so oft, um eine Einzelfallentscheidung. Der Fall mag gänzlich anders beurteilt werden, wenn es in der Vergangenheit doch zu Ausfallerscheinungen am Arbeitsplatz kam. Dann wäre die Entlassung vielleicht gerechtfertigt gewesen.
Einen Freifahrtschein zum Saufen am Arbeitsplatz gibt dieses Urteil mit Sicherheit nicht. Letztlich muss auch zwischen einer Alkoholerkrankung (wie in diesem Fall) und einem Saufgelage trotz Alkoholverbots am Arbeitsplatz unterschieden werden. Beim ersten Fall kommt nur eine krankheitsbedingte Kündigung in Betracht, beim zweiten Fall eine verhaltensbedingte Kündigung. Merke: Alkoholsucht ist eine Krankheit und Sauferei ein Verhalten. Ok?
Das Urteil gibt es hier.
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