Wenn es einen Betriebsrat im Unternehmen gibt, erhöht sich die Chance, betriebliche Gesundheitsförderung zu erhalten – das ergab eine empirische Studie von Uwe Jirjahn (Universität Trier), Jens Mohrenweiser (Bournemouth University, UK) und Stephen Smith (George Washington University, US). Die Autoren nutzten einen Datensatz des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung aus dem Jahr 2012 und rechneten Faktoren wie die Betriebsgröße, die Branche oder die Qualifikationsstruktur der Belegschaft heraus. Es ergab sich der signifikante Effekt, dass das Vorhandensein eines Betriebsrats die Wahrscheinlichkeit der Einführung mehr gesundheitsfördernder Maßnahmen als gesetzlich vorgeschrieben in Unternehmen um 18 Prozent erhöht.
Grund dafür könnte laut der Wissenschaftler sein, dass jeder von gesunden Arbeitsbedingungen profitiert. Die kollektive Institution des Betriebsrats kann dieses Anliegen daher gut vertreten. Zudem werden Informationslücken durch Arbeitnehmervertretungen reduziert, sodass das Management mehr über die Bedürfnisse und Probleme der Belegschaft erfährt und zugleich die Beschäftigten genauer über Gesundheitsrisiken informiert werden. Das erhöht aufgrund der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats auch die Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer, wenn es um das Durchsetzen gesundheitsfördernder Maßnahmen geht. Außerdem können Arbeitgeber hinsichtlich der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben zur Arbeitssicherheit besser überwacht werden.
Der gefundene Effekt kann auch anhand einer Reihe von Einzelmaßnahmen nachgewiesen werden. Sowohl die Anzahl an informationellen, als auch an direkten und finanziellen Maßnahmen, wie die Unterstützung für außerbetriebliche Präventionsmaßnahmen, werden vom Betriebsrat beeinflusst. Zum einen setzt sich dieser für die Analyse von Fehlzeiten, Gesundheitszirkeln und Beschäftigtenbefragungen ein. Zum anderen werden in einigen Firmen mehr innerbetriebliche Angebote umgesetzt. Zu ihnen gehören Gesundheitsuntersuchungen, Gesundheitstage oder Physiotherapie sowie Schulungen und Beratung zu Sucht, seelischen Problemen oder Ernährung. Die Studie ergab zudem, dass Unternehmen mit Betriebsrat sich vermehrt an unternehmensübergreifenden Netzwerken zur Gesundheitsförderung beteiligen.
Laut der Internationalen Arbeitsorganisation machen Berufskrankheiten und Arbeitsunfälle 4 Prozent der Arbeitsausfälle aus. Da gesundheitliche Prävention aufgrund alternder Belegschaften, aber auch infolge der Digitalisierung, die häufig psychosozialen Stress von Beschäftigten erhöht, immer wichtiger wird, kann also auch das Vorhandensein eines Betriebsrats essentiell sein.
- Studie: Jirjahn, U., Mohrenweiser, J. & Smith, St. C. (2019). Works Councils and Workplace Health Promotion in Germany. Hrsg. in IZA Discussion Paper Nr. 12113, Januar 2019. http://ftp.iza.org/dp12113.pdf
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