Kategorie: <span>Individualarbeitsrecht</span>

DarlehenAuch der will sein Geld wiederhaben. Manchmal geht es aber nicht anders. Insbesondere dann, wenn meine Kreditwürdigkeit im Keller ist und Banken nichts mehr geben. Was bleibt? Man kann seinen Chef nach einem Arbeitgeberdarlehen fragen. Und wenn man Glück hat, bekommt man auch eins. So wie in diesem Fall. Dort gewährte der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer ein Darlehen von 50.000 EUR. Respekt! Monatlich sollten 245,83 EUR zurückgezahlt werden. Eine vorzeitige Rückzahlung war laut Vertrag jederzeit möglich. Soweit klingt das alles ganz ordentlich. Meinen wir. Die Sache hatte nur einen Haken. Der Darlehensvertrag enthielt eine Klausel, die es dem Arbeitgeber ermöglichte den Darlehensvertrag bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu kündigen und somit die Restsumme fällig zu stellen.

Die Klausel lautet wie folgt:

„Dem Darlehensgeber steht ein Recht zur Kündigung nur zu, wenn das Arbeitsverhältnis vor vollständiger Rückzahlung des Darlehens beendet wird…“

Damit ist unerheblich, wer das Arbeitsverhältnis beendet. Im vorliegenden Fall war es der Arbeitnehmer mit der Folge, dass der Arbeitgeber das Darlehen vorzeitig kündigte und die noch ausstehende Darlehenssumme von 44.000 EUR verlangte. Zu Recht fragen wir uns. Sicherlich dann, wenn die o. g. Klausel wirksam ist. Doch ist sie es? Mit dieser Frage musste sich das BAG mit Urteil v. 12.12.2013 Az. 8 AZR 829/12 befassen. Das BAG kam zu dem Ergebnis, dass der Darlehensvertrag eine allgemeine Geschäftsbedingung i. S. d. § 305 Abs. 1 BGB ist. Solche allgemeinen Geschäftsbedingungen können unwirksam sein, wenn sie eine Vertragspartei entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Das BAG hielt die streitgegenständliche Regelung für zu weit gefasst. Und zwar deshalb, weil das Darlehen nach Beendigung des Arbeitsverhätlnisses in jedem Fall gekündigt werden kann. Auch dann, wenn die Kündigung durch Gründe in der Sphäre des Arbeitgbers veranlasst wurde, z. B. auf dessen vertragswidriges Verhalten zurückzuführen ist. In diesen Fällen hat es der Arbeitnehmer nämlich selbst durch Betriebstreue und vertragsgerechtes Verhalten nicht in der Hand, einer Kündigung des Darlehensvertrages zu entgehen, so bereits das LAG in der Vorinstanz. Vielmehr kann der Arbeitgeber hier als Darlehensgeber des Grund für die Kündigung der Darlehensverträge selbst herbeiführen. Die Klausel ist daher nach § 307 Abs. Satz 1 BGB unangemessen und deshalb unwirksam.

Ergebnis: Die vorzeitige Kündigung des Darlehensvertrages ist unwirksam, so dass seitens des Arbeitnehmers keine Verpflichtung zur vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens besteht.

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

UrlaubWieviel Urlaub ich habe, weiß ich. Das steht in meinem Arbeitsvertrag. Will hier aber bestimmt niemand wissen. Mein Urlaub ist zudem auch gerade beendet. Das sei an dieser Stelle nur mal kurz erwähnt. Viel interessanter ist die Frage nach dem Urlaubsanspruch, wenn das Arbeitsverhältnis kurzfristig unterbrochen wurde. Dazu sollte man wissen, dass der volle Urlaubsanspruch nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben wird. So sagt es das Gesetz in § 4 BUrlG. So weit so gut. Schauen wir uns mal folgenden stark (Oder grob trifft es auch. Ist auch wieder erlaubt, da Herr Reuter nicht mehr an Bord ist. 🙂 ) vereinfacht dargestellten Sachverhalt an. Unser Arbeitnehmer (der Kläger) arbeitet bei der Arbeitgeberin (die Beklagte) seit dem 01.01.2009 als Innendienstmitarbeiter. Arbeitsvertraglich wurden 26 Urlaubstage im Jahr bei einer 5-Tage-Woche vereinbart. Also hat er einen Anspruch auf 26 Tage Urlaub im Jahr. Soweit eher unproblematisch. Doch jetzt kommt es. Im Jahr 2012 kündigte der Kläger sein Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 30.05.2012 zum 30.06.2012. Am 21.06.2012 hatten sich die Parteien wieder lieb und schlossen einen neuen Arbeitsvertrag mit Wirkung ab dem 02.07.2012. Das war ein Montag (nur so zur Information). Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund fristloser Kündigung des Beklagten zum 12.10.2012.
Und nun die alles entscheidende Frage. Wieviel Tage Urlaub stehen dem Kläger für das Jahr 2012 zu. Sind es die vollen 26 Tage, oder müssen wir die Urlaubsansprüche anteilig für die beiden Arbeitsverhältnisse berechnen, so wie die Beklagte meint, weil das Arbeitsverhältnis ja unterbrochen wurde. Dies entspricht § 5 Abs. 1 BUrlG. Mit dieser Frage musste sich das LAG Düsseldorf mit Urteil v. 19.02.2014 Az. 1 Sa 1273/13 befassen. Nur am Rande: Höchstrichterlich ist dieser Sachverhalt noch nicht entschieden. Das LAG Düsseldorf kam zu dem Ergebnis, dass der volle Urlaubsanspruch in Höhe von 26 Tagen zu gewähren ist und das, trotz der Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses. Grund ist, dass es sich vorliegend nur um eine kurze Unterbrechung handelt und § 4 BUrlG nicht den „ununterbrochenen“ Bestand es Arbeitsverhältnisses verlangt. Anders als z. B. § 3 Abs. 3 EFZG. Dort spricht das Gesetz von vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses.

Das LAG Düsseldorf hat die Revision zum BAG zugelassen. Mal sehen, was noch kommt.

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Dürfen Azubis mehr? Eigentlich nicht. Wenn es aber um die private Internetnutzung während der Arbeitszeit geht, scheinbar schon, so zumindest das LAG Rheinland Pfalz mit Urteil v. 24.10.2013 Az. 10 Sa 173/13. Und der Begriff private Internetnutzung ist hier sehr weit zu verstehen und umfasst auch Pornoseiten im Web. Sein Lieblingsthema, wird der ein oder andere jetzt sagen. Nein, ist es nicht! Aber interessant ist das Urteil schon. Werden zwischen Arbeitnehmern und Auszubildenden (das sind übrigens auch Arbeitnehmer) unterschiedliche Maßstäbe angelegt? Dazu muss man wissen, dass die private Internetnutzung während der Arbeitszeit durchaus -zumindest nach vorheriger Abmahnung- ein Kündigungsgrund sein kann. Doch wie sieht es bei einem Auszubildenden aus. Das LAG Rheinland Pfalz hielt die Kündigung eines Auszubildenden für unwirksam, obwohl dieser nachweislich während der Arbeitszeit privat im Internet surfte und das obendrein auch noch auf Pornoseiten. Der junge Mann war aber nicht Auszubildender bei einer Pornoproduktionsgesellschaft, sondern in einem Möbelfachgeschäft. Also alles ganz seriös. Laut LAG lag kein „wichtiger Grund“ für eine fristlose Kündigung vor. Ein wichtiger Grund liegt nur dann vor, wenn der Auszubildende seine vertraglichen Hauptleistungspflichten und/oder Nebenleistungspflichten erheblich verletzt hat. Eine private Internetnutzung reicht hierfür als Pauschalvorwurf nicht aus, so das LAG. Der Arbeitgeber hätte eine konkrete Gefährdung bzw. Störung der Betriebsabläufe nachweisen müssen. Allein die Vorlage des Browserverlaufs sei hierfür nicht ausreichend.

Prima Gericht. Schön während der Ausbildung erstmal nen paar Pornos reinziehen. Solange der Betriebsablauf nicht gestört ist. Alles ok!

Aber Achtung! Sollte dieser gestört sein, sieht die Sache anders aus. Also nicht zur Nachahmung empfohlen.

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Mit den Abmahnungen ist das immer so ein leidiges Thema. Sind sie zu Recht ergangen? Wie werde ich die Dinger wieder los? Muss ich mit Konsequenzen rechnen? Alles Fragen, die bekannt sind. Doch mit einer Frage, die vielleicht nicht ganz so bekannt ist, musste sich das Sächsische Landesarbeitsgericht mit Urteil v. 14.01.2014 Az. 7 Ca 2855/12 befassen. Und zwar ging es um die Frage, ob Abmahnungen aus der Personalakte entfernt werden müssen, obwohl ich schon gar nicht mehr bei diesem Arbeitgeber beschäftigt bin. Beispiel: Ich habe bei Arbeitgeber X zwei Abmahnungen kassiert, arbeite mittlerweile aber bei Arbeitgeber Y. Nun verlange ich von Arbeitgeber X, dass er die „alten“ Abmahnungen aus der „alten“ Personalakte entfernt. Zu Recht? Dazu sollten wir uns erstmal anschauen, wann Arbeitnehmer verlangen können, dass eine zu Unrecht (das ist wichtig) erteilte Abmahnung aus der Personalakte entfernt wird.

„Der Anspruch besteht, wenn die Abmahnung entweder inhaltlich  unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt, und auch dann, wenn selbst bei einer zu Recht erteilten Abmahnung kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers mehr an deren Verbleib in der Personalakte besteht.“

Achtung! Und jetzt die klare Aussage (Ansage) des LAG Sachsen bzw. des BAG.

„Dieser Anspruch besteht grundsätzlich nur im bestehenden Arbeitsverhältnis. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat ein Arbeitnehmer regelmäßig keinen Anspruch mehr auf Entfernung selbst einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus der Personalakte. Ein solcher Anspruch kann nur ausnahmsweise gegeben sein, wenn objektive Anhaltspunkte dazu bestehen, eine Abmahnung könne dem Arbeitnehmer auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schaden.“

Welchen Nachteil habe ich durch Abmahnungen, die sich in der Personalakte meines ehemaligen Arbeitgebers befinden? Mir fällt spontan nichts ein. Wer eine Idee hat, möge sich melden.

 

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Warum auch? Wird sich einer fragen. Gemeint ist natürlich nicht die Stadt Hamm, sondern das ortsansässige LAG Hamm. Von dort kann durchaus was Neues kommen. Dies setzt aber voraus, dass das LAG Hamm sich ggf. mit einer Sache beschäftigen muss, die vielleicht nicht ganz so eindeutig ist und eventuell juristisch auch komplexer.

Mit Urteil vom 05.11.2013 Az. 7 Sa 1007/13 hat das LAG Hamm einen Rechtsstreit entschieden, der aus zwei „Dingen“ bestand: Eine sachgrundlose Befristung, geregelt in § 14 Abs. 2 TzBfG und einem Betriebsrat mit eben solcher Befristung. Eigentlich muss ich den Sachverhalt gar nicht mehr näher darlegen. Wir können uns den Rest denken. Das Ergebnis sei hier nur der guten Ordnung halber erwähnt.

Die Betriebsratstätigkeit ändert nichts an der Befristung. Siehe hier. Man könnte natürlich auf die Idee kommen, dass der Arbeitsvertrag nur nicht entfristet wurde, weil man in den Betriebsrat gewählt wurde. Könnte man. Das muss man aber auch beweisen. Und das ist nicht so einfach. Man könnte auch an so etwas wie den Beweis des ersten Anscheins denken. Und zwar dann, wenn andere Arbeitnehmer entfristet wurden, nur das Betriebsratsmitglied nicht. Nun, auch da bleibt die Beweislast voll und ganz beim Kläger (hier der Betriebsrat), so das LAG Hamm.

Mehr kann ich dazu eigentlich nicht sagen. Auch wenn es schade ist. Rechtlich aber blitzsauber.

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

…und darf ich sie mal berühren? Mit dieser Frage sah sich eine Auszubildende konfrontiert. Sie ahnen, was kommt. Es geht schon wieder um die Oberweite. Wir hatten so etwas an dieser Stelle schon mal. Beim letzten Mal war es ein Kfz-Meister und diesmal ist es ein Krankenpfleger, der sich offenbar am Anblick einer Auszubildenden erfreute. Ob dies verwerflich ist, darüber kann man durchaus geteilter Meinung sein. Problematisch wird die Sache aber immer dann, wenn den Gedanken Taten folgen, so wie in diesem Fall. Einen Tag nach der pikanten Frage wollte der Krankenpfleger der Echtheit auf den Grund gehen und fasste der Auszubildenden an die Brust. Der Versuch, sie auch noch zu küssen, scheiterte allerdings. Die Auszubildende konnte sich dieser Situation entziehen.

Wer jetzt aber glaubt, dies sei ein Grund zur außerordentlichen Kündigung, der irrt. Zumindest zunächst. Das Arbeitsgericht Braunschweig, ist der Auffassung, dass die Kündigung unverhältnismäßig sei und eine Abmahnung ausgereicht hätte. Das LAG Niedersachsen sah in der Frage nach der Echtheit und der anschließenden Berührung eine sexuelle Belästigung i.S.v. § 3 Abs. 4 AGG. Diese berechtige den Arbeitgeber zu einer fristlosen Kündigung ohne vorherige Abmahnung.

Näheres dazu gibt es auch im Beck-Blog.

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Unglaublich, werden sie sagen. Der Datenschutz schützt. Mit welch geradezu brandneuer Feststellung beglückt er uns heute. Doch gemach. Der Datenschutz sollte uns schützen. Ob er es immer tut, weiß ich nicht. Aber hier geht es um etwas anderes. Der Datenschutz schützt nämlich vor Kündigung. Genau genommen handelt es sich hier um einen besonderen Kündigungsschutz für Datenschutzbeauftragte. Doch wann greift dieser besondere Kündigungsschutz. Schon während der Probezeit. Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis mit einer Kündigungsfrist von zwei Wochen gekündigt werden. Eines besonderen Grundes bedarf es nicht. Skurrile  Ausnahmen gibt es immer. Einen solchen Fall können sie bei Rechtsanwalt Udo Vetter nachlesen.
Hier geht es aber um etwas anderes. Und zwar darum, ob ein Datenschutzbeauftragter bereits in der Probezeit den besonderen Kündigungsschutz des § 4 Abs. 3 S. 5 BDSG besitzt. Danach kann ein Datenschutzbeauftragter nur gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, die zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen. Das Arbeitsgericht Dortmund musste sich mit der Frage auseinandersetzen, ob ein Datenschutzbeauftragter während der Probezeit ohne das wichtige Gründe vorliegen, gekündigt werden kann. Nein, urteilte das Arbeitsgericht Dortmund. Der Datenschutzbeauftragte kann seiner Aufgabe nur gerecht werden, wenn der Arbeitgeber nicht die Möglichkeit hat, ihn daran zu hindern. Dies kann nur erreicht werden, wenn mit Aufnahme der Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter und nicht erst nach Ablauf der Probezeit der Abberufungs- und Kündigungsschutz eintritt.

„Andernfalls wäre während der Probezeit die Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten nicht gewährleistet und hätte ein Unternehmer die Möglichkeit, nur Arbeitnehmer als Datenschutzbeauftragte einzusetzen, die sich noch in der Probezeit befinden.“

Sehen sie, doch alles nicht so unglaublich.

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Es gibt so juristische „Wundermittel“. Im Zivilrecht kommen wir gerne mal mit „Treu und Glauben“ § 242 BGB um die Ecke. Bringt aber meistens nichts und wirkt eher albern. Im Arbeitsrecht (ist auch irgendwie Zivilrecht) gibt es schon bessere Sachen, die aber auch irgendwie damit zusammenhängen. So was wie den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (nicht zu verwechseln mit dem allg. Gleichbehandlungsgesetz) und natürlich die betriebliche Übung. Die betriebliche Übung passt doch irgendwie auf alles. Auch auf „unseren“ Fall? Schauen wir uns den einmal in stark verkürzter Form an. Rechtsanwalt Reuter würde jetzt sagen „grob“ (womit er nicht ganz falsch liegt), aber der bloggt nicht mehr. Schade!

Nun zum Sachverhalt. Wir haben ein Krankenhaus, welches in der Vergangenheit einen Parkplatz mit 558 Stellplätzen hatte. Diesen konnte u.a. der Kläger (freigestellter Betriebsrat) kostenlos nutzen. Und das seit 35 Jahren. Sie ahnen schon was kommt. Das Krankenhaus plante einen größeren Neubau des Klinikgebäudes. In diesem Zuge richtete die Beklagte (das Krankenhaus) 634 neue Stellplätze ein. Diese waren aber nicht mehr kostenlos, sondern die Beklagte verlangte pro Tag 0,70 EUR oder 12 EUR im Monat. Der Kläger verlangte nun von der Beklagten Erstattung der aufgewendeten Parkgebühren, welche in den Monaten Januar und Februar 2013 in Höhe von 21,70 EUR entstanden sind. Und, was wesentlich wichtiger ist, einen kostenfreien Parkplatz auf dem Parkgelände. Jetzt müssen wir uns nur noch um die Anspruchsgrundlage des Klägers  kümmern. Steht vielleicht in seinem Arbeitsvertrag, dass er Anspruch auf lebenslanges kostenloses Parken auf dem Parkplatz des Krankenhauses hat? Wohl kaum. Was bleibt also? Die betriebliche Übung.

„Unter einer betrieblichen Übung versteht man die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden.“

„Entscheidend ist dabei nicht, ob der Erklärende einen Verpflichtungswillen hatte, sondern ob der Erklärungsempfänger der Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände dahin verstehen konnte und durfte, der Arbeitgeber wolle sich zu einer über seine gesetzlichen, tarifvertraglichen und vertraglichen Pflichten hinausgehenden Leistung verpflichten.“

Und was finden wir hier? Richtig! Treu und Glauben.

Das LAG Baden-Württemberg Urteil v. 13.01.2014 Az. 1 Sa 17/13 sah im vorliegenden Sachverhalt keinen Fall einer betrieblichen Übung. U. a. führte es aus, dass eine betriebliche Übung aufgrund einer jahrelangen kostenlosen Nutzung des Parkplatzes schon deshalb nicht entstehen kann, weil dies den Arbeitgeber daran hindern würde, sein Firmengelände anderweitig zu nutzen, um etwa Büro- oder Produktionsgebäude darauf zu bauen. Dies stelle einen Eingriff in die unternehmerische Freiheit dar.

Da blieb die Trickkiste zu.

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Als Anwalt wird man schnell kreidebleich im Gesicht, wenn man die Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage verpennt. Die Frist beträgt drei Wochen nach Zugang der Kündigung. So will es das Gesetz in § 4 KSchG. Die Frage ist nur, wann eine Kündigung zugegangen ist. Ich kenne da folgende Definition von Zugang: Eine Kündigung ist dann zugegangen, wenn sie derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter gewöhnlichen Umständen Kenntnis nehmen kann. Wir müssen also im Grunde genommen nur zwei Fragen stellen: 1. Was ist der Machtbereich? und 2. Was sind gewöhnliche Umstände? Der Machtbereich ist nicht so schwierig. Zumindest in diesem Fall nicht. Wir nehmen einfach den Briefkasten. Aber was sind gewöhnliche Umstände? Und hier hilft uns das LAG Rheinland-Pfalz mit einem Urteil vom 10.10.2013 Az.: 10 Sa 175/13. Im vorliegenden Fall wurde einer Arbeitnehmerin die schriftliche Kündigung am 08.10.2012 um 11 Uhr durch Einwurf in den Briefkasten „zugestellt“. Die Arbeitnehmerin hatte ihren Briefkasten aber bereits am frühen Morgen kontrolliert und sah nun auch keine Veranlassung mehr, später nochmal in den Briefkasten zu schauen. Ein Verhalten, welches ich durchaus nachvollziehen kann. Also entgegnet sie dem Ganzen und sagt, dass sie die Kündigung erst am 09.10.2012 erhalten hat.

Anm. des Verfassers: Damit wäre ihre Kündigungsschutzklage noch innerhalb der drei-Wochen-Frist beim Arbeitsgericht eingegangen.

Das LAG Rheinland-Pfalz sieht die Sache aber anders. Dort spricht man „von gewöhnlichen Verhältnissen“, und dass bei einem Einwurf um 11.18 Uhr in den Hausbriefkasten durchaus noch davon ausgegangen werden kann, dass der Brief den Empfänger noch am gleichen Tag erreicht. Es spiele keine Rolle, dass die Klägerin (die Arbeitnehmerin) ihre Post üblicherweise am frühen Morgen kontrolliert, entscheidend sei vielmehr der Zeitpunkt, bis zu welchem das Austragen durch die Post üblicherweise abgeschlossen ist. Ok! Ergebnis: Frist verpennt.

Ich maße es mir selten oder besser gar nicht an, Urteile kritisch zu sehen. Doch in diesem Fall sei es mir mal vergönnt. Das LAG spricht im Urteil von stark variierenden Zustellzeiten bei der Post. Das mag stimmen, ist aber nicht immer so. Um diesem Problem zu begegnen ist nicht auf die individuellen Verhältnisse des Empfängers abzustellen, sondern im Interesse der Rechtssicherheit zu generalisieren. Doch wo ist hier die Grenze? Bin ich jetzt also verpflichtet mehrmals am Tag zum Briefkasten zu rennen in der „Hoffnung“, die „heiß ersehnte Kündigung“ in den Händen zu halten? Meine Post ist jeden Tag spätestens um 09.30 Uhr im Briefkasten. Wie oft muss ich den jetzt kontrollieren? Muss ich auch um 18.00 Uhr noch mal nachschauen?

Fragen über Fragen. Vielleicht hätte die Klägerin die Frist zur Klageerhebung etwas großzügiger einplanen sollen. War sie anwaltlich vertreten? War der kreidebleich im Gesicht?

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Das brauchen wir alle, wird jetzt der ein oder andere von ihnen sagen. Alternativ könnte ich auch sagen, ich verdiene zu wenig oder mein Gehalt ist zu niedrig. Es geht natürlich nicht um mich. Das dürfte allen klar sein. Vielmehr geht es um die Frage, wie ich mich als Arbeitnehmer verhalte, wenn ich der Überzeugung bin, dass ich für meine Arbeit zu wenig Lohn bekomme. Ich könnte das klaglos hinnehmen und mich in Bescheidenheit üben. Ich könnte darüber mit meinem Arbeitgeber reden. Sinnvolle Alternative. Wirklich! Ob es was nutzt? Weiterhin könnte ich einfach meine Arbeit verweigern. Denn ich bin der festen Überzeugung, dass ich an meiner Arbeitsleistung ein Zurückbehaltungsrecht habe, solange ich nicht ordentlich bezahlt werde. Und an dieser Stelle wird es kritisch. Ich riskiere nämlich eine fristlose Kündigung, wenn ich mich trotz Aufforderung durch den Arbeitgeber beharrlich weigere meine Arbeit aufzunehmen. Dies musste auch ein Fliesenleger erfahren, der sich wie zuvor beschrieben, verhielt. Das LAG Schleswig-Holstein entschied mit Urteil vom 17.10.2013 Az. 5 Sa 111/13, dass die fristlose Kündigung des Fliesenlegers wirksam ist, da dieser sich beharrlich weigerte, seine Arbeit aufzunehmen. Ihm half auch nicht, dass er in der irrigen Annahme war, ein Zurückbehaltungsrecht an seiner Arbeitsleistung zu haben. Ein entsprechendes Irrtumsrisiko, geht zu Lasten des Arbeitnehmers, so das LAG Schleswig-Holstein.
Die Frage der Entlohnung, hätte er in einem Vergütungsstreit klären müssen.

Was lernen wir daraus? Auch wenn wir der Meinung sind, wir bekommen zu wenig Kohle, heißt das noch lange nicht, dass wir unsere Arbeit verweigern dürfen.

 

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte