Kategorie: <span>Individualarbeitsrecht</span>

Urlaubsabgeltung… dachte sich ein Arbeitnehmer, nachdem er sich durch gerichtlichen Vergleich eine Abfindung in Höhe von 11.500,00 EUR „sicherte“, im Gegenzug natürlich aber wechselseitig auf alle finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, gleich ob bekannt oder unbekannt und gleich aus welchem Rechtsgrund, verzichtet wurde. Der arbeitsrechtliche Vergleichsklassiker halt. Insofern nicht wirklich von großem Interesse. Interessant mag allenfalls sein, dass der Arbeitnehmer später wohl feststellte, dass ihm noch Urlaubsabgeltungsansprüche aus den Jahren 2006 bis 2008 in Höhe von 10.656,72 EUR zustehen würden. Diese machte er dann auch gerichtlich geltend. Zunächst auch erfolgreich. Das zuständige Landesarbeitsgericht gewährte ihm Urlaubsabgeltung in Höhe von 6.543,60 EUR. Der vorerst fiktive Geldsegen währte jedoch nicht lange. Denn die von der Beklagten eingelegte Revision führte zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils mit dem Ergebnis, dass der Kläger keinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung hat. Das BAG stellte fest, dass der Arbeitnehmer (hier der Kläger) wirksam auf seine Urlaubsabgeltung verzichtet habe. Zwar kann gem § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG nicht von der Regelung des § 7 Abs. 3 BUrlG zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden. Diese Regelung verhindert jedoch nur einzelvertragliche  Abreden, die das Entstehen von Urlaubsabgeltungsansprüchen ausschließen. Im vorliegenden Fall hattte der Arbeitnehmer aber die Möglichkeit, Urlaubsabgeltung in Anspruch zu nehmen. Sieht er davon ab, steht auch Unionsrecht (Welches??) einem Verzicht des Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung nicht entgegen.

OK!?! Was lernen wir daraus?
1. Lieber öfter mal Urlaub nehmen.
2. Dieser Vergleich war wohl nicht wirklich ein Vergleich.
3. Das Problem wurde hier zwar klar definiert, aber eben nicht gelöst.
4. Ich mag Unionsrecht nicht.

Die Pressemitteilung gibt es hier.

 

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Die Interessenabwägung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Rahmen einer ordentlichen Kündigung ist nicht immer einfach zu vermitteln. Vielleicht ist dieser nicht mehr ganz taufrische Fall aber hilfreich. Vorliegend gehts es um einen alkoholabhängigen Suchttherapeuten. Wer jetzt glaubt, dass dies ein Widerspruch an sich ist, der sollte bedenken, dass es durchaus sinnvoll sein kann, wenn der Therapeut über eigene Erfahrungen verfügt. Er sollte nur eben „trocken“ sein. Bei einem „untrockenen“ (der Begriff ist unfachmännisch – ich weiß) Therapeuten könnte es dann doch gegebenenfalls mal zu merkwürdigen Begebenheiten kommen. Dies dürfte nachvollziehbar sein. Ebenso werden Mobbing-Seminare auch nicht von erfahrenen Mobbern gehalten. Geschweige denn, dass hier ausgeklügelte Mobbingstrategien erarbeitet werden. Alles Gerüchte und völliger Unsinn. Das Thema ist im Übrigen viel zu wichtig, um darüber Späße zu machen. Doch zurück zu „unserem“ Therapeuten. Dieser war als Ergotherapeut im Bereich der sog. Arbeits- und Kreativtherapie tätig. Ziel dieser Therapie ist die Entwöhnung von Suchtmitteln. Der Kläger ist selbst „Alkoholiker“, was dem Beklagten -ein Verein, der eine Fachklinik für Suchterkrankungen betreibt- bei der Einstellung auch bekannt war. Allerdings ging man davon aus, dass der Kläger „trocken“ war. Ende 2006 kam es zu mehreren Rückfällen, auf die der Beklagte mit Abmahnungen reagierte. Von März bis April 2007 unterzog sich der Kläger einer stationären Entwöhnungsbehandlung, die aber letztlich erfolglos blieb. Der Beklagte kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis. Im Gütetermin einigte man sich auf eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses und die Entfernung sämtlicher Abmahnungen aus der Personalakte. Der Kläger wurde im Mai 2009 abermals rückfällig, so dass der Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht kündigte.

Das BAG hielt die fristlose Kündigung für unwirksam, da es vorliegend an einem wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB fehlt. Tatsachen, aufgrund derer es dem Beklagten unzumutbar gewesen wäre, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen, lagen nicht vor. Anders lag der Fall aber bei der ordentlichen Kündigung. Diese hielt das BAG für gerechtfertigt, da der Kläger aufgrund seiner Alkoholsucht nicht mehr die Gewähr biete, seine Tätigkeit auf Dauer ordnungsgemäß zu erbringen. Das BAG sah hier eine Gefahr für die Patienten, wenn diese erkennen, dass ihr Therapeut alkoholisiert ist. Auch die erforderlich negative Prognose hielt das BAG für gegeben, da der Kläger bereits in der Vergangenheit mehrfach rückfällig wurde. Auch die Interessenabwägung fiel zugunsten des Beklagten, also des Arbeitgebers, aus. Diesem sind die Belastungen, die durch die Alkoholabhängigkeit des Klägers entstehen, auf Dauer nicht zuzumuten. Insbesondere besteht ein erhebliches betriebliches Interesse daran, die dem Beklagten anvertrauten Suchtkranken nicht in die Hände eines Therapeuten zu geben, bei dem die ständige Gefahr besteht, dass dieser während seiner Arbeit unter Alkoholeinfluss steht.

Nachvollziehbar…

Das Urteil gibt es hier.

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Gibt es so etwas? Kann ich als Arbeitnehmer meinem Arbeitgeber eine Abmahnung erteilen. Und wenn ja, kann ich ihn dann fristlos kündigen? Und einfach einen anderen auf seinen Platz setzen, im gleichen Betrieb? Na, das wär mal was. Nee, so ist es aber nicht. Aber so ähnlich. Das ArbG Berlin hat nämlich mit Urteil vom 04.01.2013 Az. 28 Ca 16836/12 die Auffassung vertreten, dass ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber vorher abmahnen muss, um dass Arbeitsverhältnis fristlos zu Kündigen. Wohlgemerkt, wir reden hier über die fristlose Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer. Im zu entscheidenden Fall wollte ein Finanzbuchhalter sein Arbeitsverhältnis im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber mit sofortiger Wirkung beenden. Das wollte dieser aber nicht. Denn Finanzbuchhalter sind wichtig und auf dem Arbeitsmarkt sehr gefragt. Da muss man schon ein bisschen suchen, bis man Ersatz hat. Der Arbeitgeber wollte an der vereinbarten dreimonatigen Kündigungsfrist festhalten. Der Finanzbuchhalter kündigte darufhin fristlos. Zur Begründung führte er aus, dass er in der Vergangenheit Überstunden habe leisten müssen, die die Grenzen des Arbeitszeitgesetzes überschritten haben. Ferner habe er trotz Krankheit gearbeitet (Anm. des Verfassers: Das muss aber nun wirklich nicht sein.) und Krankheitsfälle seiner Kinder, musste die Ehefrau abfangen.
Der Arbeitgeber zog nun vor das ArbG Berlin um festzustellen, dass die fristlose Eigenkündigung unwirksam ist. Dies gab dem Arbeitgeber recht. Der Arbeitnehmer (Finanzbuchhalter) hätte das vertragswidrige Verhalten des Arbeitgebers zuvor abmahnen müssen, um diesem wohl die Gelegenheit zu geben, sein Verhalten zu ändern. Für Arbeitnehmer soll letztlich nichts anderes gelten, als für Arbeitgeber. Nun denn…

Frage ist nur, wie lange die Abmahnung in der Personalakte des Arbeitgebers bleibt… 😉

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Mit dem Arbeitszeugnis ist das immer so eine Sache. Diesmal soll es aber nicht um den Inhalt gehen, sondern vielmehr darum, wie denn das Arbeitszeugnis vom Arbeitgeber zum Arbeitnehmer gelangt. Dieses auf den ersten Blick recht überschaubare Problem, ist auch auf den zweiten Blick recht überschaubar. Und selbst eine intensive Auseinandersetzung mit der Materie, führt nur zwei Lösungen zu Tage. Lösung eins: Der Arbeitgeber übersendet dem Arbeitnehmer das Zeugnis. Lösung zwei: Der Arbeitnehmer holt sich das Arbeitszeugnis beim Arbeitgeber ab. Doch was ist denn nun richtig. Schicken oder abholen. Arbeitnehmer sind natürlich häufig der Auffassung, dass man ihnen das Zeugnis gefälligst zu schicken habe. Zur Begründung wird ausgeführt, dass man a.) den „Laden“ nicht mehr betreten darf und vor allen Dingen auch nicht will und b.) die Fahrtkosten. Arbeitgeber möchten vielleicht lieber, dass das Arbeitszeugnis abgeholt wird. Zur Begründung zieht man gerne a.) die Portokosten b.) seit wann kommt der Berg zum Propheten, heran.

Lösen lässt sich diese „hochkomplizierte“ Materie durch einen Blick ins Gesetz. Dort finden wir in § 109 GeWO (hier ist der Zeugnisanspruch geregelt) zunächst nichts. In Arbeitsverträgen lässt sich hierzu meistens auch nichts finden, so dass uns § 269 BGB weiterhilft. Kurz gesagt, muss der Arbeitnehmer das Zeugnis abholen. Es handelt sich also um eine Holschuld. Das Arbeitszeugnis ist nach Ende des Arbeitsverhältnisses beim Arbeitgeber abzuholen (BAG Urteil v. 08. März 1995 5 AZR 849/93). Im vorliegenden Fall bestand das Problem darin, dass der Arbeitnehmer seinen Zeugnisanspruch gerichtlich geltend machte, ohne dass er vorher einen Abholversuch beim Arbeitgeber unternahm. Auch konnte er keine Tatsachen darlegen, aus denen sich ergab, dass ein Abholversuch erfolglos geblieben wäre. Letztlich bekam er mehr als er wollte. Nämlich das Arbeitszeugnis und die Kosten für diesen Teil des Verfahrens auferlegt.

„Wer ohne Abholversuch ein Zeugnis einklagt, hat deshalb in aller Regel die Kosten zu tragen.“

Daher erst fahren (zum Arbeitgeber) und dann ggf. klagen.

Den Beschluss gibt es wie immer hier.

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Das § 78 S. 2 BetrVG ein Benachteiligungsverbot enthält, ist wohl offensichtlich. Das diese Vorschrift aber auch einen Erfüllungsanspruch beinhalten kann, war zumindest mir (Asche auf mein Haupt) neu. So sagt zumindest das BAG in einem Urteil vom 15.01.1992. Im konkreten Fall sorgte dieser Erfüllungsanspruch dafür, dass die Beklagte (wie so oft die Arbeitgeberin) zur Abgabe einer Willenserklärung gem § 894 ZPO verurteilt wurde. Aha! Mal was anderes. Doch warum. Nun, der Sachverhalt ist eigentlich recht überschaubar. Unsere Klägerin ist freigestellte Betriebsratsvorsitzende bei der Beklagten und hat es doch tatsächlich „gewagt“, sich auf eine interne Stellenausschreibung als „Customer Servivce Manager“ (Was ist das?) zu bewerben. Problem bei der ganzen Sache war nur, dass das Vorstellungsgespräch positiv verlief und man sich das Ja-Wort geben wollte. Bedingung war aber, dass die Klägerin nicht nur ihre Freistellung, sondern auch ihr Amt als Betriebsratsvorsitzende aufgeben sollte. Dies wollte die Klägerin aber nicht, so dass die Stelle an einen externen Bewerber vergeben wurde, nachdem man der Klägerin bereits einen Arbeitsvertragsentwurf zukommen ließ.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig kein Arbeitsvertrag zustandegekommen. Das Gericht verurteilte die Beklagte aber zur Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung gem. § 894 ZPO. Die Beklagte ist nach Auffassung des Gerichts verpflichtet gewesen, das Angebot der Klägerin, die Tätigkeit zu den vereinbarten Bedingungen, anzunehmen. Das Gericht nahm an, dass die Klägerin das Angebot der Beklagten nur deshalb nicht angenommen habe, weil diese sich weigerte ihr Amt als Betriebsratsvorsitzende aufzugeben. Die Klägerin darf jedoch nicht wegen ihrer Betriebsratstätigkeit benachteiligt werden. Dies gebietet das Benachteiligungsverbot des § 78 S. 2 BetrVG. Hieraus folgt, dass die Klägerin so zu stellen ist, wie sie ohne die unzulässige Benachteiligung gestanden hätte. Vereinfacht gesagt: Job als „Costumer Service Manager“ zu den ausgehandelten Bedingungen.

Das letzte Wort ist hier aber noch nicht gesprochen. Das LAG Baden-Württemberg hat die Revision zugelassen. Diese wird derzeit unter dem Az.: 7 AZR 115/12 beim BAG geführt.

Eine Link für das Urteil gibts hier nicht.

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Soeben flattert mir die Pressemitteilung Nr. 18/13 vom BAG auf den Schreibtisch. Unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung hat der siebte Senat des BAG entschieden, dass in der Regel beschäftigte Leiharbeitnehmer bei den Schwellenwerten des § 9 BetrVG im Entleiherbetrieb mitzählen. Dies ergibt, so das BAG, eine an Sinn und Zweck der Schwellenwerte orientierte Auslegung des Gesetzes.

Die Pressemitteilung gibt es hier.

Bei den Leiharbeitnehmern tut sich was.

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Die AGB-Kontrolle ist nicht mein Ding. War sie noch nie.
Im nachfolgend skizzierten Fall hatte ein Arbeitnehmer mit den AGBs auch nicht gerade das größte Glück. Problem war aber eigentlich, dass er etwas vereinbarte, was er später wohl bereute. Und zwar eine Änderungsvereinbarung zu seinem Arbeitsvertrag. Doch der Reihe nach. Unser Arbeitnehmer war von 1989 bis 2011bei der Beklagten (die Arbeitgeberin) als gewerblicher Arbeitnehmer beschäftigt. Zuletzt erhielt er im März 2009 einen Stundenlohn von 12,28 EUR brutto. Ein Tarifvertrag existiert nicht. Die Arbeitgeberin schloss ab April 2009 mit dem Kläger (unserem Arbeitnehmer) sowie mit etlichen anderen, immer gleichlautende Änderungsvereinbarungen. Inhalt dieser Änderungsvereinbarungen war im Wesentlichen, dass die Arbeitnehmer 3 Prozent mehr Stundenlohn bekommen und sich die wöchentliche Arbeitszeit auf 40 Stunden erhöht.Problem war nur, dass von diesen 40 Stunden nur noch 35 Stunden in der Woche vergütet werden. Fünf Stunden sind also für lau. Meinte zumindest der Kläger. Erwähnenswert ist vielleicht noch, dass Überstunden, die über 40 Stunden wöchentlich hinausgehen, weiterhin regulär vergütet werden.
Es kommt, was kommen musste. Der Arbeitnehmer erhob im Dezember 2010 Klage und verlangte Zahlung von 3.482,60 EUR brutto. Er berief sich darauf, dass das Verlangen nach unbezahlter Arbeit sittenwidrig sei. Die Beklagte habe ihm signalisiert, dass sie in wirtschaftlichen Schwierigkeiten stecke und befristet Kosten sparen müsse. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht wiesen die Klage ab. Die Revision zum BAG wurde zugelassen. Auch das BAG war der Ansicht, dass die Arbeitsleistung zwischen der 36. und 40. Stunde nicht zu vergüten sei. Bei der Änderungsvereinbarung handelt es sich zwar um eine AGB (Allgemeine Geschäftsbedingung) nach § 305 Abs. 1 S. 1 BGB. Die vorliegende Klausel regelt aber nur den Umfang der von den Parteien geschuldeten Vertragsleistung und unterliegt somit keiner Inhaltskontrolle nach dem AGB. Nach Ansicht des BAG unterliegt das „Preis-/Leistungsverhältnis“ nicht der AGB-Kontrolle. Aufgabe des Gerichts ist es nicht, den „gerechten Preis“ der Arbeit zu ermitteln. Nach Ansicht des BAG liegt auch keine Sittenwidrigkeit gem. § 138 BGB vor, da es vorliegend an einem auffallenden Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung fehlt. Vorliegend ist es nämlich nicht so, dass der Kläger fünf Stunden umsonst gearbeitet hat, sondern sich lediglich sein Stundentgelt pro Monat verringert hat. Wir können es aber mal durchrechnen.
12,28 + 3% = 12,65 EUR pro Stunde x 35 Stunden pro Woche = 442,75 EUR pro Woche / 40 Stunden = 11,07 EUR pro Stunde.
Das Arbeitsentgelt des Klägers hat sich also auf 11,07 EUR pro Stunde reduziert. Das dieses Stundenentgelt weniger als zwei Drittel der tarifüblichen Vergütung beträgt, hat der Kläger nicht behauptet.  Hätte aber an den Erfolgsaussichten der Klage wahrscheinlich nicht viel geändert.
Letztlich berief sich der Kläger noch darauf, dass die Änderungsvereinbarung nicht befristet wurde und daher sittenwidrig sei. Den Vertragsparteien steht es aber grundsätzlich frei, eine verschlechtrene Änderung der Vergütung zu befristen oder unbefristet zu vergüten.

Nun denn, der Preis war halt doch nicht so heiß.

Das Urteil gibt es hier.

 

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Dienstwagen sind schon eine feine Sache. Doch die Probleme treten immer dann auf, wenn das Arbeitsverhältnis gekündigt wird und der Arbeitgeber den Wagen gerne wieder hätte. So auch im nachfolgenden Fall, wobei man schon jetzt sagen muss, dass die Klägerin eigentlich alles richtig gemacht hat. Wir wollen den Fall hier nicht in allen Einzelheiten wiedergeben. Nur so viel, dass die Arbeitnehmerin dauerhaft arbeitsunfähig krank war oder ist und die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis fristgerecht kündigte. Warum und wieso ist erstmal nicht so wichtig. Die Arbeitnehmerin besaß einen Dienstwagen, den sie auch privat nutzen konnte. Die Arbeitgeberin forderte die Arbeitnehmerin auf, alle ihr zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel und Schlüssel zurückzugeben. Daraufhin schickte die Frau eine Botin, um den Dienstwagen nebst Zubehör, zahlreiche Schlüssel sowie sonstigen Kram zu übergeben. Eine Mitarbeiterin nahm jedoch lediglich einen Schlüsselbund (nicht den Schlüssel des Dienstwagens) und einen Chip entgegen. Warum nicht den KfZ-Schlüssel entzieht sich unser aller Kenntnis. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis nun noch mal fristlos und verlangte letztmalig die KfZ-Schlüssel nebst Papieren zurückzugeben. Im anschließenden Rechtsstreit verlangte sie widerklagend Schadensersatz wegen Nichtherausgabe des Dienstwagens bzw. der KfZ-Schlüssel. Einen solchen Schadensersatzanspruch verneinte das LAG Berlin-Brandenburg. Zwar hat die Beklagte (die Arbeitgeberin) grundsätzlich einen Herausgabeanspruch gem. § 985 BGB. Dem kann aber ein Recht zum Besitz auf seiten der Klägerin (die Arbeitnehmerin) gem. § 986 BGB entgegenstehen, was vorliegend auch der Fall ist. Die Klägerin leitet ihr Recht zum Besitz aus einer konkludenten Nebenabrede zum Arbeitsvertrag ab. Inhalt dieser Nebenabrede war die Überlassung des PKW auch zur privaten Nutzung. Fraglich ist jedoch, ob dieser Anspruch noch besteht. Hierfür muss man wissen, dass es sich bei der Privatnutzung um einen geldwerten Vergütungsanspruch handelt. Der Besitzanspruch setzt also einen Vergütungsanspruch voraus. Entfällt dieser, so entfällt auch der Besitzanspruch. Im konkreten Fall endete der Vergütungsanspruch mit Ablauf der Entgeltfortzahlungspflicht, so dass die Klägerin auch keinen Anspruch auf Besitz des PKW`s hatte. Die Beklagte hatte also einen Anspruch auf Herausgabe des PKW und somit ggf. auch einen Schadensersatzanspruch, da sich die Klägerin weiterhin im Besitz des PKW befand. Die Frage ist nur, wo die Herausgabe stattfinden muss. Und hier hilft uns § 269 BGB. Danach ist Ort der Leistung (Herausgabe des PKW) der Wohnsitz des Schuldners (hier die Arbeitnehmerin, da sie ja den Wagen herausgeben muss). Auch die Natur des Arbeitsverhältnisses gebietet hier nichts anderes. Die Klägerin war während der Arbeitsunfähigkeit nicht verpflichtet im Betrieb zu erscheinen. Also verbleibt es bei der Holschuld der Beklagten. Somit besteht auch kein Anspruch auf Schadensersatz.

Das Urteil gibt es hier.

Schönes Wochenende! 🙂

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Zugang einer E-Mail?!? Ich hätte nicht gedacht, dass so etwas problematisch sein kann. Irgendwann habe ich mal gelernt, dass der Absender den Zugang beim Empfänger beweisen muss. Man möge mich korrigieren, wenn ich mich irre. Es entzieht sich nun meiner Kenntnis, warum das bei digitaler Post (E-Mail) anders sein soll. Aber ich habe ja das LAG Berlin-Brandenburg auf meiner Seite. Dann kann ja nichts mehr passieren. Doch zur Sache. Der Antragsteller (nicht der Kläger, da es erst um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe geht) hat sich beim Antragsgegner auf eine Stellenausschreibung in einem Internetportal per E-Mail beworben. Er drückt auf versenden und weg war sie. Eine Fehlermeldung erhielt er nicht. Die Stellenanzeige war zudem auch noch AGG-Kritisch, da von einem „jungen Team“ die Rede war. Soweit so gut. Was macht man nach einer Bewerbung? Man wartet. Und das häufig vergeblich. In diesem Fall war es ähnlich. Der Antragsteller erkundigte sich später erneut per E-Mail beim Unternehmen. Dieses wusste jedoch von keiner E-Mail. Die Bewerbungsmail sei nie angekommen. Was nun? Man klagt. Und weshalb klagt man? Natürlich! Verstoß gegen das AGG und somit Schadensersatz nach § 15 Abs. 2 AGG. Was denn sonst. 🙂 Der Antragsteller berief sich u. a. darauf, dass der Hinweis „deutsch Muttersprache“ eine Diskriminierung wegen der Herkunft sei. Doch darüber musste das LAG Berlin-Brandenburg nicht entscheiden. Der Antrag auf Gewährung von PKH wurde zurückgewiesen. Auf das AGG konnte sich der Bewerber nicht berufen, da er ja nicht zum Bewerberkreis gehörte. Es fehlte der Nachweis, dass seine E-Mail beim Antragsgegner angekommen ist. Der Auffassung des Antragstellers, dass es ausreiche, wenn er selbst das Absenden nachweisen könne, wollte das LAG Berlin-Brandenburg nicht so wirklich folgen. Denn eine E-Mail geht nach Auffassung des Gerichts zu, wenn sie in die Mailbox des Empfängers oder des Providers abrufbar gespeichert wird. Beweisen muss den Zugang derjenige, der sich darauf beruft. Auch für den Beweis des ersten Anscheins reicht es nicht aus, wenn der Erklärende die Absendung beweisen kann. Eine Lesebestätigung hätte dem Antragsteller hier wohl geholfen. Doch die lag nicht vor. Also alles doch irgendwie wie bei der analogen Post. Zugang bleibt Zugang. Ob nun digital oder analog.

Die digitale Technik hat uns diesmal eine weitere AGG-Auseinandersetzung erspart.

Den Beschluss gibt es hier.

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Kündigungen sind sicherlich das arbeitsrechtliche Dauerthema. Daher auch an dieser Stelle mal wieder was zur Kündigung. Diesmal aber nichts zu den Gründen, sondern zur Frage der Unverzüglichkeit i. S. d. § 91 Abs. 5 SGB IX. Anhand dieser Vorschrift erkennt man auch schon recht leicht, dass es vorliegend um die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen geht. Dieser war zudem laut Tarifvertrag ordentlich unkündbar, so dass der Arbeitgeber auf das Mittel der außerordentlichen Kündigung zurückgriff. Ich möchte den Sachverhalt hier mal sehr stark verkürzt wiedergeben, da nicht alles für die Entscheidung relevant ist. Der Arbeitgeber beantragte beim LWL-Integrationsamt Westfalen mit Datum vom 23.01.2012 die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitnehmers. Das Integrationsamt erteilte durch Bescheid vom 06.02.2012, dem Arbeitgeber am 07.02.2012 zugegangen, die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Mit Schreiben vom 10.02.2012, dem Arbeitnehmer am 14.02.2012 zugegangen, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit sofortiger Wirkung.

Und mehr brauchen wir nicht. Zwischen der Erteilung der Zustimmung und dem Zugang der Kündigung liegen sieben Tage. Die Frage lautet also, sind 7 Tage unverzüglich i. S. d. § 91 Abs. 5 SGB IX. Denn dieser verlangt, dass die Kündigung unverzüglich nach Erteilung der Zustimmung erklärt werden muss. Zu klären ist zudem noch, ob unter „Erklären“ im Sinne des Gesetzes der Zugang der Kündigung zu verstehen ist, oder nur der Ausspruch der Kündigung. Dieser Auffassung war zumindest der Arbeitgeber. Wobei das LAG dieser Auffassung nicht folgen konnte. Erklären i. S. d. § 91 Abs. 5 BetrVG bedeutet Zugang gem. § 130 BGB. Dem Arbeitnehmer wurde die Kündigung also erst am 14.02.2012 erklärt. Damit bleibt es weiterhin bei sieben Tagen. Und dies ist nach § 91 Abs. 5 SGB IX nicht mehr unverzüglich, so das LAG Hamm. Denn unverzüglich bedeutet „ohne schuldhaftes Zögern“. Aus diesem Grund ist die Kündigung auch verspätet zugegangen. Der Arbeitgeber, hier eine Körperschaft mit 1600 Beschäftigten, konnte auch keine plausiblen Gründen für die Verzögerung anbringen. Insbesondere der Argumentation, dass eine Verwaltungsorganisation dieser Größe einen geordneten Geschäftsgang nach Maßgabe einer rechtssicheren Verwaltung benötige, um „Schnellschüsse“ zu vermeiden und somit Verzögerungen entstehen, wollte das LAG nicht folgen. Auch der Ansicht, dass der Arbeitgeber hier eine gewisse Überlegungsfrist in Anspruch genommen habe, war für die Entscheidung nicht erheblich. Schließlich konnte der Arbeitgeber nicht darlegen, welche Überlegungen er denn zu welchem Thema angestellt hat. Es blieb also dabei, dass die Kündgung schon aus den o.g. Gründen unwirksam war. Das Urteil zeigt einmal mehr, dass Kündigungen aus den unterschiedlichsten Gründen unwirksam sein können. Es bedarf also in jedem Fall einer genauen Betrachtung des jeweiligen Sachverhaltes.

Das Urteil gibt es hier.

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte