Wer eine sitzende Tätigkeit am Bildschirm ausübt, kennt das: irgendwann macht der Nacken bzw. Rücken Probleme und die Augen werden schlechter – man braucht eine Brille. Das lange Sitzen scheint also nicht gesundheitsförderlich zu sein.
Zumal wir täglich den Großteil unserer Zeit auf Stühlen oder Sesseln verbringen. Wir fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Auto ins Büro, sitzen dann am Schreibtisch und nach Feierabend mit Familie bzw. Freunden zusammen oder vor dem Fernseher. Da wir im Schnitt nur 7 – 8 Stunden schlafen, verbringen wir also schnell 16 Stunden pro Tag sitzend.
Gesundheitsbewusstsein scheint wieder im Trend zu sein: Viele legen Wert auf gesunde Ernährung, tragen ein Fitnessarmband am Handgelenk oder trinken weniger Alkohol. Andererseits haben Büro- und Bildschirmarbeit, also sitzende Tätigkeiten, die der Gesundheit schaden, in den letzten Jahren zugenommen. Der Digitalverband Bitcom vermutet sogar, dass mittlerweile jeder zweite Arbeitnehmer seinen Arbeitstag sitzend am Schreibtisch verbringt.
Dazu ist unser Körperbau eigentlich nicht gemacht. Unsere Vorfahren haben gejagt, Nahrung gesammelt oder Felder bewirtschaftet, d. h. sie sind fast den ganzen Tag gelaufen. Die menschliche Spezies hat sich über einen Zeitraum von 2 Millionen Jahren entwickelt, um den heutigen Stand zu erreichen. Der sitzende Mensch existiert seit nicht einmal 300 Jahren, seit der Erfindung neuer Fortbewegungsmittel und der industriellen Revolution. Dieser Zeitraum war zu kurz, als dass sich unser Körper darauf einstellen konnte.
Sitzen wir, schaltet unser Körper in den Energiespar-Modus. Es wird kaum Fett verbrannt, der Kalorienverbrauch sinkt auf eine Kalorie pro Minute, die Beinmuskulatur wird kaum beansprucht und der Cholesterinspiegel verschlechtert sich. Eine Studie australischer Forscher hat ergeben, dass Dauersitzen das Risiko erhöht, vorzeitig zu sterben. Das hat eine Befragung von 220.000 Menschen ergeben, die u. a. zu ihrer täglichen Sitzdauer interviewt wurden. Drei Jahre später wurde erhoben, wer verstorben war. Das Ergebnis war erschreckend: Wer länger als 11 Stunden am Tag saß, hatte ein 40 % höheres Sterberisiko als jemand, der weniger als 4 Stunden täglich sitzend verbrachte.
Eine weitere Studie der Universitäten Loughborough und Leicester aus 2011 bestätigte, dass Arbeitnehmer mit Schreibtischjobs sehr viel häufiger an Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden als Berufstätige mit viel Bewegung. Auch in den 50er Jahren gab es schon die Erkenntnis, dass das Risiko für Busfahrer an Herzinfarkt zu erkranken, doppelt so hoch ist, wie das der Schaffner.
Sollten wir jetzt also alle den Job wechseln und uns eine Tätigkeit suchen, die wir im Stehen oder Laufen ausüben können? Das wird schwierig! Leider reicht es nicht aus, ins Büro zu radeln oder anschließend das Fitnessstudio zu besuchen. Das stärkt zwar die Fitness, reduziert aber nicht die negativen Folgen des Sitzens.
Was können wir tun?
Positiv auswirken würde sich sicherlich regelmäßige Bewegung am Arbeitsplatz. Das kann die Fußgymnastik unter dem Schreibtisch, der Gang zum Drucker oder auch der Besuch des Kollegen in der 3. Etage sein, anstatt ihm eine Mail zu schreiben. Fachleute empfehlen, dass auf eine halbe Stunde sitzen drei Minuten Bewegung folgen sollte.
In der Mittagspause eine Runde um den Block statt im Sozialraum zu sitzen, freiwillig die Spülmaschine ein- und ausräumen (bringt auch Pluspunkte bei den Kollegen) oder auch einige Büroabläufe umstrukturieren, wie den Drucker oder Ordnerschrank nicht in Reichweite zu platzieren – alles kleine Maßnahmen, die dazu beitragen können, den Bewegungsdrang zu befriedigen und den negativen Folgen des langen Sitzens entgegenzuwirken.
Auch Unternehmen sind gefragt umzudenken. Hippe Sitzgelegenheiten sind zwar schön, aber vom Gesundheitsaspekt her kontraproduktiv. Sinnvoll können eher simple Fußwippen sein, die sitzend unter dem Schreibtisch betätigt werden können, unsichtbar für die Kollegen. Auch Trimmräder oder Laufbänder sind empfehlenswert.
Alles ist also besser als sitzen – sowohl im Job als auch privat.
Unsere Seminartipps: Betriebliche Gesundheitsförderung in der Praxis
Schreib als Erster einen Kommentar