Fragt man Beschäftigte unterschiedlicher Unternehmen, bekommt man immer wieder zu hören, dass sich die Arbeit zunehmend verdichte. Immer neue Aufgaben kommen hinzu. Und die Aufgabenbereiche werden deutlich komplexer. Auch der Zeitdruck wächst. So hat der ein oder andere das Gefühl, sich permanent vierteilen zu müssen.
Natürlich bleibt das nicht ohne Auswirkung auf das Wohlbefinden. Gesundheitliche Beschwerden sind oftmals die Folge.
Diesem Thema widmet sich eine neue Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung: „Arbeitsintensivierung in den Betrieben“. Hierzu wurde eine Betriebsrätebefragung 2018 ausgewertet, an der 2.300 Arbeitnehmervertreter teilgenommen haben. Als Grund für die zunehmende Arbeitsverdichtung sehen die Befragten in 80 % der Betriebe eine zu dünne Personaldecke. Leider räume das BetrVG bei der Personalbemessung nur geringe Mitbestimmungsmöglichkeiten ein.
81 % der Befragten gaben an, dass das Arbeitsvolumen der Kollegen in den zwei Jahren vor der Befragung zugenommen habe. Das bringen drei Viertel von ihnen mit höheren Leistungserwartungen und mehr Multitasking in Zusammenhang. Die Aufgaben seien komplexer und vielfältiger geworden (71 %) und gleichzeitig zu bearbeitende Projekte nähmen zu (65 %). So ist es nicht verwunderlich, dass die bezahlten Überstunden gestiegen sind (62 %).
Mehr als drei Viertel der Betriebsräte sehen einen Zusammenhang mit zunehmenden gesundheitlichen Beschwerden. Von einer Verschlechterung des Betriebsklimas sprechen 68 % und mehr als die Hälfte vermutet, dass die Qualität der Arbeitsergebnisse dadurch beeinträchtigt werden.
Die steigende Belastung, die mittlerweile Alltag geworden sei, habe mehrere Gründe. Eine unzureichende Personaldecke sehen 65 % der Befragten. 60 % benennen Führungsmängel als Ursache. Schlechte Organisation und ungeplante Zusatzaufgaben seien weitere Gründe. Nicht allein der technologische Wandel bzw. gesellschaftliche Veränderungen seien schuld.
Dr. Elke Ahlers, Expertin für Arbeitsschutz, WSI, berichtet zudem von Problemen zahlreicher Unternehmen, die ausgeschriebenen Stellen zu besetzen. Vor allem Dienstleister seien häufig unattraktiv für Bewerber, was u. a. mit der Bezahlung und den Arbeitsbedingungen zusammenhänge.
Selbstverständlich steht der Einsatz gegen der Betriebsräte ganz weit oben. Fast alle Arbeitnehmervertreter in betroffenen Betrieben stünden dazu mit dem Arbeitgeber in Verhandlungen. Mit dem Ziel, Entlastungen für die Beschäftigten zu erreichen. 75 % hätten bei unverhältnismäßig langen bzw. unregelmäßigen Arbeitszeiten schon einmal eingegriffen. 45 % schlossen dazu bereits eine Betriebsvereinbarung ab. Obwohl 83 % der Betriebsräte mehr Personal beim Arbeitgeber angefordert hätten, stellten nur 44 % der Betriebe auch Mitarbeiter ein. Häufig aber nur als Leiharbeiter oder temporäre Aushilfen. Lediglich 38 % der Befragten berichten von spürbaren Personalaufstockungen.
Laut Frau Dr. Ahlers deuten diese Zahlen auf eine Schwachstelle im Betriebsverfassungsgesetz hin. Die Mitbestimmungsrechte bei der Personalausstattung seien zu gering. Hier stehe der Gesetzgeber in der Pflicht, die Mitbestimmungsmöglichkeiten der Arbeitnehmervertreter zu vergrößern. Im Sinne einer nachhaltigen und präventiven Arbeitsgestaltung und -regulierung. Die Personaldecke müsse dicht genug sein, um auch Urlaubs- und Krankheitsphasen zu überstehen.
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