Verdachtskündigung wegen einer Straftat – luschiger Vortrag vom Arbeitgeber

Verdachtskündigung BAG Urteil v. 25.10.2012 2 AZR 700/11

Eine Verdachtskündigung ist schon eine gemeine Sache. Man wird verdächtigt und dann auch flott gekündigt. So geschah es einem Lehrer. Im Jahr 2003 wurde er wegen sexueller Handlungen an Minderjährigen rechtskräftig zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen verurteilt. Dafür wurde er vom Land als Arbeitgeber abgemahnt.
Im August 2008 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Lehrer wegen Vornahme sexueller Handlungen an einer Person unter 14 Jahren. Daraufhin suspendierte ihn das Land vom Dienst und bot dem Lehrer Gelegenheit zur Stellungnahme. Dieser berief sich auf die Unglaubwürdigkeit der einzigen Belastungszeugin, so dass mit der Eröffnung des Hauptverfahren nicht gerechnet werden könne. Nach Anhörung des Personalrats kündigte das Land das mit dem Lehrer bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos. Das Vertrauensverhältnis sei durch die vorgeworfenen Straftaten zerstört, so das beklagte Land. Nicht überraschend erhob der Lehrer Kündigungsschutzklage. Die Sache ging bis zum BAG. Nach ständiger Rechtsprechung des BAG kann auch der Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB bilden. Eine Verdachtskündigung kann gerechtfertigt sein, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhaltes unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. So sprach und spricht das Bundesarbeitsgericht. Aber eigentlich geht es in diesem Fall um etwas ganz anderes. Nämlich darum, wie substantiiert die Beklagte, hier also das Land, die zur Kündigung führenden Gründe vortragen muss. Ich hätte mir also die obigen, quälend langen Ausführungen sparen können. Denn das beklagte Land vertrat im Wesentlichen die Auffassung, dass es sich auf die strafrechtliche Wertung der Staatsanwaltschaft verlassen dürfe, da diese von einem hinreichenden Tatverdacht i.S.d. § 170 StPO ausgehe und somit zugleich auch ein ausreichend erhärteter Verdacht gegeben sei, der eine außerordentliche Kündigung gem. § 626 Abs. 1 BGB rechtfertige. Kurz gesagt, verlässt sich das beklagte Land hier auf die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Das mag durchaus Sinn machen, ist dem BAG aber nicht genug. Dem BAG zufolge muss der kündigende Arbeitgeber Tatsachen darlegen, die unmittelbar den Schluss zulassen, der Arbeitnehmer sei eines bestimmten, die Kündigung rechtfertigenden Verhaltens dringend verdächtig.
Es genügt also nicht, lediglich vorzutragen das auch die Strafverfolgungsbehörden von einem Tatverdacht ausgehen. Und um es jetzt doch mal kurz und verständlich zu machen. Wichtig ist, substantiiert vorzutragen. Oder, und jetzt wird es noch verständlicher. Trag nicht luschig vor, sonst wird`s nichts. Was lernen wir aus diesem Fall? Nicht viel. Aber zumindest so viel, dass es sich immer lohnt, gegen eine Verdachtskündigung vorzugehen. Fragt euren Anwalt.

Das Urteil gibt es hier.

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