Ungesunde Geschlechterrollen: diskrimierend und teuer!

Was glauben Sie, wie es um die Geschlechtergerechtigkeit in Deutschland bestellt ist? Erleben Sie in unserer Gesellschaft oder auch am Arbeitsplatz Sexismus oder andere Diskriminierungen? Oder gehören Sie zu denjenigen die behaupten, mittlerweile sei in Deutschland so viel passiert in puncto Geschlechtergerechtigkeit und man müsse die „armen Männer“ endlich mal in Ruhe lassen?

Die Zahlen sprechen allerdings eine andere Sprache. In den Vorständen der DAX-Unternehmen trifft man zu 85 % auf Männer. Unbezahlte Sorgearbeit für die Familie, Haushalt und pflegebedürftige Angehörige wird hauptsächlich von Frauen geleistet. Männern wird in unserer Gesellschaft also nach wie vor die Lohnarbeit zugewiesen. Auch in der Politik, wo festgelegt werden, sind die Männer in deutlicher Mehrzahl. Unbestritten ist, dass sich in den letzten Jahren in puncto Gleichstellung einiges bewegt hat, aber nach wie vor ist noch vieles zu tun.

Wie viel Handlungsbedarf noch besteht wird deutlich, wenn man abgesehen von menschlichem Leid, was durch Rollenklischees entstehen kann, auch die Kostenseite betrachtet. „Ungesundes“ männliches Verhalten verursacht jährlich erhebliche Kosten. Sie merken wahrscheinlich bereits, es ist eine Frau, die diesen Artikel schreibt.

Leider sind es hauptsächlich Männer, die z. B. durch Raserei die meisten Verkehrsunfälle verursachen, die Süchte dominieren, sich für häusliche Gewalt zu verantworten haben oder Wirtschaftsstraftaten begehen. Von ungesunder Ernährung ganz zu schweigen. All das belastet die Gesellschaft und verursacht direkte oder indirekte Kosten – die zu allem Überfluss völlig unnötig sind und meist auch (vermutlich genau aus dem Grund) nicht öffentlich gemacht werden.

Beispiele für unnötige Kosten im Gesundheitswesen sind z. B.: verletzte Menschen durch Autounfälle oder Frauen, die aufgrund von Partnerschaftsgewalt ärztlich behandelt werden müssen.

Was also läuft in unserer Gesellschaft falsch, dass solche Fehlentwicklungen und Rollenklischees toleriert werden?

Warum stoßen wir von Geburt an auf Geschlechterstereotype, die Jungen und Mädchen ab dem Kindesalter ein Leben lang prägen? Bereits in der Familie, Kita und Schule, sozialen Medien und später im Beruf werden wir damit konfrontiert.

Schon früh lernen Jungen, sich gegenüber anderen Jungen dominant durchzusetzen. Sobald sie Schwäche oder Gefühle zeigen, werden sie als „Weichei“ abgetan. Das führt bei vielen dazu, dass Gefühle unterdrückt werden. Wichtige Emotionen wie Angst, Traurigkeit oder Unsicherheit werden nicht mehr zugelassen. Schlimmstenfalls führt das zu ungesundem männlichen Verhalten – mit Folgen wie oben beschrieben.

Was also tun?

Damit ein Bewusstsein für notwendige Maßnahmen geschaffen wird, muss transparent, umfassend und leicht zugänglich über Zahlen, Daten und Kosten, resultierend aus der Geschlechterschieflage informiert werden. Nur dann wird ersichtlich, wie hoch der angerichtete Schaden ist und ein Bewusstsein wird geschaffen, dass an dieser Stelle staatliches Intervenieren möglicherweise nötig ist.

Derzeit ist es leider noch so, dass Statistiken und Studien zu teuren belastenden Rollenstereotypen in unterschiedlichen digitalen und analogen Quellen zu finden sind – nicht an einem zentralen Ort. Oftmals sind diese nur schwer verständlich und schwer zugänglich. Idealerweise sollte es eine zentrale, digitale Plattform geben, auf der man alle wichtigen Informationen und auch die zeitlichen Entwicklungen dazu findet.

Wie Geschlechterklischees abbauen?

Geschlechterspezifische Rollen haben sich in unserer Gesellschaft über viele Jahrzehnte aufgebaut. Mädchen/Frauen und Jungen/Männern werden bestimmte Eigenschaften und Verhaltensweisen zugeordnet – ungesunde Rollenstereotype. Sicherlich wird es auch viele Jahrzehnte brauchen, diese wieder zu dekonstruieren.

Unterschiedliche Geschlechterrollen haben ihren Ursprung bereits in der frühkindlichen Entwicklung. Jedem Kind sollte idealerweise eine Entwicklung frei von gesellschaftlichem Druck ermöglicht werden. Dazu müssen die Eltern sensibilisiert und über externe Hilfen

(z. B. Jugendämter) über die Wirkung von Stereotypen informiert werden. Auch in den Kitas und Schulen sollten sich Kinder frei entwickeln dürfen – ohne Klischees, was z. B. typische Mädchen- bzw. Jungenspiele sind. D. h. warum sollten Jungen nicht mit Puppen und Mädchen nicht mit Autos spielen? Das erfordert ein Umdenken auch in den Köpfen des Fachpersonals im Erziehungswesen. Durch Schulungen oder Workshops kann daran gearbeitet werden, sich kritisch mit ungesunden Rollenbildern und ihren Folgen auseinanderzusetzen. Es muss eine frühzeitige Sensibilisierung für stereotypisiertes Verhalten erfolgen.

Da mittlerweile überall Kosten eingespart werden müssen, muss auch die Politik tätig werden. Sie sollte in Maßnahmen investieren, damit die immensen volkswirtschaftlichen Kosten, die durch ungesunde Stereotype entstehen, zukünftig reduziert bzw. vermieden werden. Und natürlich auch, um dem individuellen Leid, was dadurch anderen Personen zugefügt wird, gegenzusteuern.

Was bedeutet das für Unternehmen?

Ungesunde Geschlechterklischees belasten das Betriebsklima und begünstigen Diskriminierungen sowie Sexismus. Dem wollen und müssen Sie als Arbeitnehmervertreter entgegenwirken.

Zum Gleichstellungsatlas des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Unser Seminartipp:    Symposium Betriebsrätinnen und Frauen in Unternehmen

 

 

 

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