Nach wie vor ist es leider Gang und Gäbe, dass Arbeitgeber die Bildung eines Betriebsrats verhindern wollen. Potenzielle Kandidaten werden bedroht und unter Druck gesetzt. Die Liste an Unternehmen, in denen sich die Betriebsratswahl schwierig gestaltet, ist lang. Und das nach 100 Jahren Betriebsverfassungsgesetz. Traurig!
Dabei ist die Behinderung der BR-Wahl strafbar. Aber das scheint viele nicht abzuschrecken. Laut einer Befragung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichem Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, machen Arbeitgeber gegen jede sechste Betriebsratsgründung mobil. Was sie im Vorfeld wohl nicht bedacht haben: Sie schneiden sich damit ins eigene Fleisch. Denn betriebliche Mitbestimmung schadet nicht – im Gegenteil, das Unternehmen profitiert davon.
Warum wird der Betriebsrat behindert?
Die Argumente gegen den Betriebsrat sind immer die gleichen. Die unternehmerische Freiheit werde massiv eingeschränkt und das Vertrauen zwischen Arbeitgeber und -nehmer untergraben. Prozesse würden verlangsamt und letztendlich führen flache Hierarchien dazu, dass sich ein Betriebsrat erübrige. Schließlich verursache er nur Kosten. Alternativ werden von der Unternehmensleitung stattdessen Mitarbeitergremien vorgeschlagen. Diese haben aber keine rechtlichen Befugnisse und können somit einen Betriebsrat nicht ersetzen.
Diesen Arbeitgebern scheine jedes Mittel recht zu sein. Die Bestellung des Wahlvorstands werde verhindert und es werde massiver Druck auf die Initiatoren der Wahl ausgeübt. Auch das Androhen von Kündigungen sei keine Seltenheit. In mittleren Unternehmen sei dieses Verhalten besonders häufig anzutreffen. In Betrieben von 51-100 Beschäftigten hätten nur 32 % eine Arbeitnehmervertretung, bei 5-50 Beschäftigten nur 5 %. Wohingegen 87 % der größeren Betriebe mit mehr als 500 Mitarbeitern einen Betriebsrat vorweisen können.
Schwarze Schafe und die Konsequenzen
Negative Schlagzeilen macht die Nahrungs- und Genussmittelindustrie und das Gastgewerbe (NGG). 52 % der Befragten berichten von Behinderung der Betriebsratswahlen. Aber auch in anderen Branchen ist das durchaus verbreitet. Setze die Führungsetage die Initiatoren unter Druck, komme es in einem Drittel der Fälle gar nicht erst zu BR-Wahlen.
Das Betriebsverfassungsgesetz ist hier aber sehr eindeutig. Es ist sowohl strafbar, die Einrichtung des Betriebsrats zu verhindern als auch die Arbeitnehmervertreter bei ihrer Arbeit zu behindern. Arbeitgeber müssen in dem Fall mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr bzw. einer Geldstrafe rechnen.
Vorteile für das Unternehmen
Betriebsräte haben zahlreiche Mitbestimmungsrechte. Sie werden u. a. beteiligt bei Einstellungen, Datenschutz, Einführung neuer Technik, Gestaltung von Arbeitsplätzen und -abläufen. Viele Unternehmen erkennen jedoch nicht, dass sich die Mitbestimmung nicht nachteilig auswirkt, sondern sie im Gegenteil davon profitieren.
Betriebsräte haben einen engen Kontakt zu den Kollegen. Dadurch erfahren sie oft frühzeitig von Problemen, Missständen oder Fehlentwicklungen im Unternehmen und können gemeinsam mit der Führungsebene gegensteuern.
Mitbestimmte Unternehmen sind für potenzielle Mitarbeiter attraktiver, da die Arbeitsbedingungen in der Regel besser sind. In Zeiten des Fachkräftemangels ein nicht zu unterschätzender Vorteil, der den Betrieb wettbewerbsfähig und dadurch deutlich profitabler macht.
Es wird Zeit, dass Arbeitgeber das schätzen lernen.
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