In der Pandemiezeit waren sie erstmalig möglich: Krankschreibungen per Telefon. Mittlerweile ist geregelt, dass telefonische AU’s bei Erkrankungen mit absehbar nicht schwerem Verlauf nach telefonischer Anamnese erfolgen können. Dadurch können Ansteckungen reduziert und Bürokratie vermieden werden.
Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hat geschätzt, dass im Jahr 2021 der Produktionsausfall durch krankgeschriebene Beschäftigte die Unternehmen rund 153 Milliarden Euro gekostet hat. Auffällig bei den jährlich variierenden krankheitsbedingten Fehltagen sei, dass es eine deutliche Korrelation mit der Konjunktur gebe.
Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU)
Grundsätzlich haben Arbeitgeber das Recht, bereits ab dem 1. Tag der Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Bescheinigung zu verlangen. Tatsächlich wird es in den Unternehmen aber sehr unterschiedlich geregelt. Üblich ist die Variante, ab dem 3. Krankheitstag eine AU vorlegen zu müssen. Diese Regelung führt dazu, dass wir in Deutschland mit ca. 15-20 Arztbesuchen pro Person das weltweite Ranking anführen. Denn in vielen Ländern ist man deutlich großzügiger mit dem Verlangen einer AU. Z.B. in Schweden können Beschäftigte in der Regel eine Woche ohne Vorlage eines ärztlichen Attestes fehlen.
Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Zum 01.01.2023 wurde sie eingeführt. Sie erfolgt über eine Schnittstelle zwischen Krankenkassen und Arbeitgeber.
Für die betroffenen Erkrankten hat sie den Vorteil, dass seit dieser Digitalisierung der ausstellende Facharzt anonymisiert wird. Was deutlich mehr Datenschutz garantiert.
Telefonische Krankschreibung
Was zu Coronazeiten möglich war, wurde Anfang Dezember erneut beschlossen: die telefonische Krankschreibung und eine mögliche Verlängerung dieser.
Im § 92 Abs.4a SGB V ist gesetzlich geregelt, dass die Krankschreibung bei leichten Erkrankungen (ohne schwere Symptomatik) telefonisch erfolgen kann. Dieser gesetzgeberischen Vorlage hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) am 07.12.23 entsprochen und beschlossen, die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie mit Wirkung ab demselben Tag zu ändern.
Um die telefonische Krankschreibung nutzen zu können, müssen die Patientinnen und Patienten in der jeweiligen Arztpraxis bekannt sein. Unbekannte kranke Menschen müssen nach wie vor persönlich in der Praxis vorstellig werden.
Bei der erstmaligen telefonischen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit darf das Attest nicht über fünf Kalendertage hinausgehen. Für eine Folgebescheinigung muss der/die Patient*in allerdings die Arztpraxis aufsuchen. Sollte die Erstbescheinigung bei einem Arztbesuch ausgestellt worden sein, sind Feststellungen einer fortbestehenden AU auch per Telefon möglich.
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung per Videosprechstunde
Der G-BA hat die Möglichkeit geschaffen, Versicherte telemedizinisch krankzuschreiben. Das betrifft allerdings nur die Erstkrankschreibung. Dem dortigen Arzt bzw. der Ärztin unbekannte Versicherte können sich bis zu drei Kalendertage attestieren lassen, persönlich bekannte bis zu sieben Kalendertage. Voraussetzung in allen Fällen ist, dass es sich um eine Diagnose handelt für die keine körperlichen Untersuchungen notwendig sind, z. B. Erkältungen, Magen-Darm-Infekte oder auch Depressionen.
Eine scheinbar sehr zuverlässige Variante der Krankschreibung, die in der Praxis allerdings erst wenig genutzt wird.
Krankschreibung per Online-Fragebogen
Sich per Online-Fragebogen über das Internet krankschreiben zu lassen ist nur begrenzt legal und mit Vorsicht zu genießen. Bei dieser Dienstleistung, die nicht von den Krankenkassen übernommen wird, müssen Beschäftigte finanziell in Vorleistung gehen. Verschiedene Anbieter bieten dies für knapp 10 € an. Dabei werden in der Regel nur Arbeitsunfähigkeiten von bis zu 3 Tagen bescheinigt (z. B. Migräne, Rückenbeschwerden, Erkältungen).
Da das Arbeitsgericht Berlin im Sommer 2021 entschieden hat, dass eine Online-Krankschreibung ohne persönlichen oder telefonischen Arztkontakt die Voraussetzungen für eine AU nicht erfüllt, ist davon abzuraten. Der/die Arbeitnehmende würde in dem Fall den Anspruch auf Entgeltfortzahlung verlieren.
Der Hausarzt als Mittel der Wahl
Die Krankschreibung durch den Hausarzt ist nach wie vor der bevorzugte Weg. Vermutlich wird jedoch der Ärztemangel im ländlichen Raum sowie die fortschreitende digitale Affinität der Menschen dazu führen, dass die Krankschreibungen per Videosprechstunde deutlich zunehmen werden.
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