Kategorie: <span>Recht für Betriebsräte</span>

Facebook ist schon eine feine Sache. Ich kann schreiben was ich will und keiner sagt was. Diese Einstellung wurde einem „jungen“ Mann jetzt zum Verhängnis. Der Auszubildende aus Bochum bezeichnete seinen Arbeitgeber als Menschenschinder und Ausbeuter. Weiter schrieb er, dass er „dämliche Scheiße für Mindestlohn minus 20 Prozent erledigen“ müsse.
Die Richter des LAG Hamm stuften die Äußerungen als Beleidigung ein. Ergebnis: Fristlose Kündigung gerechtfertigt
Aufgepasst! In der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht Bochum obsiegte der junge Mann noch. Auch hier werteten die Richter die Äußerungen des Azubis als beleidigend. Sein gesamtes Facebook-Profil ließe jedoch auf eine unreife Persönlichkeit und mangelnde Ernsthaftigkeit schließen. Oh oh!!
Dies sahen die Hammer Richter deutlich anders. Nach ihrer Auffassung durfte der junge Mann nicht annehmen, dass seine Äußerungen keine Auswirkungen haben würden.
Ach ja!! Der junge Mann war 27.
Anmerkung des Verfassers: Unter welches Tatbestandsmerkmal der fristlosen Kündigung hat das Arbeitsgericht Bochum denn „mangelnde Ernsthaftigkeit und unreife Persönlichkeit“ subsumiert. Wer es weiß, bitte melden!

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Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Mit den Befristungen ist das so eine Sache. Der Arbeitgeber liebt sie, der Arbeitnehmer weniger. Es ist nicht immer einfach mit der ständigen Frage zu leben, ob der Arbeitsvertrag denn nun irgendwann mal entfristet wird. Dies dachte sich auch eine Erzieherin als sie ihre 10. Befristung, teils mit und teils ohne Sachgrund bei der Beklagten erhielt. Die letzte Befristung erfolgte nach § 14 Abs. 1 Nr. 3 TzBfG zur Vertretung einer schon länger erkrankten Mitarbeiterin.
Die Erzieherin erhob dahingehende Klage, dass das letzte Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristungsabrede endete, sondern auf unbetsimmte Zeit fortbestehe. Zur Begründung führte sie aus, dass der Beklagten hätte klar sein müssen, dass die erkrankte Mitarbeiterin aufgrund der bereits lange andauernden Erkrankung ihren Dienst nicht wieder aufnehmen werde. Zudem habe sich die Beklagte nicht hinreichend über die weitere Dauer der Erkrankung erkundigt.
Warum diese Argumentation. Nun, § 14 Abs. 1 Nr. 3 TzBfG verlangt für eine Befristung den sachlichen Grund der Vertretung. Wenn aber niemand mehr da ist, den man vertreten kann, so kann der sachliche Grund auch nicht hierauf gestützt werden und eine Befristung mit Sachgrund, ohne einen tatsächlichen Sachgrund zu haben (vorgeschobener Sachgrund) führt zu einer unwirksamen Befristung und somit zu einem unbefristeten Vertrag. Soweit kam es hier aber nicht.
Der Arbeitgeber dürfe auch dann von der Rückkehr seiner Stammkraft ausgehen, wenn diese schon seit langer Zeit arbeitsunfähig erkrankt ist. Etwas anderes gelte nur, wenn diese erklärt hat, dass sie die Arbeit nicht wieder aufnehmen werde.
Die Beklagte sei zudem nicht verpflichtet gewesen, vor dem Abschluss des Vertrags mit der Klägerin ein Gespräch mit der Stammkraft über ihre gesundheitliche Entwicklung zu führen. Auch bestand keine Verpflichtung, dieser krankheitsbedingt zu kündigen, um eine unbefristete Stelle zu schaffen. Dass dies rechtlich möglich gewesen wäre, sei unerheblich.
So sprach das LAG Rheinland-Pfalz.
Und was heißt das alles vereinfacht gesagt? Nun, solange die erkrankte Kollegin oder der erkrankte Kollege nicht ernsthaft seinen Willen bekundet, nicht mehr zu erscheinen, ist der Sachgrund „zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers“ gegeben.

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Betriebsversammlungen können anstrengend sein. Besonders dann, wenn sie wie hier in einem sieben stündigen Marathon ausarten. Dies wusste auch der Betriebsratsvorsitzende, als er die 55 köpfige Belegschaft zur Betriebsversammlung einlud. Auch war ihm wohl klar, dass alle Anwesenden diese Veranstaltung ohne entsprechende Verpflegung nicht gänzlich unbeschadet überstehen würden. Also beantragte er beim Arbeitgeber die Verpflegungskosten in Höhe von € 30,- zu übernehmen. Doch welch Überrraschung, der Arbeitgeber lehnte ab. Frei nach dem alten Poesiealbumspruch „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut“ verauslagte der Betriebsratsvorsitzende kurzerhand € 39,71 und verpflegte seine Jünger mit Getränken und Backwaren. Zu meinem Erstaunen aber nicht mit den allseits beliebten und von mir stets verschmähten Mettbrötchen mit Zwiebeln. Dazu sei angemerkt, dass es sich beim Arbeitgeber um eine Verkaufsfiliale eines Textilunternehmes handelt und da machen sich halt nach Zwiebeln riechende Mitarbeiter nicht gut. Soweit so gut. Der Betriebsrat beantragte erstinstanzlich beim Arbeitsgericht Nürnberg den Arbeitgeber zu verpflichten, einen angemessenen Kostenzuschuss in Höhe von mindestens € 40 für die Bewirtung von Teilnehmern auf Betriebsversammlungen zu gewähren, hilfsweise dem Betriebsratsvorsitzenden den Betrag von € 39,71 zu erstatten. Der Antrag blieb erfolglos. Ebenso die Beschwerde beim LAG Nürnberg. Das LAG führt dazu aus, dass der Betriebsrat keinen Anspruch aus § 40 Abs. 1 BetrVG auf Erstattung der verauslagten Kosten hat. Nach § 40 Abs. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber die durch die Betriebsratstätigkeit entstehenden Kosten zu tragen. Diese Pflicht steht aber unter dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Daher hat der Betriebsrat die durch seine Tätigkeit entstehenden Kosten auf das notwendige Maß zu beschränken. Zu den Aufgaben des Betriebsrats gehört nicht, die Teilnehmer einer Betriebsversammlung zu bewirten. Der Betriebsrat hätte den Erschöpfungszuständen der Teilnehmer des Versammlungsmarathons durch ausreichende Pausen vorbeugen können. In diesen Pausen hätten die Teilnehmer sich auch mit Getränken und Speisen (z. B. Mettbrötchen Anm. des Autors) selbst verpflegen können. Die Einnahme von Getränken oder Speisen während einer Unterbrechung seiner Arbeitszeit, zählt für jeden Mitarbeiter zu seiner persönlichen Lebensführung. Dies gilt auch für Betriebsversammlungen.
Darum merke: Edel, hilfreich und gut zahlt sich nicht immer aus.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Betriebliche Übung! Klar, kennen wir alle. Der Chef zahlt dreimal ohne Widerruf ein Weihnachtsgeld und schon können auch in den nächsten Jahren die Weihnachtsgeschenke turmgleich unter dem Weihnachtsbaum liegen. Schon nicht schlecht. Aber es geht noch besser. Schon mal an eine Versorgung nach beamtenähnlichen Grundsätzen im Wege einer betrieblichen Übung gedacht? Nicht? Dann wird`s Zeit! Damit auch im Alter die Geschenke turmhoch bleiben, bot die Bayerische Landesbank seit 1972 nahezu allen Mitarbeitern die eine Dienstzeit von 20 Jahren  im Kreditgewerbe und mindestens 10 davon bei der Bayerischen Landesbank zurückgelegt haben, Versorgungsrechte an. Bedingung waren zudem noch einige weitere Voraussetzungen, wie z. B. eine gute Beurteilung und eine ordentliche gesundheitliche Verfassung, damit nicht eine vorzeitige Zurruhesetzung zu „befürchten“ war.
Anfang des Jahres 2009 beschloss die Landesbank, die Vereinbarung von Versorgungsrechten einzustellen. Dem Kläger, der die Voraussetzungen am 01. Januar 2010 erfüllte, wurde ein solcher Versorgungsvertrag nicht mehr angeboten. Die Klage auf Abgabe eines solchen Versorgungsvertrages hatte Erfolg. Aufgrund der seit 1972 geübten Praxis ist das BAG von einer betrieblichen Übung ausgegangen, so dass der Kläger einen Anspruch auf Abgabe eines entsprechenden Vertragsangebotes durch die Landesbank hatte.
Turmhoch…

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Betriebsratsmitglieder haben Anspruch auf Schulung. Dies ist nichts Neues und ergibt sich aus § 37 Abs. 6 BetrVG. Grundlagenschulungen im Arbeitsrecht und dem Betriebsverfassungsrecht sind in der Regel unproblematisch, so dass der Betriebsrat hier die besondere Erforderlichkeit nicht darlegen muss. Etwas anders sieht es dagegen bei Spezialseminaren aus. Hier muss der Betriebsrat regelmäßig  schauen, ob aktuell ein betriebsbezogener Anlass vorliegt, der den Besuch der speziellen Schulung notwendig macht. Beachte: Der Anlass muss betriebsbezogen sein, nicht betriebsratsbezogen.
Um eine solche Problematik ging es auch in dem vom BAG zu entscheidenden Fall. Der neunköpfige Betriebsrat eines Möbel- und Einrichtungshauses beschloss, dass mehrere ihrer Mitglieder ein Seminar zur „Aktuellen Rechtsprechung am Bundesarbeitsgericht“ besuchen sollten. Dieses Seminar beinhaltet u. a. auch einen Besuch der Sitzung eines Senats des Bundesarbeitsgerichts. Um diesen Fall zu verstehen, muss man jedoch wissen , dass der Seminarveranstalter erst 8 Wochen vor Beginn der Sitzung, also auch des Seminars weiß, welche Fälle mit welchem Inhalt verhandelt werden. Die Seminarteilnehmer müssen sich in der Regel schon sehr früh zu diesem Seminar anmelden, da die Plätze beim BAG begrenzt sind. Und genau hier ist das Problem. Das BAG hat in seiner Entscheidung ausgeführt, dass Kenntnisse der aktuellen Rechtsprechung des BAG nicht zum Grundwissen der einzelnen Betriebsratsmitglieder im Arbeitsrecht, im Betriebsverfassungsrecht oder im Bereich der Arbeitssicherheit oder Unfallverhütung gehören, deren Erforderlichkeit der Betriebsrat nicht näher darlegen muss. Das hier streitgegenständliche Seminar ist vielmehr ein Spezialseminar, dessen Notwendigkeit für die Betriebsratsarbeit der Betriebsrat darlegen muss. Werden in der Sitzung Fälle verhandelt, die aktuelle betriebsbezogene Probleme betreffen, so dürfte die Notwendigkeit kein Problem sein. Doch dies kann der Betriebsrat im Vorfeld ja nicht wissen. Im vorliegenden Fall war dies aber nicht so, so dass der Betriebsrat mit seinen Anträgen erfolglos blieb.
Das BAG hat aber auch gesagt, dass der Besuch eines solchen Seminars durchaus erforderlich sein kann und zwar dann, wenn in der Schulung nicht nur über aktuelle Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts informiert wird, sondern den Teilnehmern auch betriebsverfassungsrechtliche und für den konkreten Betriebsrat bedeutsame individualrechtliche Rechtsentwicklungen und Tendenzen anhand ausgewählter Entscheidungen erläutert und für die praktische Betriebsratsarbeit nutzbar gemacht werden sollen.
Der Besuch einer solchen Schulung kann erforderlich sein, wenn der Betriebsrat auf die Kenntnisse angewiesen ist, um seine Aufgaben für die Belegschaft und den Betrieb sachgerecht wahrnehmen zu können.
Letztlich handelt es sich hier um eine Einzelfallentscheidung, die keineswegs dahingehend zu verstehen ist, dass auf derartige Schulungen generell kein Anspruch nach § 37 Abs. 6 BetrVG besteht.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Diese Entscheidung ist schon ein wenig älter. Aber aus mehr oder weniger aktuellem Anlass (Frage während eines Seminars) möchte ich hier die Gelegenheit aufgreifen, mich anhand des genannten Urteils ein wenig zum Thema Anwesenheitsprämie auszulassen.
Anwesenheitsprämien sind grundsätzlich zulässig. Dazu jedoch unter Rubrik Recht von A bis Z mehr.
Anwesenheitsprämien haben generell etwas „muffiges“ an sich. Sie sollen letzlich diejenigen unter den Arbeitnehmern mit einer Sonderzahlung belohnen, die selten krank sind oder sich trotz Krankheit zur Arbeit schleppen. Nunmehr hatte sich das LAG Hamm mit der Frage auseinanderzusetzen, ob Anwesenheitsprämien bereits bei einem einzigen Krankheitstag gestrichen werden können. Im vorliegenden Fall versprach der Arbeitnehmer auf einer Betriebsversammlung allen Mitarbeitern eine Prämie von € 1000. Voraussetzung war jedoch, dass im Folgejahr kein Krankheitstag anfiel. Das LAG Hamm war der Auffassung, dass diese Art der Anwesenheitspränie gegen § 4a Entgeltfortzahlungsgesetz verstoße und daher unwirksam sei. Denn nach § 4a EntgeltfortzahlungsG dürfen Sonderzahlungen im Krankheitsfalle zwar gekürzt werden, aber für jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit maximal nur um ein Viertel des Arbeitsentgeltes, das im Jahresdurchschnitt auf einen Arbeitstag entfällt. Die Individualvereinbarung (hier: ich zahle gar nichts, wenn du nur einen Tag krank bis) war also wesentlich schlechter, als die gesetzliche Regelung. Nun könnte man aber auf die Idee kommen, dass Angebot des Arbeitgebers so weit zu reduzieren, dass zumindest die gesetzliche Regelung gilt. Hier hat das LAG Hamm aber einen Riegel vorgeschoben. Die Richter waren der Auffassung, dass das auf der Betriebsversammlung gemachte Angebot eine Gesamtzusage ( mehr unter dem Stichwort „Gesamtzusage“) ist und diese dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegt (dazu mehr unter dem Stichwort „Allgemeine Geschäftsbedingungen“) und somit der strengen Prüfung für Formularverträge unterworfen ist. Die Gesamtzusage des Arbeitgebers verstößt gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, weil die gesetzliche Regelung des § 4a EntgeltfortzahlungsG eine wesentlich geringere Kürzung vorsieht. Die Klausel wird also komplett gestrichen und eben nicht auf das nach § 4a EntgeltfortzahlunsG erlaubte reduziert. Hintergrund ist, dass derjenige, der dem anderen die Vertragsbedingungen vorgibt und dabei deutlich „überzieht“ nicht lediglich auf das rechtliche Maß zurückfallen kann und somit kein Risiko hat, sondern mit dem kompletten Wegfall der Klausel bestraft wird.
Im vorliegenden Fall erhielt die klagende Mitarbeiterin die volle Prämie von € 1000. Trotz 24 Tagen Arbeitsunfähigkeit.

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Blog für Betriebsräte

Warum dieser Blog? Im Laufe meiner wechselnden juristischen Tätigkeiten musste ich immer wieder feststellen, dass viele gerichtliche Entscheidungen häufig nur schwer zu verstehen sind und beim Leser nicht selten zu Missverständnissen führen. Mit diesem Blog möchte ich aktuelle oder auch ältere Entscheidungen in verständlicher Form präsentieren und diese gegebenenfalls auch kommentieren. Gleiches gilt für eine Vielzahl von Rechtsbegriffen, deren Erläuterung hier ebenfalls nach und nach erscheinen.
Dieser Blog wird sich in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten immer wieder verändern und mit Inhalten füllen. Ich bin bemüht erste Inhalte so schnell wie möglich zu veröffentlichen und hoffe auf eine interessierte Leserschaft unter den Betriebsräten.
Eine Rechtsberatung findet ausdrücklich nicht statt.

Recht für Betriebsräte