Nicht alles ist AGG… Urteil des Hessischen LAG vom 16.01.2012 AZ. 7 Sa 615/11

… insbesondere nicht, wenn sich Anwälte darauf berufen. Doch der Reihe nach.
Der Kläger, ein Rechtsanwalt geboren 1973, legte 1999 die erste juristische Staatsprüfung ab und 2001 die zweite juristische Staatsprüfung. Alles also schon eine Weile her. Seit August 2002 war er überwiegend als selbstständiger Rechtsanwalt tätig. Im Jahr 2009 bewarb er sich bei der Beklagten, einer Versicherungsgesellschaft, als Trainee (Anm. des Autors: Ich kann mir vorstellen warum.). Die Bewerbung war erfolglos. Der Anwalt erhielt eine Absage. Daraufhin verlangte er von der Beklagten € 14.000,- als Schadensersatz und legte der Beklagten nahe, sehr rasch über seine Zukunft in ihrem Unternehmen zu sprechen. Die Beklagte zahlte nicht und über die Zukunft im Unternehmen wurde -ach welche große Überraschung- auch nicht gesprochen. Bleibt also nur noch die Frage, warum der Anwalt hier so forsch auftrat. Welches vermeintliche Ass glaubte er im Ärmel zu haben. Nun, die Antwort ist ganz einfach. Das AGG (Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz). Danach können einem abgelehnten Bewerber Schadensersatzansprüche in Höhe von bis zu drei brutto Montsgehältern zustehen, wenn die Ablehnung auf einem der in § 1 AGG genannten Gründe beruht. Der Kläger (der Anwalt) berief sich hier auf eine Diskriminierung wegen Alters und Geschlechts. Wegen Alters deswegen, weil die Beklagte in der Stellenausschreibung einen Studienabschluss forderte, der nicht länger als ein Jahr zurückliegt und zu „allem Übel“ auch noch ausschließlich Frauen eingestellt hat.
Die Stellenanzeige sei deshalb altersdiskriminierend, weil die Altersgruppe derer, deren Hochschulabschluss schon länger zurückliegt und die regelmäßig über 30 Jahre alt sind, benachteiligt werden. Dies sahen auch die Gerichte so und stellten durchaus eine mittelbare Altersdiskriminierung fest, die aber durch ein rechtmäßiges Ziel gerechtfertigt sei. Traineeprogramme zeichnen sich eben dadurch aus, dass insbesondere Bewerber gesucht werden, die erst vor kurzem ihren Abschluss gemacht haben oder kurz davor stehen. Die Bewerber sollen hier innerhalb eines Jahres verschiedene Stationen im Unternehmen durchlaufen um die spezifischen Anforderungen zu kennen zu lernen. Wichtig ist hierbei eine gewisse Unvoreingenommenheit, die man nur dann haben kann, wenn man noch nicht mehrere Jahre Berufserfahrung hinter sich hat. So dass Hesssiche LAG.
Der Anwalt scheiterte also an seiner Berufserfahrung. Meistens ist es ja andersrum. Man scheitert, weil man keine Erfahrung hat. Nun gut. Widmen wir uns den Frauen. Auch hier konnte der Kläger nicht punkten. Allein die Tatsache, dass die Beklagte nur Frauen eingestellt hat, besagt gar nichts und lässt keine Rückschlüsse auf ein diskriminierendes Verhalten zu. Anmerkung des Autors: Vielleicht waren die Frauen einfach besser. Soll ja vorkommen.
Darum merke: Nicht überall wo AGG drauf steht, ist auch AGG drin.

Mehr zum AGG hier.

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