Kategorie: <span>Recht für Betriebsräte</span>

Was soll das denn sein? Eine faktische Probezeit, so fragen wir uns. Dazu müssen wir erstmal klären, was überhaupt mit dem Begriff faktisch gemeint ist. Faktisch meint so viel wie in Wirklichkeit, tatsächlich oder wirklich. Wir haben es also mit einer wirklichen Probezeit zu tun. Ob es auch unwirkliche Probezeiten gibt, vermag ich nicht zu sagen. Aber eher nicht. Doch worum geht es. Es geht um einen Arbeitnehmer (klar, was sonst) und um eine Arbeitgeberin (auch klar). Unser Arbeitnehmer war bei unserer Arbeitgeberin beschäftigt bzw. tätig. Zunächst als Leiharbeitnehmer für sechs Monate und anschließend mit Anstellungsvertrag für weitere knapp sechs Monate. Das „knapp“ ist wichtig. Der Arbeitsvertrag mit der Arbeitgeberin enthielt eine Probezeit von sechs Monaten. Mit Schreiben vom 29.05.2012 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit mit der vertraglich vereinbarten Frist von einem Monat. Der Betriebsrat wurde zuvor angehört, widersprach aber der Kündigung. Ach ja, ich vergaß. Im Januar 2012 erteilte man dem Kläger noch ein gutes Zwischenzeugnis, also erst kurz nachdem er die Beschäftigung bei der Arbeitgeberin aufnahm. Eher ungewöhnlich. Aber nun gut. Wo liegt jetzt das Problem? Nun, das Problem liegt darin, dass gegen Kündigungen innerhalb der Probezeit wenig bis gar nichts auszurichten ist und das Kündigungsschutzgesetz erst Anwendung findet, wenn das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate in demselben Betrieb bestanden hat, § 1 KSchG. Doch unser Arbeitnehmer war ja schon zuvor als Leiharbeitnehmer einige Monate im Betrieb tätig. Rechnet man diese Zeiten zusammen, so wäre die Probezeit längst vorbei und das Kündigungsschutzgesetz fände Anwendung. Die Zeit als Leiharbeitnehmer wäre also die faktische Probezeit gewesen. Das Arbeitsgericht Braunschweig konnte dieser Auffassung aber nicht folgen, ebensowenig das Landesarbeitsgericht Niedersachsen Az. 12 Sa 50/13 v. 05.04.2013. Das LAG Niedersachsen führt aus, dass die Beschäftigungszeiten als Leiharbeitnehmer zwar im Hinblick auf die Wählbarkeit nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BetrVG anzuwenden sind, dies aber nicht für § 1 Abs. 1 Satz 1 KSchG gilt. Das KSchG spricht vom vertragsrechtlichen Begriff des Arbeitsverhältnisses, während das Betriebsverfassungsrecht in § 8 Abs. 1 Satz 1 davon ausgeht, ob jemand schon sechs Monate dem Betrieb angehört, also eher auf die tatsächliche Eingliederung im Betrieb abstellt. Demgegenüber hatte unser Arbeitnehmer zunächst nur einen Vertrag mit dem Verleiher und dann mit dem Entleiher. Es handelt sich also um zwei verschiedene Verträge und somit um zwei aufeinanderfolgende Arbeitsverhätlnisse mit zwei verschiedenen Arbeitgebern, so das LAG Niedersachsen. Nun denn…

„Schön“ ist auch diese Begründung:

„Dagegen verändert sich bei der Neubegründung eines festen Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher nach Ablauf eines vorgeschalteten Leiharbeitsverhältnisses die Perspektive. Aus der vorherigen Zusammenarbeit kennt der Entleiher den Arbeitnehmer nur aus der „Kundenperspektive“. Bestimmte Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis (z. B. die Anzeige- und Nachweispflichten nach § 5 EntgeltfortzahlungsG) musste der Leiharbeitnehmer primär gegenüber seinem Vertragsarbeitgeber, d.h. bisher gegenüber dem Arbeitnehmerüberlassungsunternehmen, erbringen.“

…und jetzt natürlich gegenüber seinem neuen Arbeitgeber. Den „gelben Schein“ also nicht mehr zum Verleiher, sondern jetzt zum Entleiher. Das ist wirklich eine ganz andere Sache. Erstaunlich… sagte das Grüffeltier. Ist doch eher unwirklich. Oder?

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

…und eine Berührung derselben reichten einem KfZ-Mechaniker zur fristlosen Kündigung. Das Ganze spielte sich im Waschraum mit einer externen Reinigungskraft ab, wobei der Kläger (hier der KfZ-Mechaniker) unverzüglich den Waschraum verließ, nachdem ihm von der Reinigungskraft deutlich gemacht wurde, dass sie dies nicht wünsche. Soweit das Tatgeschehen. Dem Kläger war die ganze Sache scheinbar auch sehr peinlich. Er nahm an einem Täter-Opfer-Ausgleich teil und zahlte der Reinigungskraft ein Schmerzensgeld von 100 EUR und entschuldigte sich. Ein Strafverfahren wurde nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Für die Reinigungskraft war die Sache damit erledigt. Und nun? Machen wir es kurz. Das Arbeitsgericht Wuppertal hielt die fristlose Kündigung für wirksam, das LAG Düsseldorf 7 Sa 1878/12 v. 12.06.2013 nicht. Zwar betont das LAG ausdrücklich, dass der streitgegenständliche Vorfall grundsätzlich geeignet ist, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen.

„Ob die sexuelle Belästigung im Einzelfall zur außerordentlichen Kündigung berechtigt, ist allerdings abhängig von den Umständen des Einzelfalls, unter anderem von ihrem Umfang und ihrer Intensität (vgl. BAG, Urteil vom 25.03.2004, 2 AZR 341/03, m.w.N., zitiert nach juris).“ 

Es gilt also der Grundsatz: Je heftiger, desto… Interessant. Vorliegend hat der Kläger aber sofort von der Reinigungskraft abgelassen, an einem Täter-Opfer-Ausgleich teilgenommen und sich entschuldigt. Zudem handelte es sich um einen einmaligen Vorfall. Die Reinigungskraft fühlte sich vom Kläger auch nicht weiter bedrängt und setzte ihre Arbeit fort. Eine scharfe Abmahnung hätte wohl gereicht, so das LAG. Keine Wiederholungsgefahr! Die Kündigung war demnach unwirksam.

Wir wollen uns den Fall jetzt aber nicht umgekehrt vorstellen… 🙂

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Und damit meine ich nicht die Gerichtskosten, und schon gar nicht Anwaltskosten. Die sind wohl verdient und haben im ein oder anderen Fall durchaus den Charakter eines Schmerzensgeldes. Nein, ich meine was anderes. Und zwar den fehlenden Lohn auf Seiten des Gekündigten. Warum? Nun, die Frage ist leicht zu beantworten. Die Erhebung der Kündigungsschutzklage hindert nicht den Lauf der Kündigungsfrist. Das Arbeitsverhältnis ist zunächst irgendwann einmal beendet. Und ab dann wird es „teuer“. Wobei teuer nicht unbedingt das richtige Wort ist. Knapp, trifft es viel eher. Denn wer nicht ordentlich was auf der hohen Kante hat, muss ab sofort mit 60 bzw. 67 Prozent seines bisherigen Nettos auskommen. Gezahlt von der Agentur für Arbeit. Das kann hart werden. Hiergegen hilft § 102 Abs. 5 BetrVG, wenn der Betriebsrat ordnungsgemäß widersprochen hat. Dann nämlich bleibt das Arbeitsverhältnis und somit auch die Pflicht zur Bezahlung während des gesamten Prozesses bestehen, sofern der Arbeitnehmer dies verlangt. Was er in der Regel auch tun wird. Ansonsten ist ihm nicht mehr zu helfen…
Arbeitgeber dagegen mögen diese Vorschrift nicht so sehr. Verständlich. Denn die kann teuer werden. Und das will man nicht. Gegen aussichtslose Klagen und offensichtlich unbegründete Widersprüche ist der Arbeitgeber geschützt. Nr. 1 und 3 helfen da weiter. Geschützt ist der Arbeitgeber auch, wenn die Weiterbeschäftigung zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung führen würde. Doch was ist eigentlich eine unzumutbare wirtschaftliche Belastung. Nach Auffassung des LAG Düsseldorf Az. 4 SaGa 6/13 v. 24.04.2013, ist diese im Falle einer Betriebsstillegung gegeben, wenn hierfür neben den reinen Entgeltkosten eigens mit hohem Aufwand eine betriebliche Infrastruktur aufrechterhalten werden müsste. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer nicht geltend machen, der Arbeitgeber bräuchte -ohne ihn tatsächlich zu beschäftigen- lediglich das Entgelt zu zahlen. Vorliegend geht es um Weiterbeschäftigung und nicht um die bloße wirtschaftliche Besserstellung des Arbeitnehmers, so das LAG Düsseldorf.

Das Urteil gibt es hier und zwar umsonst. 🙂

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

…nennt man auch all inclusive. Nein wirklich, so schön das auch alles ist, so wenig wird hier doch der Geist gefordert. Nachdem ich diesen Zustand des Ich-muss-mir-über-gar-nichts-mehr-Gedanken-machen-außer-ob-ich-an-den-Pool-oder-ans-Meer-gehe hinter mir habe, fällt es mir doch ein wenig schwer, mich wieder mit dem Arbeitsrecht zu befassen. Aber Urlaub dient ja auch der Erholung. Deshalb spricht das Gesetz in § 1 BundesurlaubsG auch von Erholungsurlaub. Ok. Ich habe mich erholt. Meinen Verstand habe ich komplett ausgeschaltet und lediglich auf 1=Pool und 0=Meer geschaltet. Es gibt auch die Variante beim Abendessen und die lautet 1=Bier 0=Wein. Ist aber auch nicht wesentlich komplizierter. Wenn sie sich jetzt fragen, was das alles mit Arbeitsrecht zu tun hat, so lautet die eindeutige Antwort: Nichts! Aber auch rein gar nichts. Ich versuche lediglich mich wieder warm zu schreiben und das Binärsystem aus Einsen und Nullen zu verlassen. Manchmal habe ich mich aber auch im Urlaub mit dem Arbeitsrecht beschäftigt. Und zwar immer dann, wenn ich mir die Frage gestellt habe, zu welchen Gehältern die Angestellten im Hotel arbeiten (Anm.: Wir befinden uns nicht in Deutschland. Nur um das klar zu stellen.). 1=wenig Gehalt 0=sehr wenig Gehalt. Erfahren werde ich es nicht mehr. Und ab sofort gibt es an dieser Stelle wieder Arbeitsrecht. Der „Erholungsurlaub“ ist vorbei.

 

Kuriositäten Recht für Betriebsräte

So eine Ausschlussfrist kann schon tückisch sein. Da ist das Arbeitsverhältnis bereits seit einiger Zeit beendet und man muss dann mit mittlerem Entsetzen feststellen, dass einem doch noch der ein oder andere Anspruch eingefallen ist, den man seinem Ex-Arbeitgeber „reinwürgen“ kann. Und genau aus diesem Grund gibt es ja eben die Ausschlussfrist. Manchmal findet sie sich im Tarifvertrag, häufig aber im Arbeitsvertrag. Meistens etwas weiter unten. Dort wo wir nicht so schnell hinschauen oder in der Regel nicht mehr lesen. Was ein Fehler sein kann, aber nicht muss. Entscheidend ist, welchen Anspruch man geltend machen will. Im vorliegenden Fall ging es um einen Schadensersatzanspruch wegen Mobbing. Der zwischen den Parteien geschlossene Arbeitsvertrag enthielt eine Ausschlussfrist, wonach alle Ansprüche, die mit dem Arbeitsvertrag in Verbindung stehen verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden. Die Frage ist nun, ob eine solche Ausschlussfrist auch für Schmerzensgeldansprüche wegen Mobbings gilt. Die „bösen“ Vorinstanzen haben dies bejaht. Nicht so das Bundesarbeitsgericht. Danach können die Parteien des Arbeitsvertrages, anders als bei einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist,

„weder die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtern (§ 202 Abs. 1 BGB) noch die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner im Voraus erlassen (§ 276 Abs. 3 BGB).“

„Zudem haftet der Arbeitgeber bei Arbeitsunfällen und Berufsunfähigkeit ausschließlich bei Vorsatz, § 104 Abs. 1 SGB VII. Bei dieser klaren Gesetzeslage ist ohne besondere Anzeichen regelmäßig davon auszugehen, dass die Parteien des Arbeitsvertrages mit der Ausschlussklausel nicht auch Fragen der Vorsatzhaftung regeln wollten.“

Für den konkreten fall bedeutet dies, dass die Schmerzensgeldansprüche wegen Mobbings nicht der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist unterliegen und somit durchsetzbar sind.

Drum sei ein Wort der Warnung angebracht…

Die Pressemitteilung Nr. 42/13 zum Urteil vom 20. Juni 2013 Az. 8 AZR 280/12 gibt es hier.

 

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Irgendwie liegt was in der Luft. Ich weiß nicht genau was, und ich kann mich auch täuschen. Aber wenn was in der Luft liegt, dann sorgt es dafür, dass die Luft dünner wird. Doch für wen? Vielleicht für die Arbeitgeber. Diese werden es nicht gerne hören. Aber ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Rechtsprechung im Moment nicht gerade viel für das Thema Leiharbeit übrig hat. Wir haben Entscheidungen zum Thema Leiharbeit und Größe des Betriebsrats und zur Frage, ob Leiharbeitnehmer auf Dauerarbeitsplätze eingesetzt werden dürfen. Beides Urteile, über die Arbeitgeber nicht zwingend glücklich sind. Und nun kommt auch noch das LAG Hamm und macht aus einem Werk- oder Dienstvertrag, zunächst einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag und aus diesem ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher. Wie konnte es dazu kommen. Was im ersten Moment nach juristischem Hexenwerk aussieht, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als schlichte Bewertung eines Sachverhaltes. Hintergrund dieses Urteils vom 24.07.2013 Az. 3 Sa 1749/12 ist eine Rahmenvereinbarung über Dienstleistungstätigkeiten im Reinigungsbereich zwischen einem Reinigungsunternehmen und der Bertelsmann Tochter Arvato Systems.

 

„Der Kläger wurde von der Reinigungsfirma im Bereich Facility-Management der Beklagten, worüber keine schriftliche Vereinbarung getroffen wurde, schwerpunktmäßig mit den Tätigkeiten Wareneingang, Poststelle sowie Hausmeistertätigkeiten eingesetzt. „

„Dem Kläger war ein Arbeitsplatz in einem Büro zur Verfügung gestellt, welches vollständig mit Betriebsmitteln der Beklagten ausgestattet war, z. B. Computer mit Anschluss an das betriebsinterne Netzwerk. Für Botendienste nutzte der Kläger auch Fahrzeuge der Beklagten, obwohl die Reinigungsfirma am Standort eigene Fahrzeuge vorhielt. Von der Beklagten erhielt der Kläger auch Sicherheitsschuhe und eine Windjacke, welche auch anderen Mitarbeitern der Beklagten im Facility-Management überlassen wurde.“

 

Der Kläger konnte darlegen, dass er in die betriebliche Organisation bei der Firma Arvato Systems eingegliedert war und deren Weisungen unterlag. Das LAG Hamm ging deshalb vom unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung aus. Unerlaubt war die Arbeitnehmerüberlassung deshalb, weil die Reinigungsfirma hierfür keine Genehmigung gem. § 1 AÜG hatte. Damit war der Überlassungsvertrag nach § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam mit der Folge, dass gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG ein Vertrag zwischen Verleiher (die Reinigungsfirma) und Entleiher (Arvato Systems) zustande gekommen ist. So kann es kommen.

Aber Achtung! Es handelt sich hier um eine Einzelfallentscheidung, wie Prof. Dr. Stoffels im beck-blog anmerkt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Schönes Wochenende!

 

 

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

So sah es zumindest das Arbeitsgericht Bielefeld Az. 1 BV 31/12 und die Arbeitgeberin. Anders der Betriebsrat und das LAG Hamm in einer Entscheidung vom 24.05.2013 Az. 13 TaBV 16/13. Und sie ahnen es schon. Der Betriebsrat hat Recht bekommen. Doch worum ging es. Es ging um ein Verfahren nach § 101 BetrVG und um die Frage, ob eine Versetzung vorliegt. Dazu sollte man wissen, dass der Betriebsrat gem. § 99 BetrVG bei einer Versetzung ein Mitbestimmungsrecht hat, sofern es sich denn tatsächlich um eine Versetzung handelt. Die Versetzung ist in § 95 Abs. 3 BetrVG legaldefiniert.

Als Legaldefinition bezeichnet man die Definition eines Rechtsbegriffs in einem Gesetz. Dabei legt der Gesetzgeber in einer bestimmten Rechtsvorschrift selbst durch Definition im Gesetzestext fest, wie ein unbestimmter Rechtsbegriff zu verstehen ist.

Danach ist eine Versetzung die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die entweder die Dauer von einem Monat voraussichtlich überschreitet oder mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit geleistet werden muss. Diese Legaldefinition macht uns jetzt aber auch nicht wirklich schlauer, denn jetzt müsste man wissen, was mit einer erheblichen Änderung der Umstände… gemeint ist. Und das ist, sie ahnen es erneut, doch eher eine Betrachtung des Einzelfalls. Im vorliegenden Fall wurde der Arbeitnehmer aus dem Bereich „Werkstattjahr“ (Geschäftsfeld Berufsorientierung) in den Bereich BAE – „Berufsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen“ (Geschäftsfeld Ausbildung) versetzt. Frage ist also, ob diese Versetzung (im unjuristischen Sinne) mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit geleistet werden muss. Entscheidend war im vorliegenden Fall, dass der Sozialpädagoge im Werkstattbereich wegen der erhöhten Betreuungsintensität und der damit verbundenen wesentlich größeren Verantwortung für 15 noch eine Perspektive suchende Jugendliche zuständig war, während er nach der Versetzung 24 Jugendliche zu betreuen hatte. Hier aber nur eine begleitende Unterstützungsfunktion übernahm. Aus Sicht eines mit den betrieblichen Verhältnissen vertrauten Beobachters stellt sich dieser Wechsel als Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes im Sinne des § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG dar.

Doch lesen sie selbst. Den Link zum Urteil finden sie oben.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Mit den Überstunden ist das so eine Sache. Als Arbeitnehmer möchte ich für meine Überstunden natürlich einen Ausgleich bekommen. Entweder Freizeitausgleich oder Geld. Wobei der Vergütungsanspruch grundsätzlich vorrangig ist. Aber nicht jeder braucht Geld. Der ein oder andere hat auch gerne mal ein paar Tage frei. Ist das Arbeitsverhältnis aber bereits beendet, macht ein Freizeitausgleich keinen Sinn. Wichtig, nicht vergessen. 😉 Bietet uns der Arbeitgeber nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses großzügig Freizeitausgleich für die geleisteten Überstunden an, sollten wir dieses Angebot höflich aber deutlich ablehnen. Dürfte in der Praxis natürlich nicht vorkommen, weil es Quatsch ist. Was anderes gilt selbstverständlich, wenn ich für die geleisteten Überstunden vergütet werden möchte. Habe ich aber nicht mehr auf dem „Schirm“, an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten ich über die übliche Arbeitszeit hinaus auf Anweisung des Arbeitgebers gearbeitet habe, habe ich ein Problem. Das will das Arbeitsgericht nämlich wissen. Doch was, wenn ich nicht mehr weiß, wann ich meine zusätzliche Arbeit geleistet habe und obendrein auch keinen Schimmer habe, was ich dafür an Vergütung verlangen könnte. Könnte ich diese Informationen von meinem Arbeitgeber verlangen? Könnte schon! Der wäre aber nicht gut beraten, wenn er diese Informationen rausgibt. Könnte ich an diese Informationen im Wege einer Stufenklage gem. § 254 ZPO gelangen? D. h. ich beantrage erst die Abrechnung der Überstunden (1. Stufe) und beantrage dann die Zahlung (2. Stufe) des sich aus der Abrechnung ergebenden Nettobetrages. Läuft nicht, sagt das LAG Köln in einer Entscheidung vom 03.06.2013 Az. 1 Ta 92/13.

„Ein Arbeitnehmer muss seine Ansprüche konkret beziffern und kann diese Darlegungspflicht nicht auf den Arbeitgeber verlagern (BAG v. 12.07.2006 – 5 AZR 646/05).“

Dann doch den nachträglichen Freizeitausgleich? 😉 Besser man dokumentiert seine Überstunden sehr genau. Das hilft schon mal weiter.

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

…schallt es über das Werksgelände. So geschehen im Zuständigkeitsbereich des Arbeitsgerichts Koblenz. Ich kenne diesen Ruf und er erinnert mich an einen Ferienjob nach dem Abitur. Was ich an dieser Stelle aber nicht möchte, ist meine Nebenjobs während des Studiums aufzählen. Wer sich dafür (nicht für meine) interessiert, findet bei Carsten R. Hoenig mehr dazu. Hier geht es um einen Betriebsrat, und zwar um einen „besonderen“ Betriebsrat. Den freigestellten Betriebsrat. Das sind die, bei denen sich die Arbeitgeber immer fragen, was die den ganzen Tag machen. Ich wiederhole nochmal: die Arbeitgeber, um hier keine Missverständnisse aufkommen zu lassen. Der freigestellte Betriebsrat ist in § 38 BetrVG und in § 37 Abs. 2 BetrVG, dort aber nicht ausdrücklich, geregelt. § 38 Abs. 1 BetrVG können wir entnehmen, dass bei Betrieben mit in der Regel 200 bis 500 Arbeitnehmern ein Betriebsratsmitglied von seiner beruflichen Tätigkeit freizustellen ist. Doch was passiert, wenn die Anzahl der regelmäßig Beschäftigten im Betrieb unter den Schwellenwert von 200 sinkt. Muss der freigestellte Betriebsrat dann wieder an die „Arbeit“? Oder kann er sich darauf berufen, dass zum Zeitpunkt des Beschlusses (bzgl. der Freistellung) die Mitarbeiterzahl noch bei min. 200 lag? Machen wir es kurz und schmerzlos. Kann er nicht, so das LAG Rheinland-Pfalz in seiner Entscheidung vom 14.05.2013 Az. 6 SaGa 2/13. Um Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu vermeiden sorgt § 38 Abs.1 BetrVG dafür, dass die Erforderlichkeit eines freigestellten Betriebsrats vermutet wird, und zwar gestaffelt nach der Arbeitnehmerzahl. Sinkt diese unter den Schwellenwert von 200, ist die Erforderlichkeit u. U. nicht mehr gegeben, so dass die Zahl der freigestellten Betriebsräte angepasst werden muss. Die Zahl der Freistellungen kann sich also im Laufe einer Amtsperiode in beide Richtungen ändern. Im zu entscheidenden Fall sank die Anzahl der Arbeitnehmer auf unter 200 und blieb dort auch konstant. Demnach hätte der freigestellte Betriebsrat wieder zurück auf seinen Arbeitsplatz gemusst. Aber es gibt noch § 37 Abs. 2 BetrVG.

Für Betriebe, deren Belegschaftsstärke in der Regel 200 Arbeitnehmer nicht überschreitet, kann in Ausnahmefällen nach dem Grundtatbestand des § 37 Abs. 2 BetrVG die völlige oder teilweise Freistellung eines Betriebsratsmitgliedes geboten sein, wenn diese Freistellung zur ordnungsgemäßen Durchführung der Betriebsratsaufgaben erforderlich ist.“,

 so das BAG in einer Entscheidung aus dem Jahr 1991.

„Voraussetzung für die zusätzliche Freistellung eines weiteren Betriebsratsmitglieds ist die Darlegung, dass nach Art und Umfang des Betriebes die zusätzliche Freistellung zur ordnungsgemäßen Durchführung der dem Betriebsrat obliegenden Aufgaben erforderlich ist…“

Die Hürde ist hoch. In den meisten Fällen dürfte die Hürde sogar zu hoch sein. So auch im vorliegenden Fall, mit dem Ergebnis, dass der freigestellte Betriebsrat wieder an seinen alten Arbeitsplatz zurück musste.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte