Die neue EU-Lohntransparenzrichtlinie

Die neue EU-LohntransparenzrichtlinieEnde April 2023 wurde die EU-Richtlinie zur Lohntransparenz verabschiedet. Ein erster wichtiger Schritt zur Beseitigung der geschlechtsspezifischen Lohndiskriminierungen. Denn Daten zeigen, dass die Transparenz der Gehälter das geschlechtsspezifische Lohngefälle reduziert.

Jetzt sind die nationalen Parlamente gefordert, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. 36 Monate haben sie dafür Zeit. Es bleibt abzuwarten, wie beschäftigtenfreundlich die variablen Bestandteile der Richtlinie ausgelegt werden.

Was bedeutet die Richtlinie für Unternehmen
  • Mit mehr als 250 Beschäftigten
    Das geschlechtsspezifische Lohngefälle muss jährlich offengelegt werden
  • Mit mehr als 100 Beschäftigten
    Das geschlechtsspezifische Lohngefälle muss alle drei Jahre offengelegt werden
  • Unter 100 Beschäftigten
    Die Meldung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles ist freiwillig

Den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten steht es jedoch frei, die Regelungen für die Beschäftigen günstiger zu gestalten, als es in der Richtlinie festgelegt wurde.

Sobald das Gehaltsgefälle in einem Unternehmen mehr als 5 % beträgt, muss dies vom Unternehmen durch objektive, geschlechtsneutrale Ursachen begründet sein und nachgewiesen werden. Ist dies nicht der Fall, müssen zusammen mit dem Betriebsrat Maßnahmen erarbeitet und umgesetzt werden, um den Gender-Pay-Gap zu beseitigen und zukünftig zu verhindern. Geschieht dies nicht, drohen dem Betrieb Sanktionen.

Davon profitieren Beschäftigte

Bewerber*innen haben das Recht, die Gehaltsspanne der ausgeschriebenen Position zu erfahren. Und Opfer von Lohndiskriminierung haben u. U. die Möglichkeit, Entschädigungen einzufordern. Dies ist ggf. möglich, wenn die Diskriminierung aus unterschiedlichen Gründen erfolgt – z. B. wegen des Geschlechts, auch wegen der Herkunft oder des sozialen Umfelds.

Das Unternehmen darf im Bewerbungsprozess nicht mehr beim vorherigen Arbeitgeber erfragen, welches Gehalt der/die Beschäftigte dort bezogen hat.

Frauen in Führungspositionen

Die EU-Richtlinie beinhaltet keine feste Quote zu einem Rechtsanspruch von Frauen auf Management Positionen. D. h. Frauen können durch die Offenlegung des Gender-Pay-Gaps lediglich ihre Verhandlungsposition bei der Bewerbung um eine gehobene Führungsposition stärken. Leider lag 2022 in Deutschland der unbereinigte Gender-Pay-Gap bei 17,6 %. Weit über dem europäischen Durchschnitt, der nur 12,7 % betrug.

Umsetzung der Richtlinie

Obwohl die Unternehmen noch 36 Monate Zeit haben, sollten sie mit der Vorbereitung zur Umsetzung der Richtlinie bereits jetzt starten. Auf der einen Seite müssen die Dokumentation und Meldung der Gehaltsdaten geplant und andererseits die tatsächliche Lohngerechtigkeit umgesetzt werden. Dazu muss der aktuelle Gehalts-Status quo zunächst ermittelt und bis zum Ablaufen der Frist ggf. korrigiert werden. Möglicherweise erfordert dies auch das Zurückgreifen auf Rücklagen.

Geschlechterspezifische Lohngerechtigkeit sollte also spätestens jetzt ganz oben auf der To-do-Liste der Arbeitgeber stehen. Neben der Wertschätzung aller Mitarbeitenden, egal welchen Geschlechts und in welcher Position, ist sie entscheidend für die Attraktivität als Arbeitgeber und die Wettbewerbsfähigkeit.

Und Sie als Betriebsrat haben bei der betrieblichen Lohngestaltung ein echtes Mitbestimmungsrecht. Der Arbeitgeber muss Sie bei der Aufstellung und Änderung von Bezahlungsgrundsätzen aktiv einschalten, um eine gemeinsame Regelung zu erzielen.

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2 Comments

  1. Katrin said:

    Vielen Dank für diesen aufschlussreichen Artikel zur neuen EU-Lohntransparenzrichtlinie. Dieser wichtige Schritt zur Beseitigung der geschlechtsspezifischen Lohndiskriminierung ist bemerkenswert. Während die Umsetzung auf nationaler Ebene eine Herausforderung darstellt, gibt es doch Hoffnung, dass diese Richtlinie letztlich eine fairere und gerechtere Arbeitswelt schafft. Interessanterweise scheint das Arbeitsrecht eine entscheidende Rolle in diesem Prozess zu spielen, insbesondere bei der Begründung von Lohnunterschieden von mehr als 5%. Dies könnte den Arbeitnehmern eine stärkere Verhandlungsposition geben, insbesondere bei potenziellen Fällen von Lohndiskriminierung. Die Implementierung der Richtlinie dürfte auch Auswirkungen auf das Bewerbungsverfahren haben, indem sie mehr Transparenz über die Gehaltsspanne der ausgeschriebenen Positionen bietet. Es ist jedoch fraglich, wie Unternehmen effektiv die Gehaltsdaten dokumentieren und melden werden. Haben Sie vielleicht einen Tipp, wie Unternehmen diesen Prozess am besten angehen könnten, ohne ihre internen Ressourcen zu stark zu belasten? Zum Schluss möchte ich erwähnen, dass die Sensibilisierung für die eigenen Rechte als Arbeitnehmer sowie die Unterstützung durch eine Fachperson im Bereich Arbeitsrecht – wie beispielsweise einer Anwältin oder einem Anwalt – dabei helfen kann, Diskriminierung am Arbeitsplatz effektiv zu bekämpfen und eine gerechtere Arbeitsumgebung zu schaffen. Bleiben Sie dran und bitte halten Sie uns über die Entwicklungen auf dem Laufenden!

    29. Juli 2023
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    • Sabine Schultz said:

      Vielen Dank für Ihren Kommentar. Tipps, wie Unternehmen diesen Prozess ressourcenschonend angehen können, erhalten Sie möglicherweise über die Geschäftsstelle Business and Professionell Woman (BPW), die z. B. den Equal Pay Day organisieren.

      https://www.equalpayday.de/kontakt/
      Business and Professional Women (BPW) Germany e.V.
      TEL.: +49 (0)30 31 17 05 17
      info@equalpayday.de

      18. August 2023
      Reply

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