Kündigung und Kündigungsschutz sind doch eigentlich die beliebtesten Themen im Arbeitsrecht, so meine ich. Und nach der Lektüre des Urteils vom LAG Rheinland-Pfalz vom 18.04.2013 10 Sa 10/13 und der aufkommenden Schwüle, fällt mir eigentlich nichts Besseres ein, als mal eine Aufstellung meiner Lieblingskündigungsverhütungsgründe aufzuzeigen. Da ist auf Platz eins natürlich der ich-schließ-erst-gar-keinen-Arbeitsvertrag-ab Grund. Auf diesen Grund bin ich hier schon eingegangen, so dass ich mir weitere Ausführungen sparen kann. Aber zumindest ein sehr effektiver Kündigungsschutz. Auf Platz zwei folgt der
Kategorie: <span>Recht für Betriebsräte</span>
Gibt es einen Kündigungsschutz für Bewerber? Das kommt natürlich darauf an, um welche Art von Bewerber es sich handelt. Nehmen wir einmal den Bewerber, der eine Arbeit sucht und sich auf eine freie Stelle bewirbt. Hat dieser Bewerber Kündigungsschutz? Natürlich nicht! Denn wo noch gar kein Vertragsverhältnis entstanden ist, kann ich auch nichts kündigen. Es soll aber Fälle geben, bei denen der Arbeitsvertrag bereits beendet ist (was der Arbeitgeber aber nicht wusste und wohl auch nicht wissen konnte) und der Arbeitnehmervertreter (in diesem Fall ein Anwalt) lustig Kündigungsschutzklage (er hätte es wissen sollen) erhebt. Nachzulesen ist der Fall im Blog www.reuter-arbeitsrecht.de an dieser Stelle http://www.reuter-arbeitsrecht.de/alltag-im-arbeitsrecht/backfire-und-die-gefahren-grundlicher-vorbereitung.html.
Aber nein, hier geht es um einen anderen Bewerber. Und zwar um den Bewerber für das Amt des Wahlvorstandes § 1 WO (Wahlordnung). Ja, richtig gelesen. Nächstes Jahr ist das Schreckensjahr der Arbeitgeber. Die nächsten Betriebsratswahlen finden 2014 statt. Doch zurück zum Wahlvorstand. Genießt der Bewerber für das Amt des Wahlvorstandes den besonderen Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 3 Satz 1 KSchG i.V.m. § 103 Abs. BetrVG? Auf diese Idee könnte man kommen, wenn man sich einmal § 103 Abs. 1 BetrVG anschaut und nicht richtig liest. Dort steht, dass die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern…, des Wahlvorstandes sowie von Wahlbewerbern bedarf der Zustimmung des Betriebsrats. Das LAG Hamm musste sich also mit der Frage beschäftigen, ob mit Wahlbewerbern auch Bewerber für den Wahlvorstand gemeint sind. Machen wir es kurz. Natürlich nicht. Begrifflich handelt es sich bei den Wahlbewerbern um Bewerber für die Wahl zum Betriebsrat (§ 6 ff. WO), nicht aber zum Wahlvorstand. Im Übrigen bestünde die Gefahr, dass sich im Rahmen einer Betriebsversammlung zahlreiche Arbeitnehmer durch eine Bewerbung für den Wahlvorstand einen besonderen Kündigungsschutz verschaffen könnten.
Da kann man als Arbeitgeber noch mal richtig aufatmen. So schlimm werden die Betriebsratswahlen dann doch nicht. 😉
Das Urteil gibt es hier.
Krank mit Ansage ist ein Klassiker. Gerne in der Variante: „Wenn ich das und das nicht bekomme (Anm. des Autors: Meistens geht es um Urlaub) bin ich morgen krank. Die Reaktion der Arbeitgeber ist unschwer zu erraten. Man kündigt gerne. Nun ja. In dieser Konstellation durchaus nachvollziehbar, unabhängig von der Frage, ob der Arbeitnehmer nun wirklich krank ist oder eben nicht. Entscheidend ist wohl, dass hier eine kleine Drohung versteckt ist. Wenn-Dann-Satz halt. Es gibt aber auch andere Varianten. Mit einer solchen musste sich das LAG Berlin-Brandenburg beschäftigen. Der Fall lag etwas anders. Ein Arbeitnehmer äußerte gegenüber zwei Kollegen, dass er nächste Woche unbedingt Urlaub brauche, da er „kaputt“ sei. Mit „kaputt“ meinte er, er sei „durch“ und er wolle ja auch nicht zum Arzt gehen. An diesem Tag (einem Freitag) arbeitete er noch bis zum Feierabend. Sein Vorhaben zog er dann auch „erbarmungslos“ durch und fehlte am darauf folgenden Montag unentschuldigt. Einen Tag später erhielt er die Kündigung, suchte aber zeitgleich einen Arzt auf, der ihn ab dem Montag Arbeitsunfähigkeit bescheinigte.
Folgt man dem LAG Berlin-Brandenburg, so… -Achtung! Jetzt kommt die juristisch korrekte Antwort- kommt es darauf an, ob der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Ankündigung objektiv erkrankt war. War er es, so liegt nicht zwingend eine erhebliche Pflichtverletzung vor, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen würde. Auch die Tatsache, dass der Arbeitnehmer am Freitag noch arbeitete, ist kein Beweis dafür, dass er nicht wirklich krank gewesen sei, so das LAG Berlin-Brandenburg. Da der Kündigende für alle Umstände darlegungs- und beweispflichtig ist, die als wichtige Gründe für die Begründung der Kündigung geeignet sein können, hätte die Arbeitgeberin beweisen müssen, dass der Arbeitnehmer am Freitag eben nicht krank war. Dies gelang ihr nicht, bzw. sie hat erst gar keinen Beweis angeboten. Kündigung somit vom Tisch. Alles schön und gut. Aber irgendetwas stört mich hier. Und zwar ist es dieser Satz: „Ich bin „kaputt“, ich will aber nicht zum Arzt gehen.“ Dieser Satz könnte auch so viel bedeuten wie: „Ich hab keinen Bock mehr, ich bin „durch“ und wenn ich keinen Urlaub bekomme, dann gehe ich halt zum Arzt und der wird mich eh krank schreiben.“
Wenn-Dann-Satz?
Das Urteil gibt es hier.
Mit den Betriebsratswahlen ist das so eine Sache. Die einen wollen es groß, die anderen klein. Arbeitgeber sind meistens daran interessiert, dass der Betriebsrat aus möglichst wenigen Mitgliedern besteht. Der Betriebsrat selber, möchte womöglich eher ein großes Gremium. Aus diesem Grund gibt es auch nicht selten Streit darüber, wieviele Mitarbeiter der Betrieb in der Regel beschäftigt. Denn hiervon ist gemäß § 9 BetrVG die Zahl der Betriebsratsmitglieder abhängig.
Das BAG hatte über einen Fall zu entscheiden, bei dem die Arbeitgeberin 50 Arbeitnehmer beschäftigte. Hinzu kamen noch 9 Leiharbeitnehmer, um die wir uns vorliegend nicht kümmern wollen, sowie 4 Mitarbeiter die im Rahmen eines Personalüberlassungsvertrages bei der Arbeitgeberin tätig, aber beim Kreis angestellt waren. Diesen seit Jahren bei der Arbeitgeberin tätigen Arbeitnehmern erteilte sie alle fachlichen Weisungen, bestimmte Arbeitszeit und Arbeitsort und entschied über Urlaubs und Vertretungebedarf. Zwischen Wahlvorstand und Arbeitgeberin war streitig, ob die vier Miatrbeiter des Kreises bei der für die Größe des Betriebsrats maßgeblichen Belegschaftstärke mit zählen. Denn ab 51 wahlberechtigten Arbeitnehmern besteht der Betriebsrat aus fünf Mitgliedern, statt aus drei.
Das BAG war der Auffassung, dass es sich bei den Kreisbediensteten um Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG handelt. Danach sind Arbeitnehmer i.S.d. des Betriebsverfassungsgesetzes auch Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind. Entscheidend ist dabei, ob diese Arbeitnehmer betriebsanghörig sind. Das ist der Fall, wenn sie in die Betriebsorganisation eingegliedert sind. Die Arbeitgeberin erteilte die fachlichen Weisungen, bestimmte Arbeitszeit und Arbeitsort und entschied über Urlaub und Vertretungsbedarf. Damit waren die Kreisbediensteten betriebsangehörig und somit „tätig“ i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG. Zutreffend wurde somit ein 5-köpfiger Betriebsrat gewählt.
Na sowas! Vor mir, nein neben mir liegen rund 63 Seiten Urteil. Davon sind rund 32 Seiten Tatbestand und, wie kann es mathematisch anders sein, 31 Seiten Entscheidungsgründe. Um es gleich vorweg zu nehmen, ich habe den Tatbestand nicht gelesen, allenfalls, aber auch wirklich nur allenfalls, überflogen. Es geht, wie unschwer zu erkennen ist, um Mobbing. Nichts Neues also. Ich habe auch die Entscheidungsgründe nicht wirklich gelesen. Das Urteil befasst sich auf 31 Seiten damit, warum dieses oder jenes Verhalten keinen Schmerzensgeldanspruch begründet. Gelesen habe ich aber auf Seite 34. Und dort steht etwas, was mich doch „überrascht“ hat. 😉 „Mobbing“ ist kein Rechtsbegriff und damit auch keine Anspruchsgrundlage für Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber oder gegen Vorgesetzte bzw.einen oder mehrere Arbeitskollegen.
„Insofern muss jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene… ein absolutes Recht des Arbeitnehmers iSd. § 823 Abs. 1 BGB, ein Schutzgesetz iSd. § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung iSd. § 826 BGB begangen hat.“
„Mobbing wird „als systematisches Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte“ (BAG 15.01.1997 – 7 ABR 14/96 – AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 118) oder „fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweise, die nach ihrer Art und ihrem Ablauf im Regelfall einer übergeordneten, von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich sind und jedenfalls in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Ehre oder die Gesundheit des Betroffenen verletzen”, verstanden.“
Ferner führt das LAG Düsseldorf aus, dass bei der Beurteilung zu berücksichtigen ist, dass im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, die sich durchaus auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können, nicht geeignet sind, derartige rechtliche Tatbestände zu erfüllen.
Entscheidend sei eine objektive Betrachtungsweise und nicht das subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers.
Die Berufung der Arbeitnehmerin/Klägerin blieb erfolglos.
Mit hat mal jemand gesagt, dass es keine Arbeit gibt, bei der es nicht irgendwann mal zu Auseinandersetzungen mit Kollegen oder Vorgesetzen kommt. Diese müsste erst erfunden werden. Wohl war! Dennoch ist unbestritten, dass es Mobbing-Fälle gibt. Wer etwas anderes behauptet, verkennt die Realität.
Wer viel Zeit hat, kann das Urteil hier nachlesen.
Schönes Wochenende!
Die Mitbestimmung bei Kündigungen ist immer so eine Sache. Arbeitgeber mögen die Vorschrift eigentlich gar nicht so gerne. Aus Arbeitgebersicht verständlich. Aber eben nur aus dieser. Was geht es schließlich den Betriebsrat an, wen ich kündige. Aus diesem Grund wird der Betriebsrat auch gerne mal übergangen, wenn es um dieses Thema geht. Mit unangenehmen Folgen. Dies zeigt uns § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Ja so ein Mist! 🙂 Auf der anderen Seite tun sich Betriebsräte schwer, wenn sie ihren Widerspruch begründen sollen. Nicht selten wird einfach auf § 102 Abs. 3 Nr. 1-5 BetrVG verwiesen. Such dir einen aus, der passt schon irgendwie. Leider reicht das nicht so wirklich. Das LAG Hessen hat sich im o. g. Urteil ein wenig mit dieser Problematik beschäftigt. Ein Arbeitnehmer, beschäftigt als Produktionsleiter Autogentechnik sollte gekündigt werden. Zu diesem Zweck wurde auch der Betriebsrat angehört. Der Betriebsrat widersprach der Kündigung und verwies darauf, dass man den Arbeitnehmer als Serviceleiter weiterbeschäftigen könne und berief sich auf § 102 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG. Dies hielt das LAG Hessen für nicht ausreichend. Dem LAG zufolge ist ein Widerspruch dann ordnungsgemäß erklärt, wen er sich einem der Widerspruchsgründe des § 102 Abs. 3 Nr. 1-5 BetrVG zuordnen lässt. Er muss geeigneten Tatsachenvortrag enthalten. Erforderlich ist also, dass die vom Betriebsrat zur Begründung seines Widerspruchs angeführten Tatsachen es als möglich erscheinen lassen, dass einer der in § 102 Abs. 3 BetrVG genannten Widerspruchsgründe vorliegt, ohne dass andererseits der Widerspruchsgrund schlüssig vorgetragen sein müsste. Aha!! Anm. des Verfassers: Mit dem schlüssig Vortragen ist das halt immer so eine Sache. Lieber macht man es luschig. Ausreichend ist letztlich, dass die vom Betriebsrat angeführten Tatsachen zusammen mit anderen Tatsachen einen Widerspruchsgrund ergeben könnten. Die Weiterbeschäftigung als Serviceleiter würde demnach unter § 102 Abs. 3 Nr. 3, 4 und 5 BetrVG fallen. § 102 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG scheidet nach Auffassung des LAG Hessen aus. Denn diese Vorschrift kommt nur in Betracht, wenn feststeht, dass der Arbeitnehmer ohne zumutbare Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen und zu veränderten Vertragsbedingungen weiterbeschäftigt werden kann. Dies war vorliegend nicht der Fall, da der Betriebsrat selbst vortrug, dass für die Stelle als Serviceleiter eine Einarbeitung von neun Monaten erforderlich gewesen wäre. Nach Auffassung des Gerichts ist dies nicht mehr zumutbar im Sinne § 102 Abs. 3 Nr. 4 BetrVG, da die Einarbeitungszeit die maximal zulässige Probezeit von sechs Monaten um drei Monate überschreitet und dies auch nach dem Arbeitsvertrag nicht mehr zumutbar sei. Das Gericht war zudem auch der Auffassung, dass es sich bei der Stelle als Serviceleiter um eine Position als leitender Angestellter handelt, für die eine Vertragsänderung erforderlich gewesen wäre. Somit sind wir bei § 102 Abs. 3 Nr. 5 BetrVG. Doch hier fehlte es am Einverständnis des Arbeitnehmers. Damit war auch diese Nummer gegessen.
Wie hätte das LAG Hessen wohl entschieden/beschlossen, wenn der Betriebsrat nichts zur Dauer der Einarbeitungszeit gesagt hätte. Und der Arbeitgeber vielleicht auch nicht. Prüfen wir einmal… Aber nicht mehr heute.
Den Beschluss gibt es hier.
Fragt man einmal einen Betriebsrat, warum er sich für dieses Amt „entschieden“ hat, sind die Antworten doch meist unterschiedlich. Am häufigsten findet man die Antwort, dass man sich als Betriebsrat für das Wohl der Belegschaft und des Betriebes einsetzen möchte. Seltener oder gar nicht findet man die s und S Antwort. S… und Seminar! Was hinter dem ersten S steckt, verrate ich nicht. Allenfalls per Blackberry Pin. 🙂
Ein eher seltener Grund ist wohl auch die Freude am Abhalten von Betriebsversammlungen. Im vorliegenden Fall hatte der dreiköpfige Betriebsrat eines Restaurants auch nicht die große Lust, Betriebsversammlungen zu planen, geschweige denn, durchzuführen. Nun ja. Ein Betriebsrat hat natürlich noch andere Aufgaben. „Leider“ sieht aber das Gesetz in § 43 Abs. 1 S. 1 BetrVG vor, dass der Betriebsrat einmal in jedem Kalendervierteljahr eine Betriebsversammlung einzuberufen hat. Doch was passiert, wenn man das nicht macht. Eigentlich gar nichts. Außer die Arbeitgeberin sucht jede Möglichkeit den Betriebsrat los zu werden. Und hierfür gibt es § 23 Abs. 1 S. 1 BetrVG. Danach kann der Arbeitgeber die Auflösung des Betriebsrats verlangen, wenn dieser seine Pflichten grob verletzt hat. Zu prüfen ist also, ob der Betriebsrat hier seine Pflichten grob verletzt hat, indem er seit seiner Wahl keine Betriebsversammlungen einberufen hat. Neun hätten es ein müssen. Dies sah das Arbeitsgericht Hamburg so und fand, dass die fortgesetze Verletzung des Anspruchs der Belegschaft auf kontinuierliche Unterrichtung, die weitere Amtsausübung untragbar macht. Das Gericht konnte auch nicht erkennen, dass der Betriebsrat seitens der Arbeitgeberin an der Durchführung der Betriebsversammlungen gehindert wurde. Zwar behauptete er dieses, trug dazu aber nicht weiter vor. (Anmerkung des Autors: Grrr. Wenn ich das immer lese!) Anwaltlich vertreten? Also nach dem guten alten Grundsatz: „Gut behauptet ist besser als schlecht bewiesen.“
Im Ergebnis wurde dem Auflösungsantrag der Arbeitgeberin statt gegeben.
(Wenn ich meine obigen Zeilen so lese, habe ich das Gefühl, ich habe die Seiten gewechselt. Arrrg! Das muss sich ändern.)
Den Beschluss gibts hier. ArbG Hamburg, Beschluss v. 27.06.2012 Az. 27 BV 8/12
Der Zoo als Tendenzbetrieb
An dieser Stelle erstmal vielen Dank an den beck-blog für den Artikel über die Mitarbeiter im Berliner Zoo. Und natürlich an meine Kollegin, die mich auf diesen Beitrag aufmerksam gemacht hat. Liest man so einen Beitrag, so stellt sich natürlich immer die Frage, was ist für einen persönlich daran wichtig. Ist es die Tatsache, dass die Mitarbeiter des Berliner Zoos gestreikt haben? Sind es die niedrigen Löhne der Tierpfleger? Oder, dass trotz des Streiks im Zoo alles reibungslos ablief. Nein. Dies alles ist sicherlich auch interessant, aber nicht so interessant, wie die für mich neue Erkenntnis, dass zoologische Gärten Tendenzbetriebe im Sinne des § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG sein können. Als ordentlicher Jurist (zu denen ich sicherlich nicht gehöre) schaue ich also mal ins Gesetz und mache mich mit den Tatbestandvoraussetzungen des § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG vertraut.
Auf Unternehmen und Betriebe, die unmittelbar und überwiegend
1. politischen – Die Tierpartei? Passt nicht. Parteien sind weder Unternehmen noch Betriebe
2. koalitionspolitischen – siehe oben
3. konfessionellen – katholisch, evangelisch, tierisch… Unsinn!
4. karitativen – Blutspendedienst der Tiere? Nein. Der DRK-Blutspendedienst ist auch nicht karitativ. Siehe hier.
5. erzieherischen – Die Häschenschule (Albert Sixtus). Könnte passen, wenn sie denn privat ist.
5. wissenschaftlichen – dazu später
6. künstlerischen – malende Tiere? Auch nicht wirklich.
Bestimmungen dienen, finden die Vorschriften des BetrVG teilweise keine Anwendung.
Jetzt weiß ich aber, dass laut dem BAG zoologische Gärten Tendenzbetriebe im Sinne des § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG sein können, soweit sie dazu bestimmt sind, Erkenntnisse über Tierbiologie zu gewinnen oder Methoden der Arterhaltung zu erforschen oder zu entwickeln. Es dürfte sich also um Wissenschaft handeln.
Wieder was gelernt. Und die Häschenschule ist es also doch nicht.
Was muss ich gerade auf der juristischen Master-Seite www.focus.de lesen: Der Gemobbte (nicht Gemoppte) muss das Mobbing beweisen, wenn er Schmerzensgeld haben möchte. So hat zumindest das LAG Rheinland-Pfalz (Az.: 11 Sa 731/11) entschieden. Im vorliegenden Fall fühlte sich ein Pfleger gemobbt. Seinen Kollegen warf er vor, dass sie ihn als unentschuldigt ins Gruppenbuch eingetragen hätten, obwohl er sich doch krankgemeldet hatte. Pfui!!! Dann wurde er auch noch von seinem Arbeitgeber durch einen Detektiv überwacht. Dieser hatte einen GPS-Sender am Fahrzeug des Pflegers montiert. Nochmal Pfui!!! Dabei fand man heraus, dass der Pfleger während seiner Krankschreibung auf einer Baustelle arbeitete. Ist auch Pfui!!! Das LAG Rheinland-Pflaz entschied, dass der Arbeitgeber weder die Detektei benennen muss, noch die Unterlagen herausgeben muss. Der Kläger müsse das Mobbing beweisen um seinen Entschädigungsanspruch zu begründen. Andernfalls würde dies die Beweislast umkehren. Richtig!! Also nicht Pfui!!!
War es nicht schon immer so, dass derjenige, der einen Entschädigunsganspruch geltend macht, Grund und Höhe beweisen muss. Oder irre ich mich?? Das wäre dann auch Pfui!!!
… dachte sich ein Arbeitnehmer, nachdem er sich durch gerichtlichen Vergleich eine Abfindung in Höhe von 11.500,00 EUR „sicherte“, im Gegenzug natürlich aber wechselseitig auf alle finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, gleich ob bekannt oder unbekannt und gleich aus welchem Rechtsgrund, verzichtet wurde. Der arbeitsrechtliche Vergleichsklassiker halt. Insofern nicht wirklich von großem Interesse. Interessant mag allenfalls sein, dass der Arbeitnehmer später wohl feststellte, dass ihm noch Urlaubsabgeltungsansprüche aus den Jahren 2006 bis 2008 in Höhe von 10.656,72 EUR zustehen würden. Diese machte er dann auch gerichtlich geltend. Zunächst auch erfolgreich. Das zuständige Landesarbeitsgericht gewährte ihm Urlaubsabgeltung in Höhe von 6.543,60 EUR. Der vorerst fiktive Geldsegen währte jedoch nicht lange. Denn die von der Beklagten eingelegte Revision führte zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils mit dem Ergebnis, dass der Kläger keinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung hat. Das BAG stellte fest, dass der Arbeitnehmer (hier der Kläger) wirksam auf seine Urlaubsabgeltung verzichtet habe. Zwar kann gem § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG nicht von der Regelung des § 7 Abs. 3 BUrlG zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden. Diese Regelung verhindert jedoch nur einzelvertragliche Abreden, die das Entstehen von Urlaubsabgeltungsansprüchen ausschließen. Im vorliegenden Fall hattte der Arbeitnehmer aber die Möglichkeit, Urlaubsabgeltung in Anspruch zu nehmen. Sieht er davon ab, steht auch Unionsrecht (Welches??) einem Verzicht des Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung nicht entgegen.
OK!?! Was lernen wir daraus?
1. Lieber öfter mal Urlaub nehmen.
2. Dieser Vergleich war wohl nicht wirklich ein Vergleich.
3. Das Problem wurde hier zwar klar definiert, aber eben nicht gelöst.
4. Ich mag Unionsrecht nicht.
Die Pressemitteilung gibt es hier.
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