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Kündigung wegen Austritts aus der katholischen Kirche – Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts 29/13

Klar, wir dürfen aus der Kirche austreten. Spart Steuern, ob wir dann aber noch ordentlich unter die Erde kommen, weiß ich nicht. Wenn der Zeitpunkt so weit ist, bekomme ich davon aber eh nichts mehr mit. Insofern…
Problematischer ist die ganze Sache aber, wenn ich bei einer kirchlichen Einrichtung meinen Dienst versehe, also in einem Arbeitsverhältnis stehe. Was passiert, wenn ich in diesem Fall aus der Kirche austrete. Dazu sollte mann wissen, dass die Kirche nach Art 140 GG iVm. Art 137 Abs. 3 Satz 1 WRV ihre Angelegenheiten selbst ordnet und verwaltet. Zumindest innerhalb der Schranken der gelten Gesetze. Im zu entscheidenden Fall arbeitete der Kläger (hier also der Arbeitnehmer) als Sozialpädagoge in einem sozialen Zentrum, welches Schulkinder bis zum 12. Lebensjahr nachmittags betreut. Im Februar 2011 trat der Kläger aus der katholischen Kirche aus. Gegenüber dem Beklagten (also dem Arbeitgeber) nannte er als Beweggründe die zahlreichen Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen, die Vorgänge um die „Piusbruderschaft“ und die Karfreitagsliturgie, in der eine antijudaische Tradition der katholischen Kirche zu Tage trete. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis und berief sich darauf, dass der Kläger durch seinen Austritt gegen seine arbeitsvertraglichen Loyalitätsobliegenheiten verstoßen habe. Dem Beklagten war es deshalb nicht zumutbar, den Kläger als Sozialpädagogen weiterzubeschäftigen. Letztlich musste man im vorliegenden Fall eine Abwägung zwischen den Interessen des Klägers auf Glaubens- und Gewissensfreiheit auf der einen Seite und dem Selbstbestimmungsrecht des Beklagten auf der anderen Seite vornehmen. Die Glaubens- und Gewissenfreiheit musste nach Ansicht des Gerichts aber hinter dem Selbstbestimmungsrecht des Beklagten zurücktreten. Dieser kann im verkündungsnahen Bereich (alle anderen Arbeitsverhältnisse sind dann wohl verkündungsferne Bereiche 😉 ) nicht durch die staatlichen Gerichte gezwungen werden, einen Mitarbeiter weiter zu beschäftigen, der sich gänzlich von der katholischen Glaubensgemeinschaft losgesagt hat. Beschäftigungsdauer und Lebensalter des Klägers fielen demgegenüber im Ergebnis nicht ins Gewicht.

Aha!!!

Wie war das mit den Schranken der geltenden Gesetze. Interessenabwägung?? Auch außerhalb religiöser Belange? Scheinbar nicht.
Ich frage mich die ganze Zeit, wie der Fall wohl zu beurteilen wäre, wenn der Kläger unmittelbar nach seinem Austritt aus der katholischen Kirche, der evangelischen Religionsgemeinschaft beigetreten wäre. Hätte das geholfen?

Die Pressemitteilung des BAG gibt es hier.

 

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Was macht man, wenn man morgens auf dem Weg zur Arbeit im Zug sitzt? Man liest Nachrichten. Ich bevorzuge hier die n-tv-App, insbesondere deshalb, weil es für mein Tablet der Marke Blackberry keine andere gibt. Blackberry deshalb, weil ich ein Arbeitnehmer bin. Näheres dazu findet ihr hier. Auch wenn jetzt ein Aufschrei unter den Apple- und Androidjüngern unvermeidbar ist, das Ding ist gut. Wirklich gut. So gut, dass es mir heute morgen einen Artikel über meine Lieblingsserie präsentierte. Das Traumschiff. Kapitän Jungblut will zurück auf die Brücke. Die Reederei hatte ihm im Oktober 2012 fristlos gekündigt und dies mit illoyalen Verhalten und Vertrauensbruch begründet. Kapitän Jungblut zog vor das Arbeitsgericht. Eine Einigung konnte vor dem Arbeitsgericht Lübeck nicht erzielt werden, so dass es nun in die nächste „Runde“ geht. Mein Glaube an die „heile Welt“ auf dem Traumschiff ist erschüttert. Dort geht am Ende immer alles gut aus. So auch bestimmt diesmal. Eye Eye Captain.

Aber eines verstehe ich immer noch nicht. Was wird aus Sascha Hehn, wenn Kapitän Jungblut auf die Brücke zurückkehrt? Heuert er hier an?

Kuriositäten

…oder wie man höchstens beim Koch in Ungnade fällt. Doch zur Sache. Kündigungen sind doch unser aller Lieblingsthema. Auch diesmal wollen wir uns wieder der Kündigung widmen. Ein Lagerist hatte sich in der Firmenkantine ein belegtes Brötchen aus einem defekten Automaten genommen und dieses dann nicht an der Kasse bezahlt. Ob es sich um ein Mettbrötchen handelt, ist nicht geklärt. Ich vermute aber, eher weniger. Der Diebstahl blieb nicht ohne Folgen. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos. Dies nahm der Arbeitnehmer nicht hin und erhob gegen seinen Brötchengeber Kündigungsschutzklage. Mit Erfolg! Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main erklärte sowohl die fristlose als auch die ordentliche Kündigung für unwirksam. Zur Begründung führte es aus, dass der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber nicht direkt geschädigt hat, sondern nur den Kantinenbetreiber. Es handelte sich vorliegend nämlich um eine fremdverpachtete Firmenkantine. Nur bei einer unmittelbaren Schädigung des Arbeitgebers, dürfe ohne Abmahnung fristlos gekündigt werden.

Na dann, auf in die Kantine!

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Dienstwagen sind schon eine feine Sache. Doch die Probleme treten immer dann auf, wenn das Arbeitsverhältnis gekündigt wird und der Arbeitgeber den Wagen gerne wieder hätte. So auch im nachfolgenden Fall, wobei man schon jetzt sagen muss, dass die Klägerin eigentlich alles richtig gemacht hat. Wir wollen den Fall hier nicht in allen Einzelheiten wiedergeben. Nur so viel, dass die Arbeitnehmerin dauerhaft arbeitsunfähig krank war oder ist und die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis fristgerecht kündigte. Warum und wieso ist erstmal nicht so wichtig. Die Arbeitnehmerin besaß einen Dienstwagen, den sie auch privat nutzen konnte. Die Arbeitgeberin forderte die Arbeitnehmerin auf, alle ihr zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel und Schlüssel zurückzugeben. Daraufhin schickte die Frau eine Botin, um den Dienstwagen nebst Zubehör, zahlreiche Schlüssel sowie sonstigen Kram zu übergeben. Eine Mitarbeiterin nahm jedoch lediglich einen Schlüsselbund (nicht den Schlüssel des Dienstwagens) und einen Chip entgegen. Warum nicht den KfZ-Schlüssel entzieht sich unser aller Kenntnis. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis nun noch mal fristlos und verlangte letztmalig die KfZ-Schlüssel nebst Papieren zurückzugeben. Im anschließenden Rechtsstreit verlangte sie widerklagend Schadensersatz wegen Nichtherausgabe des Dienstwagens bzw. der KfZ-Schlüssel. Einen solchen Schadensersatzanspruch verneinte das LAG Berlin-Brandenburg. Zwar hat die Beklagte (die Arbeitgeberin) grundsätzlich einen Herausgabeanspruch gem. § 985 BGB. Dem kann aber ein Recht zum Besitz auf seiten der Klägerin (die Arbeitnehmerin) gem. § 986 BGB entgegenstehen, was vorliegend auch der Fall ist. Die Klägerin leitet ihr Recht zum Besitz aus einer konkludenten Nebenabrede zum Arbeitsvertrag ab. Inhalt dieser Nebenabrede war die Überlassung des PKW auch zur privaten Nutzung. Fraglich ist jedoch, ob dieser Anspruch noch besteht. Hierfür muss man wissen, dass es sich bei der Privatnutzung um einen geldwerten Vergütungsanspruch handelt. Der Besitzanspruch setzt also einen Vergütungsanspruch voraus. Entfällt dieser, so entfällt auch der Besitzanspruch. Im konkreten Fall endete der Vergütungsanspruch mit Ablauf der Entgeltfortzahlungspflicht, so dass die Klägerin auch keinen Anspruch auf Besitz des PKW`s hatte. Die Beklagte hatte also einen Anspruch auf Herausgabe des PKW und somit ggf. auch einen Schadensersatzanspruch, da sich die Klägerin weiterhin im Besitz des PKW befand. Die Frage ist nur, wo die Herausgabe stattfinden muss. Und hier hilft uns § 269 BGB. Danach ist Ort der Leistung (Herausgabe des PKW) der Wohnsitz des Schuldners (hier die Arbeitnehmerin, da sie ja den Wagen herausgeben muss). Auch die Natur des Arbeitsverhältnisses gebietet hier nichts anderes. Die Klägerin war während der Arbeitsunfähigkeit nicht verpflichtet im Betrieb zu erscheinen. Also verbleibt es bei der Holschuld der Beklagten. Somit besteht auch kein Anspruch auf Schadensersatz.

Das Urteil gibt es hier.

Schönes Wochenende! 🙂

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Kündigungen sind sicherlich das arbeitsrechtliche Dauerthema. Daher auch an dieser Stelle mal wieder was zur Kündigung. Diesmal aber nichts zu den Gründen, sondern zur Frage der Unverzüglichkeit i. S. d. § 91 Abs. 5 SGB IX. Anhand dieser Vorschrift erkennt man auch schon recht leicht, dass es vorliegend um die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen geht. Dieser war zudem laut Tarifvertrag ordentlich unkündbar, so dass der Arbeitgeber auf das Mittel der außerordentlichen Kündigung zurückgriff. Ich möchte den Sachverhalt hier mal sehr stark verkürzt wiedergeben, da nicht alles für die Entscheidung relevant ist. Der Arbeitgeber beantragte beim LWL-Integrationsamt Westfalen mit Datum vom 23.01.2012 die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitnehmers. Das Integrationsamt erteilte durch Bescheid vom 06.02.2012, dem Arbeitgeber am 07.02.2012 zugegangen, die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Mit Schreiben vom 10.02.2012, dem Arbeitnehmer am 14.02.2012 zugegangen, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit sofortiger Wirkung.

Und mehr brauchen wir nicht. Zwischen der Erteilung der Zustimmung und dem Zugang der Kündigung liegen sieben Tage. Die Frage lautet also, sind 7 Tage unverzüglich i. S. d. § 91 Abs. 5 SGB IX. Denn dieser verlangt, dass die Kündigung unverzüglich nach Erteilung der Zustimmung erklärt werden muss. Zu klären ist zudem noch, ob unter „Erklären“ im Sinne des Gesetzes der Zugang der Kündigung zu verstehen ist, oder nur der Ausspruch der Kündigung. Dieser Auffassung war zumindest der Arbeitgeber. Wobei das LAG dieser Auffassung nicht folgen konnte. Erklären i. S. d. § 91 Abs. 5 BetrVG bedeutet Zugang gem. § 130 BGB. Dem Arbeitnehmer wurde die Kündigung also erst am 14.02.2012 erklärt. Damit bleibt es weiterhin bei sieben Tagen. Und dies ist nach § 91 Abs. 5 SGB IX nicht mehr unverzüglich, so das LAG Hamm. Denn unverzüglich bedeutet „ohne schuldhaftes Zögern“. Aus diesem Grund ist die Kündigung auch verspätet zugegangen. Der Arbeitgeber, hier eine Körperschaft mit 1600 Beschäftigten, konnte auch keine plausiblen Gründen für die Verzögerung anbringen. Insbesondere der Argumentation, dass eine Verwaltungsorganisation dieser Größe einen geordneten Geschäftsgang nach Maßgabe einer rechtssicheren Verwaltung benötige, um „Schnellschüsse“ zu vermeiden und somit Verzögerungen entstehen, wollte das LAG nicht folgen. Auch der Ansicht, dass der Arbeitgeber hier eine gewisse Überlegungsfrist in Anspruch genommen habe, war für die Entscheidung nicht erheblich. Schließlich konnte der Arbeitgeber nicht darlegen, welche Überlegungen er denn zu welchem Thema angestellt hat. Es blieb also dabei, dass die Kündgung schon aus den o.g. Gründen unwirksam war. Das Urteil zeigt einmal mehr, dass Kündigungen aus den unterschiedlichsten Gründen unwirksam sein können. Es bedarf also in jedem Fall einer genauen Betrachtung des jeweiligen Sachverhaltes.

Das Urteil gibt es hier.

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Verdachtskündigung BAG Urteil v. 25.10.2012 2 AZR 700/11

Eine Verdachtskündigung ist schon eine gemeine Sache. Man wird verdächtigt und dann auch flott gekündigt. So geschah es einem Lehrer. Im Jahr 2003 wurde er wegen sexueller Handlungen an Minderjährigen rechtskräftig zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen verurteilt. Dafür wurde er vom Land als Arbeitgeber abgemahnt.
Im August 2008 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Lehrer wegen Vornahme sexueller Handlungen an einer Person unter 14 Jahren. Daraufhin suspendierte ihn das Land vom Dienst und bot dem Lehrer Gelegenheit zur Stellungnahme. Dieser berief sich auf die Unglaubwürdigkeit der einzigen Belastungszeugin, so dass mit der Eröffnung des Hauptverfahren nicht gerechnet werden könne. Nach Anhörung des Personalrats kündigte das Land das mit dem Lehrer bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos. Das Vertrauensverhältnis sei durch die vorgeworfenen Straftaten zerstört, so das beklagte Land. Nicht überraschend erhob der Lehrer Kündigungsschutzklage. Die Sache ging bis zum BAG. Nach ständiger Rechtsprechung des BAG kann auch der Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB bilden. Eine Verdachtskündigung kann gerechtfertigt sein, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhaltes unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. So sprach und spricht das Bundesarbeitsgericht. Aber eigentlich geht es in diesem Fall um etwas ganz anderes. Nämlich darum, wie substantiiert die Beklagte, hier also das Land, die zur Kündigung führenden Gründe vortragen muss. Ich hätte mir also die obigen, quälend langen Ausführungen sparen können. Denn das beklagte Land vertrat im Wesentlichen die Auffassung, dass es sich auf die strafrechtliche Wertung der Staatsanwaltschaft verlassen dürfe, da diese von einem hinreichenden Tatverdacht i.S.d. § 170 StPO ausgehe und somit zugleich auch ein ausreichend erhärteter Verdacht gegeben sei, der eine außerordentliche Kündigung gem. § 626 Abs. 1 BGB rechtfertige. Kurz gesagt, verlässt sich das beklagte Land hier auf die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Das mag durchaus Sinn machen, ist dem BAG aber nicht genug. Dem BAG zufolge muss der kündigende Arbeitgeber Tatsachen darlegen, die unmittelbar den Schluss zulassen, der Arbeitnehmer sei eines bestimmten, die Kündigung rechtfertigenden Verhaltens dringend verdächtig.
Es genügt also nicht, lediglich vorzutragen das auch die Strafverfolgungsbehörden von einem Tatverdacht ausgehen. Und um es jetzt doch mal kurz und verständlich zu machen. Wichtig ist, substantiiert vorzutragen. Oder, und jetzt wird es noch verständlicher. Trag nicht luschig vor, sonst wird`s nichts. Was lernen wir aus diesem Fall? Nicht viel. Aber zumindest so viel, dass es sich immer lohnt, gegen eine Verdachtskündigung vorzugehen. Fragt euren Anwalt.

Das Urteil gibt es hier.

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Leiharbeitnehmer und die freien Arbeitsplätze
BAG Urteil v. 18.10.2012 – 6 AZR 289/11

Unsere Leiharbeitnehmer haben es schon nicht leicht. Jetzt müssen Sie auch noch ihren Platz räumen, wenn ein „regulärer“ Arbeitnehmer betriebsbedingt gekündigt werden soll. Doch der Reihe nach. Eine betriebsbedingte Kündigung ist sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb weiterbeschäftigt werden kann. Dies sagt uns § 1 Abs. 2 Nr. 1b) KSchG. Was ist also, wenn es einen solchen Arbeitsplatz gibt, dieser aber von einem Leiharbeitnehmer „besetzt“ ist. In diesem Fall müssen wir differenzieren. Es kommt halt darauf an. Diese juristische Universalantwort passt auch in diesem Fall mal wieder. Doch worauf kommt es an. Es kommt darauf an, ob Leiharbeitnehmer dauerhaft auf bestimmten Arbeitsplätzen eingesetzt werden, oder ob sie nur als „externe Personalreserve“ zur Abdeckung eines vorübergehenden Personalbedarfes eingesetzt werden. Im ersten Fall, muss sich der Arbeitgeber von seinem Leiharbeitnehmer trennen und den Beschäftigten seiner Stammbelegschaft bei Wegfall von seinem Arbeitsplatz auf den frei gewordenen Arbeitsplatz des Leiharbeitnehmers umsetzen. Macht er dies nicht, wäre die betriebsbedingte Kündigung sozial ungerechtfertigt. Das Thema hätte sich für den Arbeitgeber dann erst mal erledigt. Doch wie steht es mit dem zweiten Fall? Muss der Leiharbeitnehmer auch hier seinen Platz räumen? Nein! Denn hier wird er nur zur Vertretung anderer Arbeitnehmer eingesetzt. Der Arbeitsplatz „gehört“ eigentlich dem Stammarbeitnehmer. Auch wenn der gekündigte Arbeitnehmer diese Tätigkeiten verrichten könnte, so steht das dem Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit für diesen Arbeitnehmer nicht entgegen.

Der Arbeitgeber muss dabei im Regelfall beweisen, dass Leiharbeitnehmer nur zur Deckung von Auftragsspitzen oder zur vorübergehenden Vertretung eingesetzt werden.

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Der Pudel und die Friseurin – ArbG Bochum Urteil v. 06.02.2013 Az. 5 Ca 2180/12

Ich weiß einfach nicht, was man dieser Frau vorgeworfen hat. Doch zur Sache. Nachdem die Friseurin die Haare einer Kundin pink färbte, machte sie sich anschließend auf Wunsch der Kundin auch über den Pudel her und färbte seinen Schwanz ebenfalls pink. Die Chefin kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis fristlos. Pfui, wie kann man nur. 🙂 Schließlich hat die Friseurin doch nur auf Wunsch der Kundin gehandelt. Das ArbG Bochum hatte für unsere Friseurin aber auch kein echtes Verständnis. Diese gab sich vor Gericht kleinlaut, was ihr aber auch nicht mehr half. Zumindest wurde die fristlose Kündigung wenigstens noch in eine ordentliche Kündigung umgewandelt. Zumindest ein kleiner Trost. Den Pudel hätte ich gerne mal gesehen. Bestimmt ein echter Punkpudel. Trotz aufwendiger Recherchen im Internet habe ich keinen Pudel mi einem pinken Schwanz gefunden. Vielleicht hätte ich an anderer Stelle suchen sollen… 😉

 

Kuriositäten

Kündigung – Schlafen am Arbeitsplatz
LAG Hessen Urteil v. 05.06.2012 Az. 12 Sa 652/11 

Wir kennen ihn alle. Der Betriebsklassiker. Der nette Kollege am anderen Ende der Leitung beendet das Gespräch mit einem freundlichen: „Schlaf weiter“. So lustig das auch ist, was passiert eigentlich, wenn wir tatsächlich mal einen sauberen Büroschlaf hinlegen?
So geschah es in einer Seniorenresidenz. Die Klägerin ist dort als Pflegehelferin beschäftigt. Im Jahr 2010 war sie wegen einer Lungenentzündung eine Woche arbeitsunfähig erkrankt. In ihrer ersten Arbeitsnacht nach der Genesung wurde sie um 0.30 Uhr und um 1.45 Uhr von Kolleginnen schlafend vorgefunden. Sie schlief in einem zurück geklappten Fernsehsessel und mit einem Kopfkissen unter dem Kopf. Die vorgeschriebenen Kontrollgänge um 23.00 Uhr, 2.00 Uhr und 5.00 Uhr hat sie dennoch ordnungsgemäß absolviert. Trotz alledem kündigte die Beklagte (die Arbeitgeberin) das Arbeitsverhältnis außerordentlich gem. § 626 BGB. Sie war der Auffassung, dass die Klägerin zumindest in der Zeit von 0.30 bis 1.45 Uhr durchgehend geschlafen habe und somit ihre Fürsorgepflicht gegenüber den älteren Bewohnern verletzt habe. Machen wir es kurz. Das LAG Hessen gab der Kündigungsschutzklage der Klägerin statt. Die Beklagte konnte nicht beweisen, dass die Klägerin in der fraglichen Zeit durchgängig geschlafen habe. Ebenso bestand laut Gericht keine Gefahr für die Bewohner, da die Klägerin einen möglichen Notruf jederzeit hätte hören können. Letztlich fehlte es im vorliegenden Fall auch an einer negativen Prognose. Also an der Frage, ob sich das Verhalten der Klägerin wiederholen könnte. Dies sah das LAG nicht so. Die Klägerin habe sich nach ihrer schweren Erkrankung noch schwach gefühlt und sich deshalb zum Ruhen niedergelassen. Es handele sich hierbei um eine individuelle Situation, die sich so nicht regelmäßig wiederholen wird. Ergebnis: Kündigung unwirksam. Na, ist doch richtig. Also, legt euch wieder hin. Und bitte nicht vergessen!! Bei Diesem Urteil handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung.

Das Urteil gibt’s es hier.

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Kündigungsschutz und Leiharbeitnehmer BAG Urteil v. 24.01.2013 Az. 2 AZR 140/12

Bei der Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes sollen nunmehr auch Leiharbeitnehmer berücksichtigt werden, sofern ihr Einsatz auf einem „in der Regel“ vorhandenen Personalbedarf beruht. Dies gebietet eine an Sinn und Zweck orientierte Auslegung der gesetzlichen Bestimmung.
Nach § 23 Abs. 1 Satz 3 KschG gilt das Kündigungsschutzgesetz für nach dem 31. Dezember 2003 eingestellte Arbeitnehmer nur in Betrieben, in denen in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden. Berücksichtigt wurden dabei bisher nur die Arbeitnehmer, die in einem Vertragsverhältnis mit dem Arbeitgeber standen. Dies ist bei Leiharbeitnehmern nicht der Fall. Diese haben einen Arbeitsvertrag mit dem Verleiher.
Das Bundesarbeitsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass die Herausnahme der Kleinbetriebe aus dem Kündigungsschutzgesetz der dort häufig engen persönlichen Zusammenarbeit, ihrer zumeist geringen Finanzausstattung und dem Umstand Rechnung tragen, dass der Verwaltungsaufwand, den ein  Kündigungsschutzprozess mit sich bringt, die Inhaber kleinerer Betriebe stärker belastet. Dies rechtfertigt keine Unterscheidung danach, ob die den Betrieb kennzeichnende regelmäßige Personalstärke auf dem Einsatz eigener oder dem entliehener Arbeitnehmer beruht.
Vereinfacht gesagt: Wenn du dir schon regelmäßig teure Leiharbeitnehmer leisten kannst, genießt du auch nicht den Schutz eines Kleinbetriebes. Vielmehr genießen deine Arbeitnehmer dann den vollen Kündigungsschutz. Dagegen lässt sich doch nichts einwenden. Die Arbeitgebervertreter sehen das bestimmt anders. Bin mal gespannt, was da noch kommt.

Pressemitteilung des BAG gibt’s es hier.

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte