Kategorie: <span>Kollektivarbeitsrecht</span>

…schallt es über das Werksgelände. So geschehen im Zuständigkeitsbereich des Arbeitsgerichts Koblenz. Ich kenne diesen Ruf und er erinnert mich an einen Ferienjob nach dem Abitur. Was ich an dieser Stelle aber nicht möchte, ist meine Nebenjobs während des Studiums aufzählen. Wer sich dafür (nicht für meine) interessiert, findet bei Carsten R. Hoenig mehr dazu. Hier geht es um einen Betriebsrat, und zwar um einen „besonderen“ Betriebsrat. Den freigestellten Betriebsrat. Das sind die, bei denen sich die Arbeitgeber immer fragen, was die den ganzen Tag machen. Ich wiederhole nochmal: die Arbeitgeber, um hier keine Missverständnisse aufkommen zu lassen. Der freigestellte Betriebsrat ist in § 38 BetrVG und in § 37 Abs. 2 BetrVG, dort aber nicht ausdrücklich, geregelt. § 38 Abs. 1 BetrVG können wir entnehmen, dass bei Betrieben mit in der Regel 200 bis 500 Arbeitnehmern ein Betriebsratsmitglied von seiner beruflichen Tätigkeit freizustellen ist. Doch was passiert, wenn die Anzahl der regelmäßig Beschäftigten im Betrieb unter den Schwellenwert von 200 sinkt. Muss der freigestellte Betriebsrat dann wieder an die „Arbeit“? Oder kann er sich darauf berufen, dass zum Zeitpunkt des Beschlusses (bzgl. der Freistellung) die Mitarbeiterzahl noch bei min. 200 lag? Machen wir es kurz und schmerzlos. Kann er nicht, so das LAG Rheinland-Pfalz in seiner Entscheidung vom 14.05.2013 Az. 6 SaGa 2/13. Um Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu vermeiden sorgt § 38 Abs.1 BetrVG dafür, dass die Erforderlichkeit eines freigestellten Betriebsrats vermutet wird, und zwar gestaffelt nach der Arbeitnehmerzahl. Sinkt diese unter den Schwellenwert von 200, ist die Erforderlichkeit u. U. nicht mehr gegeben, so dass die Zahl der freigestellten Betriebsräte angepasst werden muss. Die Zahl der Freistellungen kann sich also im Laufe einer Amtsperiode in beide Richtungen ändern. Im zu entscheidenden Fall sank die Anzahl der Arbeitnehmer auf unter 200 und blieb dort auch konstant. Demnach hätte der freigestellte Betriebsrat wieder zurück auf seinen Arbeitsplatz gemusst. Aber es gibt noch § 37 Abs. 2 BetrVG.

Für Betriebe, deren Belegschaftsstärke in der Regel 200 Arbeitnehmer nicht überschreitet, kann in Ausnahmefällen nach dem Grundtatbestand des § 37 Abs. 2 BetrVG die völlige oder teilweise Freistellung eines Betriebsratsmitgliedes geboten sein, wenn diese Freistellung zur ordnungsgemäßen Durchführung der Betriebsratsaufgaben erforderlich ist.“,

 so das BAG in einer Entscheidung aus dem Jahr 1991.

„Voraussetzung für die zusätzliche Freistellung eines weiteren Betriebsratsmitglieds ist die Darlegung, dass nach Art und Umfang des Betriebes die zusätzliche Freistellung zur ordnungsgemäßen Durchführung der dem Betriebsrat obliegenden Aufgaben erforderlich ist…“

Die Hürde ist hoch. In den meisten Fällen dürfte die Hürde sogar zu hoch sein. So auch im vorliegenden Fall, mit dem Ergebnis, dass der freigestellte Betriebsrat wieder an seinen alten Arbeitsplatz zurück musste.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

…könnte schwieriger werden. Zumindest wenn man sich die Pressemitteilung des BAG Nr. 46/13 anschaut. Dazu muss oder sollte man wissen, dass beim Einsatz von Leiharbeitnehmern im Betrieb der Betriebsrat zu beteiligen ist. Hört der Arbeitgeber nicht gerne, ist aber so. Dies regelt § 99 BetrVG. Der Betriebsrat kann seine Zustimmung u. a. verweigern, wenn die Einstellungs des Leiharbeitnehmers nach    § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG gegen ein Gesetz verstößt. Bei Leiharbeit denken wir natürlich sofort an das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) und damit liegen wir auch schon ganz richtig. Bisher beriefen sich Betriebsräte gerne darauf, dass der Verleiher nicht die nötige Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung hat. Ein gut gemeinter Gedanke, der aber häufig nicht erfolgreich war. Erfolgreicher ist ein anderer Grund, der allerdings nur dann greift, wenn der Leiharbeitnehmer auf einen dauernden Arbeitsplatz ohne zeitliche Begrenzung statt einer Stammkraft eingesetzt werden soll. Dies verstößt laut BAG gegen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG, denn dort heißt es, dass die Überlassung von Arbeitnehmern  an den Entleiher nur vorübergehend erfolgt. Eben nicht auf Dauer.
Im zu entscheiden Fall beantragte ein Arbeitgeber die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung gem. § 99 Abs. 4 BetrVG. Aus den o. g. Gründen erfolglos. Zum Thema Leiharbeit und Einsatz auf Dauerarbeitsplätzen habe ich hier schon an anderer Stelle berichtet. Hier auch noch.

Die Pressemitteilung des BAG gibt es hier.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Jetzt mal wieder ein ernstes Thema. Es geht um einen fehlerhaften Betriebsratsbeschluss. Interessant also für Betriebsräte und Arbeitgeber, die einen Betriebsrat haben. Vielleicht auch für Anwälte, die im kollektiven  Arbeitsrecht ihr Glück finden wollen. Das sind nicht so viele, heißt es. Aber für Anwälte ist mein Geschreibsel eh zu seicht. Doch zur Sache. Ein Betriebsratsbeschluss kann an einem Verfahrensfehler leiden. Ein solcher Fehler liegt z. B. vor, wenn die Ladung zu einer Betriebsratssitzung ohne Mitteilung der Tagesordnung erfolgt, § 29 Abs. 2 S. 3 BetrVG. Der Fehler führt aber nicht zur Unwirksamkeit des Beschlusses, wenn

,sämtliche Mitglieder des Betriebsrats rechtzeitig geladen sind, der Betriebsrat beschlussfähig iSd. § 33 Abs. 2 BetrVG ist und die anwesenden Betriebsratsmitglieder einstimmig beschlossen haben, über den Regelungsgegenstand des später gefassten Beschlusses zu beraten und abzustimmen

und sämtliche Betriebsratsmitglieder anwesend sind. Der Erste Senat möchte nun von der Rechtsprechung  des Siebten Senats (7 ABR 51/06 u. 7 ABR 14/92) abweichen und vertritt die Auffassung, dass die Ladung zu einer Betriebsratssitzung ohne Mitteilung der Tagesordnung auch dann nicht zur Unwirksamkeit eines in dieser Betriebsratssitzung gefassten Beschlusses führt, wenn nicht alle Betriebsratsmitglieder anwesend sind. Also fragt der Erste beim Siebten, ob er an seiner Rechtsauffassung festhält. Warten wir es ab.

Pressemitteilung des BAG Nr. 44/33

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

…sagen die Arbeitgeber. Nicht ich. Und die Betriebsräte auch nicht. Das dürfte klar sein. Im Jahre 2003/04 betrugen die Gesamtkosten der Betriebsratstätigkeit pro Mitarbeiter und Jahr 337,95 EUR (Quelle: Horst-Udo Niedenhoff, Mitbestimmung in der Bundesrepublik Deutschland, 14. Auflage 2005). Ok, schon etwas älter. Aber nicht uninteressant. Doch was macht die Betriebsratsarbeit so „teuer“? Es ist einzig und allein der § 40 Abs. 1 BetrVG. So denke ich. Danach trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten. Soweit sie denn notwendig sind. Und hierüber herrscht doch oft Uneinigkeit. Gerade bei Schulungen, Tagungen, Kongressen etc., stellt sich die Frage, ob diese denn erforderlich im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG sind. So, und das war mein Aufhänger.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Stimmzettel… und zur Kreuzigung geht´s da lang. Bei Monty Python klappte das ganz gut. Bei VW in Hannover offenbar nicht so gut. Rechnen wir noch ein bisschen. 50 + 50 + 5 = 105 Und dies ist die magische Zahl. Bei der Betriebsratswahl 2010 (Die nächste Wahl ist übrigens 2014. Bitte schon mal vormerken.) befanden sich 105 Stimmzettel mehr in den Wahlurnen als Stimmabgabevermerke in der elektronischen Wählerliste. Die Betriebsratswahl wurde erfolgreich angefochten. Mit Beschluss vom 12.06.2013 Az. 7 ABR 77/11 erklärte das Bundesarbeitsgericht die Wahl für unwirksam.

Die Wahl eines Betriebsrats ist anfechtbar, wenn die Zahl der in den Wahlurnen befindlichen Stimmen mit der Zahl der Stimmabgabevermerke in der Wählerliste nicht übereinstimmt und die Differenz so groß ist, dass sie das Wahlergebnis beeinflusst haben könnte. 

Soweit ok. Aber viel interessanter als der Beschluss des BAG ist doch die Frage, wo die 105 Stimmzettel herkamen. Wer suchet der findet (Matthäus Kapitel 7).

Always look on the bright side of life…

Und damit das nicht noch mal passiert gibt es hier Hilfe. 🙂

Mehr dazu auch bei Thorsten Blaufelder.

 

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Gibt es einen Kündigungsschutz für Bewerber? Das kommt natürlich darauf an, um welche Art von Bewerber es sich handelt. Nehmen wir einmal den Bewerber, der eine Arbeit sucht und sich auf eine freie Stelle bewirbt. Hat dieser Bewerber Kündigungsschutz? Natürlich nicht! Denn wo noch gar kein Vertragsverhältnis entstanden ist, kann ich auch nichts kündigen. Es soll aber Fälle geben, bei denen der Arbeitsvertrag bereits beendet ist (was der Arbeitgeber aber nicht wusste und wohl auch nicht wissen konnte) und der Arbeitnehmervertreter (in diesem Fall ein Anwalt) lustig Kündigungsschutzklage (er hätte es wissen sollen) erhebt. Nachzulesen ist der Fall im Blog www.reuter-arbeitsrecht.de an dieser Stelle http://www.reuter-arbeitsrecht.de/alltag-im-arbeitsrecht/backfire-und-die-gefahren-grundlicher-vorbereitung.html.

Aber nein, hier geht es um einen anderen Bewerber. Und zwar um den Bewerber für das Amt des Wahlvorstandes § 1 WO (Wahlordnung). Ja, richtig gelesen. Nächstes Jahr ist das Schreckensjahr der Arbeitgeber. Die nächsten Betriebsratswahlen finden 2014 statt. Doch zurück zum Wahlvorstand. Genießt der Bewerber für das Amt des Wahlvorstandes den besonderen Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 3 Satz 1 KSchG i.V.m. § 103 Abs. BetrVG? Auf diese Idee könnte man kommen, wenn man sich einmal § 103 Abs. 1 BetrVG anschaut und nicht richtig liest. Dort steht, dass die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern…,  des Wahlvorstandes sowie von Wahlbewerbern bedarf der Zustimmung des Betriebsrats. Das LAG Hamm musste sich also mit der Frage beschäftigen, ob mit Wahlbewerbern auch Bewerber für den Wahlvorstand gemeint sind. Machen wir es kurz. Natürlich nicht. Begrifflich handelt es sich bei den Wahlbewerbern um Bewerber für die Wahl zum Betriebsrat (§ 6 ff. WO), nicht aber zum Wahlvorstand. Im Übrigen bestünde die Gefahr, dass sich im Rahmen einer Betriebsversammlung zahlreiche Arbeitnehmer durch eine Bewerbung  für den Wahlvorstand einen besonderen Kündigungsschutz verschaffen könnten.

Da kann man als Arbeitgeber noch mal richtig aufatmen. So schlimm werden die Betriebsratswahlen dann doch nicht. 😉

Das Urteil gibt es hier.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Mit den Betriebsratswahlen ist das so eine Sache. Die einen wollen es groß, die anderen klein. Arbeitgeber sind meistens daran interessiert, dass der Betriebsrat aus möglichst wenigen Mitgliedern besteht. Der Betriebsrat selber, möchte womöglich eher ein großes Gremium. Aus diesem Grund gibt es auch nicht selten Streit darüber, wieviele Mitarbeiter der Betrieb in der Regel beschäftigt. Denn hiervon ist gemäß § 9 BetrVG die Zahl der Betriebsratsmitglieder abhängig.
Das BAG hatte über einen Fall zu entscheiden, bei dem die Arbeitgeberin 50 Arbeitnehmer beschäftigte. Hinzu kamen noch 9 Leiharbeitnehmer, um die wir uns vorliegend nicht kümmern wollen, sowie 4 Mitarbeiter die im Rahmen eines Personalüberlassungsvertrages bei der Arbeitgeberin tätig, aber beim Kreis angestellt waren. Diesen seit Jahren bei der Arbeitgeberin tätigen Arbeitnehmern erteilte sie alle fachlichen Weisungen, bestimmte Arbeitszeit und Arbeitsort und entschied über Urlaubs und Vertretungebedarf. Zwischen Wahlvorstand und Arbeitgeberin war streitig, ob die vier Miatrbeiter des Kreises bei der für die Größe des Betriebsrats maßgeblichen Belegschaftstärke mit zählen. Denn ab 51 wahlberechtigten Arbeitnehmern besteht der Betriebsrat aus fünf Mitgliedern, statt aus drei.
Das BAG war der Auffassung, dass es sich bei den Kreisbediensteten um Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG handelt. Danach sind Arbeitnehmer i.S.d. des Betriebsverfassungsgesetzes auch Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind. Entscheidend ist dabei, ob diese Arbeitnehmer betriebsanghörig sind. Das ist der Fall, wenn sie in die Betriebsorganisation eingegliedert sind. Die Arbeitgeberin erteilte die fachlichen Weisungen, bestimmte Arbeitszeit und Arbeitsort und entschied über Urlaub und Vertretungsbedarf. Damit waren die Kreisbediensteten betriebsangehörig und somit „tätig“ i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG. Zutreffend wurde somit ein 5-köpfiger Betriebsrat gewählt.

BAG Beschluss v. 19.09.2012 Az. 7 ABR 37/11

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

LAG Hessen v. 15.02.2013 Az. 14 SaGa 1700/12

Die Mitbestimmung bei Kündigungen ist immer so eine Sache. Arbeitgeber mögen die Vorschrift eigentlich gar nicht so gerne. Aus Arbeitgebersicht verständlich. Aber eben nur aus dieser. Was geht es schließlich den Betriebsrat an, wen ich kündige. Aus diesem Grund wird der Betriebsrat auch gerne mal übergangen, wenn es um dieses Thema geht. Mit unangenehmen Folgen. Dies zeigt uns § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Ja so ein Mist! 🙂 Auf der anderen Seite tun sich Betriebsräte schwer, wenn sie ihren Widerspruch begründen sollen. Nicht selten wird einfach auf § 102 Abs. 3 Nr. 1-5 BetrVG verwiesen. Such dir einen aus, der passt schon irgendwie. Leider reicht das nicht so wirklich. Das LAG Hessen hat sich im o. g. Urteil ein wenig mit dieser Problematik beschäftigt. Ein Arbeitnehmer, beschäftigt als Produktionsleiter Autogentechnik sollte gekündigt werden. Zu diesem Zweck wurde auch der Betriebsrat angehört. Der Betriebsrat widersprach der Kündigung und verwies darauf, dass man den Arbeitnehmer als Serviceleiter weiterbeschäftigen könne und berief sich auf § 102 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG. Dies hielt das LAG Hessen für nicht ausreichend. Dem LAG zufolge ist ein Widerspruch dann ordnungsgemäß erklärt, wen er sich einem der Widerspruchsgründe des § 102 Abs. 3 Nr. 1-5 BetrVG zuordnen lässt. Er muss geeigneten Tatsachenvortrag enthalten. Erforderlich ist also, dass die vom Betriebsrat zur Begründung seines Widerspruchs angeführten Tatsachen es als möglich erscheinen lassen, dass einer der in § 102 Abs. 3 BetrVG genannten Widerspruchsgründe vorliegt, ohne dass andererseits der Widerspruchsgrund schlüssig vorgetragen sein müsste. Aha!! Anm. des Verfassers: Mit dem schlüssig Vortragen ist das halt immer so eine Sache. Lieber macht man es luschig. Ausreichend ist letztlich, dass die vom Betriebsrat  angeführten Tatsachen zusammen mit anderen Tatsachen einen Widerspruchsgrund ergeben könnten. Die Weiterbeschäftigung als Serviceleiter würde demnach unter § 102 Abs. 3 Nr. 3, 4 und 5 BetrVG fallen. § 102 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG scheidet nach Auffassung des LAG Hessen aus. Denn diese Vorschrift kommt nur in Betracht, wenn feststeht, dass der Arbeitnehmer ohne zumutbare Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen und zu veränderten Vertragsbedingungen weiterbeschäftigt werden kann. Dies war vorliegend nicht der Fall, da der Betriebsrat selbst vortrug, dass für die Stelle als Serviceleiter eine Einarbeitung von neun Monaten erforderlich gewesen wäre. Nach Auffassung des Gerichts ist dies nicht mehr zumutbar im Sinne § 102 Abs. 3 Nr. 4 BetrVG, da die Einarbeitungszeit die maximal zulässige Probezeit von sechs Monaten um drei Monate überschreitet und dies auch nach dem Arbeitsvertrag nicht mehr zumutbar sei. Das Gericht war zudem auch der Auffassung, dass es sich bei der Stelle als Serviceleiter um eine Position als leitender Angestellter handelt, für die eine Vertragsänderung erforderlich gewesen wäre. Somit sind wir bei § 102 Abs. 3 Nr. 5 BetrVG. Doch hier fehlte es am Einverständnis des Arbeitnehmers. Damit war auch diese Nummer gegessen.

Wie hätte das LAG Hessen wohl entschieden/beschlossen, wenn der Betriebsrat nichts zur Dauer der Einarbeitungszeit gesagt hätte. Und der Arbeitgeber vielleicht auch nicht. Prüfen wir einmal… Aber nicht mehr heute.

Den Beschluss gibt es hier.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

"Gut behauptet ist besser als schlecht bewiesen."

Fragt man einmal einen Betriebsrat, warum er sich für dieses Amt „entschieden“ hat, sind die Antworten doch meist unterschiedlich. Am häufigsten findet man die Antwort, dass man sich als Betriebsrat für das Wohl der Belegschaft und des Betriebes einsetzen möchte. Seltener oder gar nicht findet man die s und S Antwort. S… und Seminar! Was hinter dem ersten S steckt, verrate ich nicht. Allenfalls per Blackberry Pin. 🙂
Ein eher seltener Grund ist wohl auch die Freude am Abhalten von Betriebsversammlungen. Im vorliegenden Fall hatte der dreiköpfige Betriebsrat eines Restaurants auch nicht die große Lust, Betriebsversammlungen zu planen, geschweige denn, durchzuführen. Nun ja. Ein Betriebsrat hat natürlich noch andere Aufgaben. „Leider“ sieht aber das Gesetz in § 43 Abs. 1 S. 1 BetrVG vor, dass der Betriebsrat einmal in jedem Kalendervierteljahr eine Betriebsversammlung einzuberufen hat. Doch was passiert, wenn man das nicht macht. Eigentlich gar nichts. Außer die Arbeitgeberin sucht jede Möglichkeit den Betriebsrat los zu werden. Und hierfür gibt es § 23 Abs. 1 S. 1 BetrVG. Danach kann der Arbeitgeber die Auflösung des Betriebsrats verlangen, wenn dieser seine Pflichten grob verletzt hat. Zu prüfen ist also, ob der Betriebsrat hier seine Pflichten grob verletzt hat, indem er seit seiner Wahl keine Betriebsversammlungen einberufen hat. Neun hätten es ein müssen. Dies sah das Arbeitsgericht Hamburg so und fand, dass die fortgesetze Verletzung des Anspruchs der Belegschaft auf kontinuierliche Unterrichtung, die weitere Amtsausübung untragbar macht. Das Gericht konnte auch nicht erkennen, dass der Betriebsrat seitens der Arbeitgeberin an der Durchführung der Betriebsversammlungen gehindert wurde. Zwar behauptete er dieses, trug dazu aber nicht weiter vor. (Anmerkung des Autors: Grrr. Wenn ich das immer lese!) Anwaltlich vertreten? Also nach dem guten alten Grundsatz: „Gut behauptet ist besser als schlecht bewiesen.“
Im Ergebnis wurde dem Auflösungsantrag der Arbeitgeberin statt gegeben.

(Wenn ich meine obigen Zeilen so lese, habe ich das Gefühl, ich habe die Seiten gewechselt. Arrrg! Das muss sich ändern.)

Den Beschluss gibts hier. ArbG Hamburg, Beschluss v. 27.06.2012 Az. 27 BV 8/12

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

...oder was ich alles nicht wusste.

Der Zoo als Tendenzbetrieb

An dieser Stelle erstmal vielen Dank an den beck-blog für den Artikel über die Mitarbeiter im Berliner Zoo. Und natürlich an meine Kollegin, die mich auf diesen Beitrag aufmerksam gemacht hat. Liest man so einen Beitrag, so stellt sich natürlich immer die Frage, was ist für einen persönlich daran wichtig. Ist es die Tatsache, dass die Mitarbeiter des Berliner Zoos gestreikt haben? Sind es die niedrigen Löhne der Tierpfleger? Oder, dass trotz des Streiks im Zoo alles reibungslos ablief. Nein. Dies alles ist sicherlich auch interessant, aber nicht so interessant, wie die für mich neue Erkenntnis, dass zoologische Gärten Tendenzbetriebe im Sinne des § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG sein können. Als ordentlicher Jurist (zu denen ich sicherlich nicht gehöre) schaue ich also mal ins Gesetz und mache mich mit den Tatbestandvoraussetzungen des § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG vertraut.

Auf Unternehmen und Betriebe, die unmittelbar und überwiegend

1. politischen – Die Tierpartei? Passt nicht. Parteien sind weder Unternehmen noch Betriebe
2. koalitionspolitischen – siehe oben
3. konfessionellen – katholisch, evangelisch, tierisch… Unsinn!
4. karitativen – Blutspendedienst der Tiere? Nein. Der DRK-Blutspendedienst ist auch nicht karitativ. Siehe hier.
5. erzieherischen – Die Häschenschule (Albert Sixtus). Könnte passen, wenn sie denn privat ist.
5. wissenschaftlichen – dazu später
6. künstlerischen – malende Tiere? Auch nicht wirklich.

Bestimmungen dienen, finden die Vorschriften des BetrVG teilweise keine Anwendung.

Jetzt weiß ich aber, dass laut dem BAG zoologische Gärten Tendenzbetriebe im Sinne des § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG sein können, soweit sie dazu bestimmt sind, Erkenntnisse über Tierbiologie zu gewinnen oder Methoden der Arterhaltung zu erforschen oder zu entwickeln. Es dürfte sich also um Wissenschaft handeln.
Wieder was gelernt. Und die Häschenschule ist es also doch nicht.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte