Kategorie: <span>Kollektivarbeitsrecht</span>

Beschluss des LAG Baden-Württemberg v. 21.03.2013 Az. 6 TaBV 9/12

Die Zustimmungsverweigerung nach § 99 Abs. 2 BetrVG ist etwas, was Arbeitgeber nicht so gerne sehen. Hat doch der Betriebsrat hier tatsächlich die Möglichkeit, einer Einstellung zu widersprechen. Voraussetzung ist natürlich, dass Gründe vorliegen, weshalb man der Einstellung widerspricht. Solche Gründe findet man im Gesetz. Anmerkung des Verfassers: Wo auch sonst! Wer einen Grund aber auf der Straße findet, der möge sich bei mir melden. Ich baue das dann unverzüglich in meine Seminare ein. „Unser“ Betriebsrat hat seinen Grund nicht auf der Straße gefunden, sondern im Gesetz und zwar in § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Danach besteht ein Grund zur Zustimmungsverweigerung, wenn die Maßnahme (also die Einstellung) gegen ein Gesetz verstößt. Hintergrund dieser Suche ist, dass die Firma UPS so eine Art „Dreischicht-Teilzeit-max. 17 Stunden-ohne Möglichkeit auf mehr-Modell“ fährt. Vereinfacht gesagt, beschäftigt die Firma UPS am Standort Ditzingen Arbeitnehmer nur in einer von drei Schichten mit einer Wochenarbeitszeit von 17 Stunden. Wer mehr machen will, hat Pech. Arbeitszeiterhöhungen auf 34 Stunden, also zwei Schichten am Tag, lehnt das Unternehmen ab. Auch neue Arbeitnehmer sollten nur auf Einschicht-Arbeitsplätze mit max. 17 Stunden pro Woche eingestellt werden. Und hier kommt nun der Betriebsrat ins Spiel. Dieser macht von seinem Recht der Zustimmungsverweigerung Gebrauch und verwies auf  § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrvG. Das Konzept Arbeitnehmer nur in Teilzeit zu beschäftigen, verstößt gegen § 9 TzBfG. Danach hat ein Arbeitgeber einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer, der ihm den Wunsch nach einer Verlängerung seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit angezeigt hat, bei der Besetzung eines freien Arbeitsplatzes bevorzugt zu berücksichtigen. Und da es im vorliegenden Fall offensichtlich etliche freie Arbeitsplätze gab -ansonsten hätte UPS ja nicht vorgehabt, jemanden einzustellen- hätte man diesem Wunsch nachkommen müssen. Tat man aber nicht, so dass der Betriebsrat in über einhundert Fällen seine Zustimmung erfolgreich verweigerte.

Was lernen wir daraus? Einiges! Aber das sage ich hier nicht.

Den Beschluss des LAG Baden-Württenberg gibt es hier.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

BAG Beschluss vom 13.03.2013 Az. 7 ABR 70/11

Betriebsratswahlen finden gem. § 1 Abs. 1 BetrVG grundsätzlich in den Betrieben statt. Das dürfte allgemein bekannt sein, wobei es mit dem Begriff des Betriebes doch immer wieder Schwierigkeiten gibt. Ich möchte mich mit dem Thema hier aber erstmal nicht weiter befassen, sondern mein Augenmerk auf § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG richten. Danach können andere Arbeitnehmervertretungsstrukturen gebildet werden, soweit dies aufgrund der Betriebs-, Unternehmens- oder Konzernstruktur einer wirksamen und zweckmäßigen Interessenvertretung der Arbeitnehmer dient. Aus diesem Grund schlossen zwei Arbeitgeberinnen aus dem Bereich des Eventmanagements zusammen weiteren verbundenen Unternehmen mit der Gewerkschaft ver.di  am 11. April 2002 einen Tarifvertrag zur Bildung einheitlicher Betriebsrats- und Gesamtbetriebsratsstrukturen. Nach diesem wurden mehrere Betriebe an verschiedenen Standorten in Deutschland zu neun Wahlregionen zusammengefasst. Dort sollte jeweils ein Regionalbetriebsrat gegründet werden. Grund war, dass die Betriebe unternehmensübergreifend durch Regionalleitungen geführt wurden. Diese Leitungsstruktur wurde aber mit Wirkung ab 01. April 2004 aufgehoben. Dennoch wurde im Jahr 2004 erneut ein Tarifvertrag geschlossen, der abermals die Errichtung von Regionalbetriebsräten vorsah, auch wenn es diese Stukturen in den Unternehmen so schon gar nicht mehr gab.

Egal, wir ignorieren einfach die Wirklichkeit und machen munter weiter. So fanden auch im Jahr 2010 Betriebsratswahlen auf der Grundlage des Tarifvertrages von 2004 statt. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die Arbeitgeberinnen verlangten, die Betriebsratswahlen wieder auf der Grundlage der gesetzlichen Betriebsverfassungsstrukturen (also nach dem Betriebsbegriff) durchzuführen, was in diesem Fall vollkommen richtig gewesen wären. Die Arbeitgeberinnen fochten daraufhin erfolgreich die Betriebsratswahl an. Das BAG vertrat die Auffassung, dass die Betriebsratswahlen ungültig waren, da der Tarifvertrag nicht mehr dem in § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG genannten Zweck diene, nachdem im Jahr 2004 die Regionalleitungen abgeschaftt wurden.

Was lernen wir daraus? Im Zweifel auch mal auf den Arbeitgeber hören. Auch wenn es mir schwer fällt, das zu sagen. 🙂

Die Pressemitteilung gibt es hier. Den Beschluss hab ich noch nicht.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

...oder du suchst dir einen anderen Job.

Kündigung wegen Austritts aus der katholischen Kirche – Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts 29/13

Klar, wir dürfen aus der Kirche austreten. Spart Steuern, ob wir dann aber noch ordentlich unter die Erde kommen, weiß ich nicht. Wenn der Zeitpunkt so weit ist, bekomme ich davon aber eh nichts mehr mit. Insofern…
Problematischer ist die ganze Sache aber, wenn ich bei einer kirchlichen Einrichtung meinen Dienst versehe, also in einem Arbeitsverhältnis stehe. Was passiert, wenn ich in diesem Fall aus der Kirche austrete. Dazu sollte mann wissen, dass die Kirche nach Art 140 GG iVm. Art 137 Abs. 3 Satz 1 WRV ihre Angelegenheiten selbst ordnet und verwaltet. Zumindest innerhalb der Schranken der gelten Gesetze. Im zu entscheidenden Fall arbeitete der Kläger (hier also der Arbeitnehmer) als Sozialpädagoge in einem sozialen Zentrum, welches Schulkinder bis zum 12. Lebensjahr nachmittags betreut. Im Februar 2011 trat der Kläger aus der katholischen Kirche aus. Gegenüber dem Beklagten (also dem Arbeitgeber) nannte er als Beweggründe die zahlreichen Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen, die Vorgänge um die „Piusbruderschaft“ und die Karfreitagsliturgie, in der eine antijudaische Tradition der katholischen Kirche zu Tage trete. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis und berief sich darauf, dass der Kläger durch seinen Austritt gegen seine arbeitsvertraglichen Loyalitätsobliegenheiten verstoßen habe. Dem Beklagten war es deshalb nicht zumutbar, den Kläger als Sozialpädagogen weiterzubeschäftigen. Letztlich musste man im vorliegenden Fall eine Abwägung zwischen den Interessen des Klägers auf Glaubens- und Gewissensfreiheit auf der einen Seite und dem Selbstbestimmungsrecht des Beklagten auf der anderen Seite vornehmen. Die Glaubens- und Gewissenfreiheit musste nach Ansicht des Gerichts aber hinter dem Selbstbestimmungsrecht des Beklagten zurücktreten. Dieser kann im verkündungsnahen Bereich (alle anderen Arbeitsverhältnisse sind dann wohl verkündungsferne Bereiche 😉 ) nicht durch die staatlichen Gerichte gezwungen werden, einen Mitarbeiter weiter zu beschäftigen, der sich gänzlich von der katholischen Glaubensgemeinschaft losgesagt hat. Beschäftigungsdauer und Lebensalter des Klägers fielen demgegenüber im Ergebnis nicht ins Gewicht.

Aha!!!

Wie war das mit den Schranken der geltenden Gesetze. Interessenabwägung?? Auch außerhalb religiöser Belange? Scheinbar nicht.
Ich frage mich die ganze Zeit, wie der Fall wohl zu beurteilen wäre, wenn der Kläger unmittelbar nach seinem Austritt aus der katholischen Kirche, der evangelischen Religionsgemeinschaft beigetreten wäre. Hätte das geholfen?

Die Pressemitteilung des BAG gibt es hier.

 

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Wie ich soeben bei n-tv lesen konnte, hat sich der Zentralverband des deutschen Friseurhandwerks mit der Gewerkschaft Verdi auf einen Mindestlohn für Friseure und Friseurinnen (nicht Friseusen) in Höhe von EUR 8,50 pro Stunde (nicht pro Tag oder Haarschnitt) geeinigt. Problem bei solchen Tarifverträgen ist nur, dass halt nicht jeder in den Genuss kommt. Voraussetzung ist nämlich, dass der Arbeitnehmer (hier der/die Friseur/Friseurin) Mitglied der Gewerkschaft Verdi ist und die Betriebe wohl dem Zentralverband angeschlossen sein müssen. Der Zentralverband ist so etwas wie der Arbeitgeberverband für die Branche. Um dieses Problem zu beseitigen, soll ein Antrag gestellt werden, den Tarifvertrag für allgemeinverbindlich zu erklären. Beginnen soll der Mindestlohn ab August 2015. Bis dahin werde ich mangels Haaren wahrscheinlich keinen Friseur mehr brauchen. Ach ja, man kann den Tariflohn natürlich auch vertraglich vereinbaren. Das verhindert unter Umständen, dass der Friseur um die Ecke gewerkschaftsverseucht ist.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Urteil des ArbG Berlin vom 01.02.2013 Az. 28 Ca 18456/12

Interessenkollision bei einer Kündigungszustimmung

Wir stellen uns folgenden, wirklich sehr einfachen Fall vor. Auf der einen Seite haben wir einen Betriebsrat und auf der anderen Seite eine Betriebsrätin. Nein, um die Problematik Mann gegen Frau geht es hier nicht. Allenfalls unterschwellig. 🙂 Beide arbeiten im selben Betrieb und sind somit natürlich auch im selben Betriebsrat. Die Betriebsrätin ist als Junior-Projektleiterin die Vorgesetzte des Betriebsrats, der als Kundenberater bei der Arbeitgeberin, also der Beklagten beschäftigt war. Bei der Beklagten handelt es sich um ein Unternehmen für „Dialogmarketing“. Was das ist, weiß ich nicht. Die Betriebsrätin wirft dem Betriebsrat Arbeitszeitbetrug in nicht unerheblichem Umfang vor. Zwischen beiden kam es zu einer Aussprache. Noch am gleichen Tag verfasste die Betriebsrätin eine Email an „ihr“ Gremium, in der sie die Gründe für die beabsichtigte fristlose Kündigung ihres Kollegen (des Betriebsrats) darlegte. In einem solchen Fall Bedarf die außerordentliche Kündigung der Zustimmung des Betriebsrats. Die Kündigungszustimmung ist in § 103 Abs. 1 BetrVG geregelt. Die Problematik dieses Falls dürfte jetzt so langsam sichtbar werden. „Unsere“ Betriebsrätin nahm nämlich selbst an der Sitzung teil. Der Betriebsrat stimmte der Kündigung zu und teilte dies auch der Arbeitgeberin mit. Das dieser „Vorgang“ irgendwie nicht ganz sauber ist, dürfte wohl auf der Hand liegen. Denn auf der einen Seite betreibt die Betriebsrätin in ihrer Funktion als Vorgesetzte die Kündigung, und auf der anderen Seite stimmt sie im Gremium über ihre „eigene“ Kündigung ab. Dies sah auch das ArbG Berlin so und sah die Junior-Projekleiterin als Repräsentant (Genderkonform muss es natürlich Repräsentantin heißen) der Arbeitgeberin an. Die Frage ist nur, wie man diese Art der Intereressenkollision vermeiden kann. Denn eine außerordentliche Kündigung eines Betriebsratsmitglieds ohne Kündigungszustimmung ist unwirksam. In diesem Fall hilft uns § 25 Abs. 1 S. 2 BetrVG. Man hätte die Betriebsrätin einfach als „zeitlich verhindert“ behandeln müssen, um sodann ein Ersatzmitglied zu laden. Und schon passt es wieder. Die Kündigung war natürlich unwirksam.

Was lernen wir daraus? 1.) Schulungen besuchen. 2.) www.br2014.de lesen 3.) Das es neben einer Junior-Projektleitung auch eine Senior-Projektleitung geben muss.

Das Urteil hab ich im Volltext noch nicht gefunden.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold

Eine Lese- und Rechtschreibschwäche (früher auch Legasthenie genannt) ist keine Pflichtverletzung. Eine Pflichtverletzung ist es aber, wenn ein Betriebsratsvorsitzender auf einer -Achtung! jetzt kommt es- BETRIEBSVERSAMMLUNG aus einem Bewerbungsschreiben eines Mitarbeiters mit Lese- Rechtschreibschwäche vorliest. Der Fall ist eigentlich ganz einfach. Die Arbeitgeberin beschäftigte einen -aufgrund einer Lese- und Rechtschreibschwäche schwer vermittelbaren- Arbeitnehmer. Die Agentur für Arbeit förderte den bis Ende 2011 befristeteten Arbeitsplatz. Ende 2011 sprach die Arbeitgeberin betriebsbedingte Kündigungen aus, um die dann frei gewordenen Arbeitsplätze anschließend deutlich geringer vergütet erneut auszuschreiben. Es mag sein, dass diese Vorgehensweise einen schalen Beigeschmack hat, doch das soll an dieser Stelle ausnahmsweise nicht von Belang sein. Der Mitarbeiter mit Lese- und Rechtschreibschwäche bewarb sich per Email auf eine der freigewordenen Stellen. Der Betriebsrat widersprach jedoch der beabsichtigten Einstellung. Damit noch nicht genug. Vielmehr verlas der Betriebsratsvorsitzende auf der anschließenden Betriebsversammlung einen Auszg aus der Bewerbungsmail des Mitarbeiters unter Hinweis, dass es nicht angehe, qualifizierten Mitarbeitern zu kündigen und andere unqualifizierte Mitarbeiter auf solche Arbeitsplätze einzustellen. Mit den „unqualifizierten Mitarbeitern“ meinte er natürlich „unseren“ Mitarbeiter mit Lese- und Rechtschreibschwäche. „Unser“ Betriebsratsvorsitzender besaß aber zumindest den Anstand, den Mitarbeiter nicht namentlich zu nennen. Na, immerhin!! Dennoch handelt es sich hier um eine Verletzung der Amtspflichten des Betriebsratsvorsitzenden, da dieser nicht berechtigt war, das Wissen aus seiner Betriebsratstätigkeit öffentlich zu machen. Der Mitarbeiter war nämlich anhand des ebenfalls vorgelesenen Lebenslaufes recht leicht zu identifizieren und bekam dadurch die Einstufung als „billige Arbeitskraft“. Das LAG Düsseldorf sah in dem Verhalten des Betriebsratsvorsitzenden einen schweren Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflichten eines Betriebsrats. Ein Bewerber muss sich darauf verlassen können, dass seine Bewerbungsschreiben nicht wörtlich auf einer Betriebsversammlung vorgelesen werden.

Letztlich hat das LAG Düsseldorf den Ausschluss des Betriebsratsvorsitzenden aus dem Betriebsrat gem. § 23 Abs. 1S. 1 BetrVG bestätigt. Nachvollziehbar. Muss sogar ich sagen. Manchmal ist weniger mehr. Und wenn man gerne vorliest, dann seinen Kindern oder Enkelkindern. Die freuen sich.

Das Urteil gibt es wie immer hier.

LAG Düsseldorf Beschluss vom 09.01.2013 12 TaBV 93/12

 

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

ArbG Frankfurt am Main Urteil v. 25.03.2013 Az. 7 Ca 418/12

…oder wie man höchstens beim Koch in Ungnade fällt. Doch zur Sache. Kündigungen sind doch unser aller Lieblingsthema. Auch diesmal wollen wir uns wieder der Kündigung widmen. Ein Lagerist hatte sich in der Firmenkantine ein belegtes Brötchen aus einem defekten Automaten genommen und dieses dann nicht an der Kasse bezahlt. Ob es sich um ein Mettbrötchen handelt, ist nicht geklärt. Ich vermute aber, eher weniger. Der Diebstahl blieb nicht ohne Folgen. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos. Dies nahm der Arbeitnehmer nicht hin und erhob gegen seinen Brötchengeber Kündigungsschutzklage. Mit Erfolg! Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main erklärte sowohl die fristlose als auch die ordentliche Kündigung für unwirksam. Zur Begründung führte es aus, dass der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber nicht direkt geschädigt hat, sondern nur den Kantinenbetreiber. Es handelte sich vorliegend nämlich um eine fremdverpachtete Firmenkantine. Nur bei einer unmittelbaren Schädigung des Arbeitgebers, dürfe ohne Abmahnung fristlos gekündigt werden.

Na dann, auf in die Kantine!

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

ArbG Berlin, Beschluss v. 31.01.2013 Az. 4 BV 16641/12

Vertrauensvolle Zusammenarbeit heißt so viel wie Auge um Auge, Zahn um Zahn. Wie du mir, so ich dir.

Nein, natürlich nicht. Das sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht immer einig sind, ist nichts Neues. Auch, dass die vertrauensvolle Zusammenarbeit manchmal nicht ganz so rund läuft, überrascht keinen. Gerade, wenn es um Umstrukturierungsmaßnahmen geht, kann sich der Betriebsrat schon mal übergangen fühlen. Ob es sich hierbei aber gleich um eine Ordnungswidrigkeit nach § 121 BetrVG handelt, bedarf einer gründlichen Prüfung des Sachverhaltes. Insbesondere müssen weitere Versuche, den Arbeitgeber zur Einhaltung der gesetzlichen Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte zu bewegen, aussichtslos erscheinen. Erst dann darf man die große „Keule“ des § 121 BetrVG schwingen.
Der Arbeitgeber war vorliegend aber auch nicht zimperlich und kam mit dem scharfen Schwert der Betriebsratsauflösung um die Ecke. Auge um Auge, Zahn um Zahn halt. Das Schwert erwies sich jedoch als stumpf, da der Arbeitgeber an den aufgetretenen Spannungen nicht ganz unschuldig war. Zwar habe der Betriebsrat mit seiner Anzeige gegen die Verpflichtung zur vertrauensvollen Zusammenarbeit verstoßen, da diese geeignet sei, das Ansehen des Arbeitgebers und das Vertrauen der Belegschaft in dessen Redlichkeit zu erschüttern. Doch wenn wie hier, der Arbeitgeber nicht unwesentlich an den Spannungen beteiligt war, rechtfertigt dies nicht die Auflösung des Betriebsrats.

Den Beschluss gibt es hier diesmal nicht.

„Dieses war der erste Streich, doch der zweite folgt sogleich

Wilhelm Busch

Wollen wir es nicht hoffen und halten uns lieber an die vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Der Spion der aus der Leitung kam. Beschluss des LAG Baden-Württemberg vom 23.01.2013 Az. 13 TaBV 8/12

Nach der ganzen Aufregung um die Leiharbeitnehmer, wollen wir uns wieder in die Niederungen der täglichen Auseinandersetzung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber begeben.

Thema: Internetzugang. Diesmal geht es aber nicht darum, dass der Betriebsrat überhaupt einen Internetzugang haben möchte, sondern er möchte einen besonderen Zugang.
Doch zur Sache. Unser Betriebsrat hatte seit 1997 einen externen Internetzugang über eine ISDN-Verbindung  im sog. Internet by call Verfahren. Kennt die noch einer? Zumindest fiel einem IT-Mitarbeiter der Arbeitgeberin dies im Jahre 2011 auf. Also rund 14 Jahre später. Grund war wohl, dass für den Internetzugang des Betriebsrats im Jahr 2011 Kosten von ca. 2.000 EUR entstanden sind. Nachdem die Arbeitgeberin dies erfahren hatte, teilte sie dem Betriebsrat mit, dass dieser nunmehr den Internetzugang über das firmeninterne Netzwerk nutzen kann. Zusätzliche Kosten entstünden hierfür nicht. Eigentlich in Ordnung. Finde sogar ich. „Unser“ Betriebsrat war damit aber nicht einverstanden und verlangte einen „abhörsicheren“ Internetzugang, also einen externen Zugang mit einer Flatrate. Die monatlichen Kosten hätten rund 20 EUR betragen. Der Betriebsrat begründete seinen Wunsch mit seinem Geheimhaltungsinteresse, und dieses wiederum überwiege das Kosteninteresse der Arbeitgeberin. Die Frage ist also, ob der Betriebsrat von der Arbeitgeberin die Übernahme der Kosten für den externen Internetanschluss verlangen kann. Dies wäre der Fall, wenn die Kosten i. S. v. § 40 Abs. 2 BetrVG erforlich sind. Sind sie aber nicht. Nach Auffassung des LAG Baden-Württemberg erfüllt die Arbeitgeberin die Informations- und Kommunikationsbedürfnisse des Betriebsrats, wenn sie diesem einen kostenlosen Internetzugang über das firmeneigene Intranet verschafft. In der Vergangenheit hatte die Arbeitgeberin den Betriebsrat nicht überwacht, noch gedenkt sie, dies in Zukunft zu tun. Anm. des Verfassers: Was anderes hätte ich an Stelle der Arbeitgeberin aber auch nicht gesagt. Man stelle sich einmal vor, die Arbeitgeberin erklärt vollmundig, dass sie den Betriebsrat zukünftig überwachen möchte.
Dennoch besteht im vorliegenden Fall nur die abstrakte Möglichkeit einer Überwachung. Und das reicht nicht aus.
Die Arbeitgeberin bewies zudem durchaus Humor und wies daraufhin, dass der Betriebsrat mit seiner Argumentation dann auch noch ein abhörsicheres Telefon, eine Chiffriermaschine oder Suchgeräte für elektronische Abhörgeräte im Betriebsratsbüro verlangen könne.

Das Urteil gibt es wie fast immer hier. Spionageequipement gibt es …

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Das Einigungsstellenverfahren nach § 109 BetrVG - oder geht es auch schneller

Wirtschaftsausschuss und Einigungsstelle sind für den Betriebsrat sicherlich eine wichtige Sache.
Ob für den Unternehmer, weiß ich nicht. Zum Thema verweise ich hier gerne auf den „Blog Reuter: Arbeitsrecht“ und hoffe, der Autor ist deswegen nicht böse. Dennoch ist das Einigungsstellenverfahren ein Verfahren, das durchaus Zeit und Geld kostet. Das Geld des Unternehmers und die Zeit von beiden, also Betriebsrat und Unternehmer. Und da Zeit bekanntermaßen Geld ist, ist die Einigungsstelle gleich doppelt teuer. Da kommt man gerne mal auf die Idee, sich doch direkt an das Arbeitsgericht zu wenden. § 109 BetrVG wird doch schnell übersehen. Denn danach ist die Einigungsstelle darüber zuständig, ob eine vom Wirtschaftsausschuss verlangte Auskunft überhaupt, in welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt zu erteilen ist. Diese Zuständigkeit können die Beteiligten (Betriebsrat/Gesamtbetriebsrat und Unternehmer) nicht dadurch umgehen, dass sie sich wegen der Berechtigung des Auskunftsverlangens direkt an das Arbeitsgericht wenden. So sprach das LAG Frankfurt/Main am 10.12.1985 in der Sache 4 TaBV 139/85.

Auf welche Idee könnte man aber noch kommen, wenn der Unternehmer sicher weigert, die Unterlagen an den Wirtschaftsausschuss herauszugeben. Wir könnten daran denken, dass der Betriebsrat die Vorlage der Unterlagen nach §  80 Abs. 2 BetrVG verlangt. Doch diesen Gedanken sollten wir schnell wieder verwerfen. § 109 BetrVG ist die speziellere Regelung und geht daher vor. Wir merken uns also die folgende Formel: Wirtschaftsausschuss + Unternehmer + Meinungsverschiedenheiten = Einigungsstelle § 109 BetrVG

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte