Kategorie: <span>Kollektivarbeitsrecht</span>

Das BAG zur Frage der Sachverständigenhinzuziehung.

Entscheidungen zum Wirtschaftsausschuss sind meistens doch schon recht alt. Dennoch sollte man sich durchaus auch mal mit älteren Entscheidungen befassen, insbesondere dann, wenn sie noch aktuell sind und es keine neueren Entscheidungen gibt. So wie in diesem Fall. Aus aktuellem persönlichen Anlass möchte ich an dieser Stelle eine kleine Reihe zum Thema Wirtschaftsausschuss starten. Beginnen möchte ich mit einer Entscheidung aus dem Jahr 1978. Also brandaktuell. 🙂 Vorliegend geht es um die Hinzuziehung eines Sachverständigen durch den Wirtschaftsausschuss. Die Hinzuziehung eines Sachverständigen zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben des Wirtschaftsausschusses muss gem. § 108 Abs. 2 Satz 3 i. V.  mit § 80 Abs. 3 Satz 1 BetrVG erforderlich sein. Die Erforderlichkeit ist dabei eine Rechtsfrage und keine Ermessensfrage. Im Streitfall entscheiden die Arbeitsgerichte im Beschlussverfahren. Antragsberechtigt ist in diesem Fall der Betriebsrat bzw. der Gesamtbetriebsrat.
Aufgabe des Sachverständigen ist es dabei, dem Wirtschaftsausschuss bei der Beurteilung einer konkreten aktuellen Frage, die fehlenden fachlichen Kenntnisse zu vermitteln. Die Hinzuziehung eines Sachverständigen ist aber nur dann erforderlich, wenn der Wirtschaftsausschuss seine gesetzlichen Aufgaben ohne die Hilfe des Sachverständigen nicht ordnungsgemäß erfüllen kann. Zu beachten ist hierbei aber, dass die Mitglieder gem. § 107 Abs. S. 3 BetrVG für die Aufgabenerfüllung eine „fachliche und persönliche“ Eignung haben sollen (nicht müssen). Dies hebt die Hürde für die Hinzuziehung eines Sachverständigen schon ein wenig. Zur Erläuterung eines Jahresabschlusses bedarf es deswegen nicht ohne weiteres der Hinzuziehung eines Sachverständigen. Hier müssen besondere Gründe für die Notwendigkeit dargelegt werden.

An dieser Stelle mal kein Link zum Urteil, da ich es im Internet nicht gefunden habe. Ist schon zu alt.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Pressemitteilung des BAG Urteil vom 05.03.2013 1 AZR 417/12

Betriebsvereinbarungen machen vieles möglich und manches unmöglich. So auch das Arbeiten für immer. Soeben flattert mir die Pressemitteilung Nr. 14/13 auf den Tisch und ich muss zu meinem Erstaunen oder auch Entsetzen lesen, dass sich tatsächlich ein Arbeitgeber gegen eine Betriebsvereinbarung „wehrt“, die das Ende des Arbeitsverhältnisses mit erreichen des 65. Lebensjahres vorsieht. Der Mann wollte doch wirklich noch länger arbeiten. Da machte ihm unser BAG aber einen Strich durch die Rechnung und schützte des Mannes wohlverdienten langen Ruhestand. Betriebsrat (hier der Gesamtbetriebsrat) und Arbeitgeber können in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung (Gesamtbetriebsvereinbarung) eine Altersgrenze für die Beendigung von Arbeitsverhältnissen regeln. Zwar müssen dabei stets die Grundsätze von Recht und Billigkeit  i. S. v. § 75 Abs. 1 BetrVG beachtet werden. Diese sind aber gewahrt, wenn die Altersgrenze an den Zeitpunkt anknüpft, zu dem der Arbeitnehmer die Regelaltersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen kann. Die Vereinbarung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses ist auch keine, die Altersgrenzenregelung der Gesamtbetriebsvereinbarung verdrängende einzelvertragliche Regelung, so das BAG in seiner Entscheidung vom 05.03.2013.

Was lernen wir aus diesem Urteil nicht? Wir lernen nicht, dass ab 65 keine Altersdiskriminierung mehr möglich ist. Vielmehr lernen wir, dass Betriebsvereinbarungen halt doch manches unmöglich machen.

Ich vergaß. Der Arbeitnehmer hatte im August 2007 seinen 65. Geburtstag.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Das BAG zum Begriff "karitativ" im Sinne des § 118 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BetrVG

Der Wirtschaftsausschuss geregelt in den §§ 106 – 110 BetrVG ist so manchem Unternehmer doch ein Dorn im Auge. Wer will schon über das „Allerheiligste“ Auskunft geben, und das auch noch umfassend. Wie gut hat man es da, wenn man zum erlesenen Kreis der Tendenzbetriebe gehört. Denn nach § 118 Abs. 1 S. 2 BetrVG gelten die §§ 106 bis 110 BetrVG nicht für Tendenzbetriebe. Welch Glück dachte sich da der DRK-Blutspendedienst und verweigerte „seinem“ Wirtschaftsausschuss die notwendigen Informationen. Wir sind doch „karitativ“ und da spricht man nicht über Geld, ließ man verlauten. Auch wenn der schnöde Mammon natürlich immer eine Rolle spielt. Aber man spricht halt nicht darüber. Wir erbringen einen sozialen Dienst am Einzelnen. Über Geld machen wir uns keine Gedanken. Aber halt! Sozialer Dienst am Einzelnen? Ist das so. Das Bundesarbeitsgericht sah das zumindest nicht so. Vielmehr stellte es fest, dass der DRK-Blutspendedienst kein Tendenzunternehmen ist, weil die Förderung des Blutspendewesens und der Transfusionmedizin kein karitativer Zweck im Sinn der Definition des BAG darstelle. „Karitativ“ im Sinne des § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG bedeutet den sozialen Dienst am Einzelnen, also an der konkreten hilfsbedürftigen Person und nicht ein Dienst für die Gemeinheit, so das BAG. Erforderlich ist also ein unmittelbarer sozialer Dienst am leidenden Menschen. Eine konkrete Hilfe für Menschen in Not. Die Sicherstellung mit Blutpräparaten für die Allgemeinheit ist hierfür nicht ausreichend.
Auch der Begriff der „Gemeinnützigkeit“ ist nicht entscheidend. Der DRK-Blutspendedienst ist unstreitig gemeinnützig. Für die Frage der Tendenzeigenschaft ist dies aber nicht ausreichend. Also her mit den Zahlen für den Wirtschaftsausschuss.
Schon etwas älter, aber vielleicht dennoch nicht ganz uninteressant. Zumindest für die, die im kollektiven Arbeitsrecht unterwegs sind.

BAG Beschluss vom 22.05.2012 Az. 1 ABR 7/11

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Konzernbetriebsrat hat beim Einsatz von Personalsoftware mitzubestimmen

Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats – BAG Beschluss v. 25.09.2012 Az. 1 ABR 45/11

Mit den Zuständigkeiten ist das so eine Sache. Eigentlich will man nicht zuständig sein. Denn wer zuständig ist, der muss die Arbeit auch erledigen. So prüft jeder Richter (denke ich zumindest), ob er zuständig ist, bevor er sich Gedanken über den Fall macht. Ich mache es genauso. Komme ich in mein Büro und es befinden sich  neue Vorgänge auf meinem Schreibtisch, so prüfe ich erst mal, ob ich überhaupt zuständig bin. Falls nicht, gebe ich die Sachen gerne weiter. 🙂 Bei Betriebsräten ist das eine andere Sache. Die wollen zuständig sein. Denn sind sie es nicht, so können sie ihre Mitbestimmungsrechte nach § 87 BetrVG nicht ausüben. Im hier nur sehr kurz angerissenen Fall geht es darum, ob der Konzernbetriebsrat  Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hat. Diese Vorschrift regelt die Einrichtung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind das Verhalten oder die Leistung von Arbeitnehmern zu überwachen. Überwachung in diesem Sinne ist dabei sowohl das Sammeln von Informationen, als auch das Auswerten von bereits vorhandenen Informationen. Dazu ist das im vorliegenden Fall von einem Konzern eingesetzte SAP System unstreitig in der Lage. Auf die einzelnen Funktionen möchte ich hier nicht gesondert eingehen. Glaubt mir einfach. Ich kenne das „Teil“. Das kann eine Menge. Mit diesem EDV-System verwaltete der Konzern das Personal für die Mehrzahl seiner konzernangehörigen Unternehmen. Aus diesem Grund einigten sich Arbeitgeber und Konzernbetriebsrat im Jahre 2008 auf die Einsetzung einer Einigungsstelle, um die Nutzung des Personalverwaltungssystems zu regeln. Ohne Erfolg. Die Einigungsstelle stellte ihre Unzuständigkeit (auch die also) mit der Begründung fest, dass die von der Arbeitgeberin angekündigte Nutzung des Personalverwaltungssystems keine konzernweite Regelung erfordere. Auch eine im Jahr 2010 einberufene Einigungsstelle, kam zum gleichen Ergebnis. Doch der Konzernbetriebsrat wollte zuständig sein (aus den bereits genannten Gründen) und zog in letzter Instanz vor das BAG. Dort gab man dem Konzernbetriebsrat Recht. Zwar werden Mitbestimmungsrechte vorrangig vom örtlichen Betriebsrat wahrgenommen Doch § 58 Abs. 1 Satz 1 BetrVG weist die Mitbestimmungsrechte dem Konzernbetriebsrat ausnahmsweise dann zu, wenn die zu regelnde Angelegenheit nicht auf einzelne Betriebe oder Unternehmen eines Konzerns begrenzt ist und der örtliche Betriebsrat die Interessen der Arbeitnehmer nicht wirksam vertreten kann. Die Personalverwaltung erfolgt hier für die Mehrzahl der konzernangehörigen Unternehmen, so dass der Konzernbetriebsrat zuständig ist.

Was merken wir uns also? Als Betriebsrat ist es sinnvoll zuständig zu sein. Bei allen anderen nicht.

Das Urteil gibt es hier.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei der Einführung von Laufzetteln BAG Beschluss vom 25.09.2012 Az. 1 ABR 50/11

Mitbestimmungsrechte sind das scharfe Schwert des Betriebsrats. Deshalb wollen wir uns an dieser Stelle mal ein wenig mit den Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats nach § 87 BetrVG beschäftigen. Insbesondere mit § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Dieser besagt, dass Regelungen, die die Ordnung und das Verhalten von Arbeitnehmern im Betrieb regeln, mitbestimmungspflichtig sind. Im konkreten Fall geht es um die Einführung von Laufzetteln seitens des Arbeitgebers. Im Betrieb der Arbeitgeberin gibt es eine Richtlinie „Ausgabe, Verwaltung und Rücknahme von Arbeitsmitteln und Berechtigungen“. Nach dieser Richtlinie wird für jeden Mitarbeiter ein Laufzettel angelegt, auf dem u.a. die ausgegebenen Arbeitsmittel, Zugänge und Berechtigungen zu IT-Systemen etc. vermerkt werden. Die nötigen Genehmigungen werden auf dem Laufzettel durch Unterschrift des Kostenstellenverantwortlichen dokumentiert. Das Original bleibt beim Kostenstellenverantwortlichen, die Kopie beim Arbeitnehmer. Der Betriebsrat ist nunmehr der Auffassung, dass die Einführung der Laufzettel mitbestimmungspflichtig ist, da diese das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer berühren. Die Arbeitnehmer müssen sich, so der Betriebsrat, in bestimmter, standardisierter Weise verhalten. So weit so gut. Die Auffassung des Betriebsrats ist durchaus nachvollziehbar. Dies sah das BAG aber nicht so und verneinte die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats. Die Begründung ist äußerst knapp ausgefallen. Nach dem BAG bestehen Mitbestimmungsrechte nur bei Maßnahmen, die das sog. Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer im Betrieb betreffen, nicht aber dagegen bei Maßnahmen, die das sog. Arbeitsverhältnis regeln sollen. Gemeint sind damit Maßnahmen, mit denen die Arbeitspflicht unmittelbar konkretisiert und angefordert wird. Unterschied verstanden? Ich nicht! Zur gänzlichen Verwirrung hat das BAG 1997 entschieden, dass die Notwendigkeit eines Arztbesuches während der Arbeitszeit durch ein vorgegebenes Formular zu belegen, mitbestimmungspflichtig ist. Irgendwie sind doch beide Fälle ähnlich gelagert. Beides Mal wird den Arbeitnehmern die Einhaltung einer bestimmten Ordnung vorgeschrieben, nämlich die Verwendung eines bestimmten Zettels/Formulars. Aber sei es drum. Nehmen wir es so hin. Dürfte wohl auch eine Einzelfallentscheidung sein. So oft gehen Laufzettel nicht zum BAG.
Das Urteil gibt es hier.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

… freien Arbeitsplätze. Zur Frage der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung eines Mitglieds der JAV, wenn der Arbeitgeber vorhandene Arbeitsplätze mit Leiharbeitnehmern besetzt. Zu finden hier unter Rubrik „Aus der Praxis„.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Betriebsratswahl – Leiharbeit und Dauer der Betriebszugehörigkeit
BAG Beschluss v. 10.10.2012 Az. 7 ABR 53/11

Schauen wir uns einmal folgenden Fall an und überlegen, wo hier das Problem liegen könnte.

In einem Betrieb mit mehr als 50 Mitarbeitern sollen Betriebsratswahlen durchgeführt werden. In diesem Betrieb ist auch der A beschäftigt. A war für die Zeit vom 01.10.2009 bis 31.12.2009 als Leiharbeitnehmer im Betrieb beschäftigt, wurde aber zum 01.01.2010 in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen. Soweit so gut. Am 16.03.2010 machte der Wahlvorstand das Wahlausschreiben per Aushang im Betrieb bekannt. Unser A wollte aber auch kandidieren und reichte dem Wahlvorstand  am 29.03.2010 als Listenvertreter eine aus sechs Wahlbewerbern bestehende Vorschlagsliste ein. Mit Datum vom 30.03.2010 wies der Wahlvorstand  die Vorschlagsliste zurück. Zur Begründung führte er aus, dass Arbeitnehmer A nicht wählbar sei, weil er zum Zeitpunkt der Betriebsratswahl noch keine sechs Monate im Betrieb beschäftigt gewesen sei. Am 28.04.2010 fand die Wahl zum Betriebsrat dann ohne die Liste des Arbeitnehmers A statt.

A und seine fünf Mitbewerber auf der Liste fochten das Ergebnis der Betriebsratswahl vor dem Arbeitsgericht an. Warum fragen wir uns. Wenn wir in den § 8 Abs. 1 S. 1 BetrVG schauen, so stellen wir fest, dass nur Arbeitnehmer wählbar sind, die sechs Monate dem Betrieb angehören. Dies trifft auf unseren A nicht zu, da er erst zum 01.01.2010 übernommen wurde und zum Zeitpunkt der Wahl somit erst ca. vier Monate dem Betrieb angehörte. Dennoch war A der Auffassung, dass er gem. § 8 Abs. 1 S. 1 BetrVG wählbar war. Und damit hatte er Recht. Arbeitsgericht, LAG Köln und das Bundesarbeitsgericht sind der Auffassung, dass der Wahlvorstand gegen eine wesentliche Wahlvorschrift des § 8 Abs. 1 BetrVG verstoßen hat, in dem er den A und seine Liste nicht zur Wahl zugelassen hat. Der A war nämlich durchaus wählbar. Das BAG vertritt hier die Auffassung, dass schon der Wortlaut des § 8 Abs. 1 BetrVG dafür spreche, auch einen Zeitraum vor Beginn des Arbeitsverhältnisses, den der Wahlbewerber als Leiharbeitnehmer im Betrieb verbracht hat, auf die Sechsmonatsfrist anzurechnen. Die Zeit als Leiharbeitnehmer ist daher als Betriebszugehörigkeit im Sinne des § 8 Abs. 1 BetrVG anzuerkennen. Da nicht ausgeschlossen werden konnte, dass das Wahlergebnis bei Zulassung der Liste anders ausgegangen wäre, konnte die Wahl nach § 19 Abs. 1 BetrVG angefochten werden.

Merke also: Leiharbeit zählt bei der Dauer der Betriebszugehörigkeit mit.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Hier mal wieder was für die JAV. Der Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 78a Abs. 2 BetrVG anhand eines kleinen Falles aus der Praxis.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

…deshalb habe ich unter „Aus der Praxis“ ein erstes Urteil eingestellt, welches sich mit der Beschlussfassung der JAV und deren Rechtsfolgen beschäftigt. Den Artikel gibt es hier.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Lohnerhöhungen für Betriebsräte
ArbG Stuttgart Urteil v. 13.12.2012 Az. 24 Ca 5430/12

Betriebsratsarbeit ist ehrenamtlich. Dies ist in § 37 Abs. 1 BetrVG so festgelegt. Dennoch ranken sich immer wieder Gerüchte darum, ob in dem ein oder anderen Betrieb nicht doch die eine oder andere gesonderte Bezahlung fließt. Besonders Betriebsräte die im Licht der Öffentlichkeit stehen, stehen zugleich nicht selten im Verdacht eine zusätzliche Vergütung zu erhalten. Bewiesen ist das nicht. Anders im folgenden Fall.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte