Autor: <span>Ulrich Schulze</span>

Wirtschaftsausschuss und Einigungsstelle sind für den Betriebsrat sicherlich eine wichtige Sache.
Ob für den Unternehmer, weiß ich nicht. Zum Thema verweise ich hier gerne auf den „Blog Reuter: Arbeitsrecht“ und hoffe, der Autor ist deswegen nicht böse. Dennoch ist das Einigungsstellenverfahren ein Verfahren, das durchaus Zeit und Geld kostet. Das Geld des Unternehmers und die Zeit von beiden, also Betriebsrat und Unternehmer. Und da Zeit bekanntermaßen Geld ist, ist die Einigungsstelle gleich doppelt teuer. Da kommt man gerne mal auf die Idee, sich doch direkt an das Arbeitsgericht zu wenden. § 109 BetrVG wird doch schnell übersehen. Denn danach ist die Einigungsstelle darüber zuständig, ob eine vom Wirtschaftsausschuss verlangte Auskunft überhaupt, in welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt zu erteilen ist. Diese Zuständigkeit können die Beteiligten (Betriebsrat/Gesamtbetriebsrat und Unternehmer) nicht dadurch umgehen, dass sie sich wegen der Berechtigung des Auskunftsverlangens direkt an das Arbeitsgericht wenden. So sprach das LAG Frankfurt/Main am 10.12.1985 in der Sache 4 TaBV 139/85.

Auf welche Idee könnte man aber noch kommen, wenn der Unternehmer sicher weigert, die Unterlagen an den Wirtschaftsausschuss herauszugeben. Wir könnten daran denken, dass der Betriebsrat die Vorlage der Unterlagen nach §  80 Abs. 2 BetrVG verlangt. Doch diesen Gedanken sollten wir schnell wieder verwerfen. § 109 BetrVG ist die speziellere Regelung und geht daher vor. Wir merken uns also die folgende Formel: Wirtschaftsausschuss + Unternehmer + Meinungsverschiedenheiten = Einigungsstelle § 109 BetrVG

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Entscheidungen zum Wirtschaftsausschuss sind meistens doch schon recht alt. Dennoch sollte man sich durchaus auch mal mit älteren Entscheidungen befassen, insbesondere dann, wenn sie noch aktuell sind und es keine neueren Entscheidungen gibt. So wie in diesem Fall. Aus aktuellem persönlichen Anlass möchte ich an dieser Stelle eine kleine Reihe zum Thema Wirtschaftsausschuss starten. Beginnen möchte ich mit einer Entscheidung aus dem Jahr 1978. Also brandaktuell. 🙂 Vorliegend geht es um die Hinzuziehung eines Sachverständigen durch den Wirtschaftsausschuss. Die Hinzuziehung eines Sachverständigen zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben des Wirtschaftsausschusses muss gem. § 108 Abs. 2 Satz 3 i. V.  mit § 80 Abs. 3 Satz 1 BetrVG erforderlich sein. Die Erforderlichkeit ist dabei eine Rechtsfrage und keine Ermessensfrage. Im Streitfall entscheiden die Arbeitsgerichte im Beschlussverfahren. Antragsberechtigt ist in diesem Fall der Betriebsrat bzw. der Gesamtbetriebsrat.
Aufgabe des Sachverständigen ist es dabei, dem Wirtschaftsausschuss bei der Beurteilung einer konkreten aktuellen Frage, die fehlenden fachlichen Kenntnisse zu vermitteln. Die Hinzuziehung eines Sachverständigen ist aber nur dann erforderlich, wenn der Wirtschaftsausschuss seine gesetzlichen Aufgaben ohne die Hilfe des Sachverständigen nicht ordnungsgemäß erfüllen kann. Zu beachten ist hierbei aber, dass die Mitglieder gem. § 107 Abs. S. 3 BetrVG für die Aufgabenerfüllung eine „fachliche und persönliche“ Eignung haben sollen (nicht müssen). Dies hebt die Hürde für die Hinzuziehung eines Sachverständigen schon ein wenig. Zur Erläuterung eines Jahresabschlusses bedarf es deswegen nicht ohne weiteres der Hinzuziehung eines Sachverständigen. Hier müssen besondere Gründe für die Notwendigkeit dargelegt werden.

An dieser Stelle mal kein Link zum Urteil, da ich es im Internet nicht gefunden habe. Ist schon zu alt.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Dienstwagen sind schon eine feine Sache. Doch die Probleme treten immer dann auf, wenn das Arbeitsverhältnis gekündigt wird und der Arbeitgeber den Wagen gerne wieder hätte. So auch im nachfolgenden Fall, wobei man schon jetzt sagen muss, dass die Klägerin eigentlich alles richtig gemacht hat. Wir wollen den Fall hier nicht in allen Einzelheiten wiedergeben. Nur so viel, dass die Arbeitnehmerin dauerhaft arbeitsunfähig krank war oder ist und die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis fristgerecht kündigte. Warum und wieso ist erstmal nicht so wichtig. Die Arbeitnehmerin besaß einen Dienstwagen, den sie auch privat nutzen konnte. Die Arbeitgeberin forderte die Arbeitnehmerin auf, alle ihr zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel und Schlüssel zurückzugeben. Daraufhin schickte die Frau eine Botin, um den Dienstwagen nebst Zubehör, zahlreiche Schlüssel sowie sonstigen Kram zu übergeben. Eine Mitarbeiterin nahm jedoch lediglich einen Schlüsselbund (nicht den Schlüssel des Dienstwagens) und einen Chip entgegen. Warum nicht den KfZ-Schlüssel entzieht sich unser aller Kenntnis. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis nun noch mal fristlos und verlangte letztmalig die KfZ-Schlüssel nebst Papieren zurückzugeben. Im anschließenden Rechtsstreit verlangte sie widerklagend Schadensersatz wegen Nichtherausgabe des Dienstwagens bzw. der KfZ-Schlüssel. Einen solchen Schadensersatzanspruch verneinte das LAG Berlin-Brandenburg. Zwar hat die Beklagte (die Arbeitgeberin) grundsätzlich einen Herausgabeanspruch gem. § 985 BGB. Dem kann aber ein Recht zum Besitz auf seiten der Klägerin (die Arbeitnehmerin) gem. § 986 BGB entgegenstehen, was vorliegend auch der Fall ist. Die Klägerin leitet ihr Recht zum Besitz aus einer konkludenten Nebenabrede zum Arbeitsvertrag ab. Inhalt dieser Nebenabrede war die Überlassung des PKW auch zur privaten Nutzung. Fraglich ist jedoch, ob dieser Anspruch noch besteht. Hierfür muss man wissen, dass es sich bei der Privatnutzung um einen geldwerten Vergütungsanspruch handelt. Der Besitzanspruch setzt also einen Vergütungsanspruch voraus. Entfällt dieser, so entfällt auch der Besitzanspruch. Im konkreten Fall endete der Vergütungsanspruch mit Ablauf der Entgeltfortzahlungspflicht, so dass die Klägerin auch keinen Anspruch auf Besitz des PKW`s hatte. Die Beklagte hatte also einen Anspruch auf Herausgabe des PKW und somit ggf. auch einen Schadensersatzanspruch, da sich die Klägerin weiterhin im Besitz des PKW befand. Die Frage ist nur, wo die Herausgabe stattfinden muss. Und hier hilft uns § 269 BGB. Danach ist Ort der Leistung (Herausgabe des PKW) der Wohnsitz des Schuldners (hier die Arbeitnehmerin, da sie ja den Wagen herausgeben muss). Auch die Natur des Arbeitsverhältnisses gebietet hier nichts anderes. Die Klägerin war während der Arbeitsunfähigkeit nicht verpflichtet im Betrieb zu erscheinen. Also verbleibt es bei der Holschuld der Beklagten. Somit besteht auch kein Anspruch auf Schadensersatz.

Das Urteil gibt es hier.

Schönes Wochenende! 🙂

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Google, Bing und jetzt auch Yandex sind schon tolle Erfindungen. Man gibt einen Suchbegriff ein und wird gefunden. Auch wenn man manchmal gar nicht gefunden werden möchte. Interessant ist aber auch, wonach gesucht wird und was dann als Ergebnis angezeigt wird. Ich schaue deshalb immer mal gerne bei meinem Hoster unter den „searchstrings“ nach. Und was musste ich da heute morgen entdecken? „Krank durch Mettbrötchen“. Mir war bis dato nicht bewusst, dass ich jemals einen Artikel über gesundheitsverändernde Mettbrötchen geschrieben habe. Aber ich wurde eines Besseren belehrt. Ich habe doch tatsächlich mal über Mettbrötchen geschrieben. Aber in einem anderen Zusammenhang. Dort ging es um die Verpflegung während einer Betriebsversammlung. Die Enttäuschung des Suchenden muss groß gewesen sein. Noch größer war aber bestimmt die Enttäuschung desjenigen, der nach“guten Pornoseiten“ gesucht hat und scheinbar bei mir landete. Damit kann ich nicht dienen. 😉 Anatomisches Anschauungsmaterial gibt es woanders…
Diesbezügliche Anfragen also bitte nicht an mich stellen.

Kuriositäten Recht für Betriebsräte

Zugang einer E-Mail?!? Ich hätte nicht gedacht, dass so etwas problematisch sein kann. Irgendwann habe ich mal gelernt, dass der Absender den Zugang beim Empfänger beweisen muss. Man möge mich korrigieren, wenn ich mich irre. Es entzieht sich nun meiner Kenntnis, warum das bei digitaler Post (E-Mail) anders sein soll. Aber ich habe ja das LAG Berlin-Brandenburg auf meiner Seite. Dann kann ja nichts mehr passieren. Doch zur Sache. Der Antragsteller (nicht der Kläger, da es erst um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe geht) hat sich beim Antragsgegner auf eine Stellenausschreibung in einem Internetportal per E-Mail beworben. Er drückt auf versenden und weg war sie. Eine Fehlermeldung erhielt er nicht. Die Stellenanzeige war zudem auch noch AGG-Kritisch, da von einem „jungen Team“ die Rede war. Soweit so gut. Was macht man nach einer Bewerbung? Man wartet. Und das häufig vergeblich. In diesem Fall war es ähnlich. Der Antragsteller erkundigte sich später erneut per E-Mail beim Unternehmen. Dieses wusste jedoch von keiner E-Mail. Die Bewerbungsmail sei nie angekommen. Was nun? Man klagt. Und weshalb klagt man? Natürlich! Verstoß gegen das AGG und somit Schadensersatz nach § 15 Abs. 2 AGG. Was denn sonst. 🙂 Der Antragsteller berief sich u. a. darauf, dass der Hinweis „deutsch Muttersprache“ eine Diskriminierung wegen der Herkunft sei. Doch darüber musste das LAG Berlin-Brandenburg nicht entscheiden. Der Antrag auf Gewährung von PKH wurde zurückgewiesen. Auf das AGG konnte sich der Bewerber nicht berufen, da er ja nicht zum Bewerberkreis gehörte. Es fehlte der Nachweis, dass seine E-Mail beim Antragsgegner angekommen ist. Der Auffassung des Antragstellers, dass es ausreiche, wenn er selbst das Absenden nachweisen könne, wollte das LAG Berlin-Brandenburg nicht so wirklich folgen. Denn eine E-Mail geht nach Auffassung des Gerichts zu, wenn sie in die Mailbox des Empfängers oder des Providers abrufbar gespeichert wird. Beweisen muss den Zugang derjenige, der sich darauf beruft. Auch für den Beweis des ersten Anscheins reicht es nicht aus, wenn der Erklärende die Absendung beweisen kann. Eine Lesebestätigung hätte dem Antragsteller hier wohl geholfen. Doch die lag nicht vor. Also alles doch irgendwie wie bei der analogen Post. Zugang bleibt Zugang. Ob nun digital oder analog.

Die digitale Technik hat uns diesmal eine weitere AGG-Auseinandersetzung erspart.

Den Beschluss gibt es hier.

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Betriebsvereinbarungen machen vieles möglich und manches unmöglich. So auch das Arbeiten für immer. Soeben flattert mir die Pressemitteilung Nr. 14/13 auf den Tisch und ich muss zu meinem Erstaunen oder auch Entsetzen lesen, dass sich tatsächlich ein Arbeitgeber gegen eine Betriebsvereinbarung „wehrt“, die das Ende des Arbeitsverhältnisses mit erreichen des 65. Lebensjahres vorsieht. Der Mann wollte doch wirklich noch länger arbeiten. Da machte ihm unser BAG aber einen Strich durch die Rechnung und schützte des Mannes wohlverdienten langen Ruhestand. Betriebsrat (hier der Gesamtbetriebsrat) und Arbeitgeber können in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung (Gesamtbetriebsvereinbarung) eine Altersgrenze für die Beendigung von Arbeitsverhältnissen regeln. Zwar müssen dabei stets die Grundsätze von Recht und Billigkeit  i. S. v. § 75 Abs. 1 BetrVG beachtet werden. Diese sind aber gewahrt, wenn die Altersgrenze an den Zeitpunkt anknüpft, zu dem der Arbeitnehmer die Regelaltersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen kann. Die Vereinbarung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses ist auch keine, die Altersgrenzenregelung der Gesamtbetriebsvereinbarung verdrängende einzelvertragliche Regelung, so das BAG in seiner Entscheidung vom 05.03.2013.

Was lernen wir aus diesem Urteil nicht? Wir lernen nicht, dass ab 65 keine Altersdiskriminierung mehr möglich ist. Vielmehr lernen wir, dass Betriebsvereinbarungen halt doch manches unmöglich machen.

Ich vergaß. Der Arbeitnehmer hatte im August 2007 seinen 65. Geburtstag.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Kündigungen sind sicherlich das arbeitsrechtliche Dauerthema. Daher auch an dieser Stelle mal wieder was zur Kündigung. Diesmal aber nichts zu den Gründen, sondern zur Frage der Unverzüglichkeit i. S. d. § 91 Abs. 5 SGB IX. Anhand dieser Vorschrift erkennt man auch schon recht leicht, dass es vorliegend um die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen geht. Dieser war zudem laut Tarifvertrag ordentlich unkündbar, so dass der Arbeitgeber auf das Mittel der außerordentlichen Kündigung zurückgriff. Ich möchte den Sachverhalt hier mal sehr stark verkürzt wiedergeben, da nicht alles für die Entscheidung relevant ist. Der Arbeitgeber beantragte beim LWL-Integrationsamt Westfalen mit Datum vom 23.01.2012 die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitnehmers. Das Integrationsamt erteilte durch Bescheid vom 06.02.2012, dem Arbeitgeber am 07.02.2012 zugegangen, die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Mit Schreiben vom 10.02.2012, dem Arbeitnehmer am 14.02.2012 zugegangen, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit sofortiger Wirkung.

Und mehr brauchen wir nicht. Zwischen der Erteilung der Zustimmung und dem Zugang der Kündigung liegen sieben Tage. Die Frage lautet also, sind 7 Tage unverzüglich i. S. d. § 91 Abs. 5 SGB IX. Denn dieser verlangt, dass die Kündigung unverzüglich nach Erteilung der Zustimmung erklärt werden muss. Zu klären ist zudem noch, ob unter „Erklären“ im Sinne des Gesetzes der Zugang der Kündigung zu verstehen ist, oder nur der Ausspruch der Kündigung. Dieser Auffassung war zumindest der Arbeitgeber. Wobei das LAG dieser Auffassung nicht folgen konnte. Erklären i. S. d. § 91 Abs. 5 BetrVG bedeutet Zugang gem. § 130 BGB. Dem Arbeitnehmer wurde die Kündigung also erst am 14.02.2012 erklärt. Damit bleibt es weiterhin bei sieben Tagen. Und dies ist nach § 91 Abs. 5 SGB IX nicht mehr unverzüglich, so das LAG Hamm. Denn unverzüglich bedeutet „ohne schuldhaftes Zögern“. Aus diesem Grund ist die Kündigung auch verspätet zugegangen. Der Arbeitgeber, hier eine Körperschaft mit 1600 Beschäftigten, konnte auch keine plausiblen Gründen für die Verzögerung anbringen. Insbesondere der Argumentation, dass eine Verwaltungsorganisation dieser Größe einen geordneten Geschäftsgang nach Maßgabe einer rechtssicheren Verwaltung benötige, um „Schnellschüsse“ zu vermeiden und somit Verzögerungen entstehen, wollte das LAG nicht folgen. Auch der Ansicht, dass der Arbeitgeber hier eine gewisse Überlegungsfrist in Anspruch genommen habe, war für die Entscheidung nicht erheblich. Schließlich konnte der Arbeitgeber nicht darlegen, welche Überlegungen er denn zu welchem Thema angestellt hat. Es blieb also dabei, dass die Kündgung schon aus den o.g. Gründen unwirksam war. Das Urteil zeigt einmal mehr, dass Kündigungen aus den unterschiedlichsten Gründen unwirksam sein können. Es bedarf also in jedem Fall einer genauen Betrachtung des jeweiligen Sachverhaltes.

Das Urteil gibt es hier.

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Arbeitgeber?!? Den kenne ich nicht. Ist aber auch egal, solange die Kohle kommt. Gut. Problematischer wird es nur dann, wenn ich Kündigungsschutzklage erhebe. Dann sollte ich schon wissen, wer mein Arbeitgeber und somit der oder die Beklagte ist. Stellen wir uns einmal folgenden Fall vor: Wir haben drei Beteiligte. Einen Hausmeister als Arbeitnehmer, eine Wohnungseigentümergemeinschaft und eine Verwalterin. Der Hausmeister ist unproblematisch. Dem wurde gekündigt. Der Hausmeister und die Verwalterin streiten nun darüber, wer denn nun Arbeitgeber des Hausmeisters war. Und somit begeben wir uns auf die Suche nach Anhaltspunkten, um Licht ins Dunkel zu bringen. Erster Anhaltspunkt sollte hierbei immer der Arbeitsvertrag sein. Im vorliegenden Fall gab es einen schriftlichen Arbeitsvertrag aus dem Jahr 1993. Dort wurden zunächst die Parteien des Arbeitsvertrages genannt. Auf der einen Seite die Wohnungseigentümergemeinschaft, vertreten durch die Verwalterin und der Hausmeister als Arbeitnehmer auf der anderen Seite. Man sollte also meinen, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft die Arbeitgeberin ist. Sollte man meinen. Zudem wurde sie auch noch als Dienstberechtigte benannt. Der Fall scheint also eindeutig. Warum nur hat der Hausmeister die Kündigungsschutzklage gegenüber der Verwalterin erhoben. Es muss doch einen Grund geben. Lesen wir also im Arbeitsvertrag weiter. Dort steht unter „§ 7 Weisungsbefugnis“: „Weisungsberechtigt gegenüber dem Hausmeister ist die Verwalterin.“ Wenn wir uns dazu noch den Arbeitnehmerbegriff des BAG anschauen, wonach Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist, dann wird die Sache verständlicher. Schauen wir uns dann noch an, wer Arbeitgeber ist, wird es noch interessanter. Arbeitgeber ist der andere Teil des Arbeitsverhältnisses, also derjenige, der die Dienstleistungen vom Arbeitnehmer kraft des Arbeitsvertrages fordern kann und damit die wirtschaftliche und organisatorische Dispositionsbefugnis über die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers und den Nutzen aus ihr hat. Insoweit kommt es auf den erkennbaren Parteiwillen an.
Verständlich gesprochen: Der eine sagt, was du zu tun hast und du hast es dann auch zu tun. Der Arbeitnehmer ist weisungsgebunden. Man könnte also meinen, wenn die Verwalterin weisungsberechtigt ist und der Hausmeister weisungsgebunden, dass die Sache eindeutig ist. Ist sie aber nicht. Legt man die Grundsätze des BAG zum Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbegriff zugrunde, so ist im vorliegenden Fall die Wohnungseigentümergemeinschaft die Arbeitgeberin. Die Verwalterin sollte das Weisungsrecht nur stellvertretend für die Wohnungseigentümergemeinschaft ausüben. Dafür spricht, dass die Verwalterin im Vertrag als Vertreterin der Wohnungseigentümergemeinschaft bezeichnet wurde und letztlich auch Nutznießerin des Anspruchs auf die Arbeitsleistung des Hausmeisters war. Doch warum schreibe ich das alles. Der Fall ist nicht besonders schwierig und für viele auch nicht relevant. Aufgefallen ist mir nur, dass das BAG beim Arbeitgeber auch darauf abstellt, wer den Nutzen aus der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers zieht, und das ist in diesem Fall natürlich die Eigentümergemeinschaft und nicht der Verwalter. In einem Buch habe ich gelesen, dass man den Arbeitgeber lediglich darüber definiert, ob er weisungsberechtigt ist und den Arbeitsablauf organisiert. Würde man hierauf abstellen, wäre die Eigentümergemeinschaft nicht zwingend als Arbeitgeber anzusehen sein.

Daher: Nicht allein auf Bücher verlassen, sondern auch mal beim BAG vorbeischauen.

Das Urteil gibt es hier.

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Verdachtskündigung BAG Urteil v. 25.10.2012 2 AZR 700/11

Eine Verdachtskündigung ist schon eine gemeine Sache. Man wird verdächtigt und dann auch flott gekündigt. So geschah es einem Lehrer. Im Jahr 2003 wurde er wegen sexueller Handlungen an Minderjährigen rechtskräftig zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen verurteilt. Dafür wurde er vom Land als Arbeitgeber abgemahnt.
Im August 2008 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Lehrer wegen Vornahme sexueller Handlungen an einer Person unter 14 Jahren. Daraufhin suspendierte ihn das Land vom Dienst und bot dem Lehrer Gelegenheit zur Stellungnahme. Dieser berief sich auf die Unglaubwürdigkeit der einzigen Belastungszeugin, so dass mit der Eröffnung des Hauptverfahren nicht gerechnet werden könne. Nach Anhörung des Personalrats kündigte das Land das mit dem Lehrer bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos. Das Vertrauensverhältnis sei durch die vorgeworfenen Straftaten zerstört, so das beklagte Land. Nicht überraschend erhob der Lehrer Kündigungsschutzklage. Die Sache ging bis zum BAG. Nach ständiger Rechtsprechung des BAG kann auch der Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB bilden. Eine Verdachtskündigung kann gerechtfertigt sein, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhaltes unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. So sprach und spricht das Bundesarbeitsgericht. Aber eigentlich geht es in diesem Fall um etwas ganz anderes. Nämlich darum, wie substantiiert die Beklagte, hier also das Land, die zur Kündigung führenden Gründe vortragen muss. Ich hätte mir also die obigen, quälend langen Ausführungen sparen können. Denn das beklagte Land vertrat im Wesentlichen die Auffassung, dass es sich auf die strafrechtliche Wertung der Staatsanwaltschaft verlassen dürfe, da diese von einem hinreichenden Tatverdacht i.S.d. § 170 StPO ausgehe und somit zugleich auch ein ausreichend erhärteter Verdacht gegeben sei, der eine außerordentliche Kündigung gem. § 626 Abs. 1 BGB rechtfertige. Kurz gesagt, verlässt sich das beklagte Land hier auf die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Das mag durchaus Sinn machen, ist dem BAG aber nicht genug. Dem BAG zufolge muss der kündigende Arbeitgeber Tatsachen darlegen, die unmittelbar den Schluss zulassen, der Arbeitnehmer sei eines bestimmten, die Kündigung rechtfertigenden Verhaltens dringend verdächtig.
Es genügt also nicht, lediglich vorzutragen das auch die Strafverfolgungsbehörden von einem Tatverdacht ausgehen. Und um es jetzt doch mal kurz und verständlich zu machen. Wichtig ist, substantiiert vorzutragen. Oder, und jetzt wird es noch verständlicher. Trag nicht luschig vor, sonst wird`s nichts. Was lernen wir aus diesem Fall? Nicht viel. Aber zumindest so viel, dass es sich immer lohnt, gegen eine Verdachtskündigung vorzugehen. Fragt euren Anwalt.

Das Urteil gibt es hier.

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Was muss ich hier http://www.heise.de/newsticker/meldung/Yahoo-Schluss-mit-Home-Office-1811382.html lesen. Yahoo Chefin Marissa Mayer holt ihre Mitarbeiter zurück ins Büro. Nichts mehr mit Home Office, lange schlafen und während der Arbeit Bier trinken. 🙂 Jetzt wird wieder im Büro gearbeitet. Wozu stellt man denn seinen Mitarbeitern schöne Büroräume zur Verfügung? Doch nicht etwa damit diese  daheim am Küchentisch rumwurschteln. Frau Mayer führt natürlich andere Argumente an. Die Arbeit im Home Office gehe zu Lasten von Schnelligkeit und Qualität. Außerdem fehle es am Zusammengehörigkeitsgefühl der Mitarbeiter untereinander. Ok, diesem Argument kann man sich nicht gänzlich verschließen. Wer nicht im Büro ist, kann auch nicht mit den Kollegen plaudern. Auch der Betrieb als Heiratsmarkt Nr. 1 leidet unter dem Home Office. Dies ist aber wohl eher zweitrangig. Zumindest sollen ab Juni alle Mitarbeiter mit einer Home-Office-Vereinbarung wieder im Büro arbeiten. Ich überlege gerade, wie man das in Deutschland rechtlich hinbekommen würde. Per Direktionsrecht? Schwierig, dem steht die vertragliche Regelung entgegen. Per Änderungskündigung? Möglich, aber wohl auch schwierig. Die entsprechende Regelung müsste wohl unter einem Vorbehalt stehen. Vielleicht ist das aber im amerikanischen Recht einfacher. Wer Ahnung davon hat, kann ja einen Kommentar hinterlassen. Ich würde mich freuen. So wie ich mich über jeden Kommentar freue. Ach ja, Frau Mayer sprach auch noch von einer aktiven Unternehmenskultur, die sich an vollen Parkplätzen vor den Firmengebäuden äußert. Nun denn. Das ist dann wohl der Abschied vom familienfreundlichen Betrieb.

Kuriositäten Recht für Betriebsräte