Man hat es schon immer geahnt, Recht haben bedeutet nicht immer auch Recht zu bekommen. Häufig gibt es einfach gar keine Entscheidung. Diese Erfahrung jedenfalls musste der Betriebsrat eines großen Klinikbetreibers machen, als er versuchte den kurzfristigen Einsatz von Leiharbeitnehmern im Klinikum zu verhindern. Was war passiert?
Viele Betriebsräte stehen dem „Instrumentarium Leiharbeit“ skeptisch gegenüber. Gerade wenn der Arbeitgeber auf einem vermeintlichen Dauerarbeitsplatz wiederholt kurzfristig Leiharbeitnehmer einsetzt, führt dies häufig zu einer Abwehrhaltung. Meist wird dem Arbeitgeber dann unterstellt, er missbrauche die Möglichkeit der Kurzeinsätze von Leiharbeitnehmern um die Mitbestimmung des Betriebsrates ins Leere laufen zu lassen. Das Problem ist dabei sehr praktischer Natur. Zwar kann der Betriebsrat der Einstellung eines Leiharbeitnehmers formell gemäß § 99 Abs. 2 BetrVG widersprechen, im Gegenzug besteht für den Arbeitgeber aber das Recht den Leiharbeitseinsatz i.S. des § 100 Abs. 1 BetrVG als dringend erforderliche Eilmaßnahme vorläufig durchzuführen. Da es sich nur um einen kurzfristigen Einsatz der Leiharbeitnehmer handelt kommt es dann gar nicht mehr darauf an, ob der kurzfristige Einsatz des Leiharbeitnehmers tatsächlich rechtswidrig ist oder nicht. In jedem Fall würde ein Gerichtsurteil erst lange nach dem Einsatz des Leiharbeitnehmers erfolgen. Die Angelegenheit erledigt sich also, bevor eine Entscheidung des Gerichts ergehen kann, womit der Widerspruch des Betriebsrats regelmäßig ins Leere läuft.
Im vorliegenden Fall ging der Betriebsrat in die Offensive und beantragte, es dem Arbeitgeber – einem Klinikbetreiber – zu untersagen, vier Leiharbeitnehmer ohne Zustimmung des Betriebsrats kurzfristig zu beschäftigen. Nach Ansicht des Betriebsrates missbrauche der Arbeitgeber die durch § 100 BetrVG vorgesehene Gestaltungsmöglichkeit und verstoße somit gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Dieser Argumentation ist das LAG Schleswig Holstein, TaBV 59/15 nicht gefolgt. Zwar hegte das Gericht auch Zweifel an der Vorgehensweise des Arbeitgebers, da dieser immerhin seit zwei Jahren eine bestimmte Stelle immer wieder kurzfristig mit Leiharbeitnehmern besetzte. Das ändere jedoch nichts daran, dass der Arbeitgeber betriebsverfassungsrechtlich berechtigt ist, personelle Maßnahmen, deren Zulässigkeit noch nicht geklärt ist, vorläufig durchzuführen. Allein der Umstand, dass in den Fällen eines kurzfristigen Leiharbeitnehmereinsatzes regelmäßig keine gerichtliche Entscheidung ergeht, macht das Vorgehen des Arbeitgebers jedenfalls nicht rechtsmissbräuchlich. Der Schutz der Betriebsratsrechte sei an dieser Stelle vom Gesetzgeber nicht lückenlos vorgesehen.
Diese Entscheidung zeigt einmal mehr, was im Volksmund schon lange bekannt ist: Recht zu haben und Recht zu bekommen sind – Rechtsstaat hin oder her – manchmal eben doch zwei unterschiedliche Paare Schuhe.
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