Betriebsrat 2024 Beiträgen

Betriebliche Übung! Klar, kennen wir alle. Der Chef zahlt dreimal ohne Widerruf ein Weihnachtsgeld und schon können auch in den nächsten Jahren die Weihnachtsgeschenke turmgleich unter dem Weihnachtsbaum liegen. Schon nicht schlecht. Aber es geht noch besser. Schon mal an eine Versorgung nach beamtenähnlichen Grundsätzen im Wege einer betrieblichen Übung gedacht? Nicht? Dann wird`s Zeit! Damit auch im Alter die Geschenke turmhoch bleiben, bot die Bayerische Landesbank seit 1972 nahezu allen Mitarbeitern die eine Dienstzeit von 20 Jahren  im Kreditgewerbe und mindestens 10 davon bei der Bayerischen Landesbank zurückgelegt haben, Versorgungsrechte an. Bedingung waren zudem noch einige weitere Voraussetzungen, wie z. B. eine gute Beurteilung und eine ordentliche gesundheitliche Verfassung, damit nicht eine vorzeitige Zurruhesetzung zu „befürchten“ war.
Anfang des Jahres 2009 beschloss die Landesbank, die Vereinbarung von Versorgungsrechten einzustellen. Dem Kläger, der die Voraussetzungen am 01. Januar 2010 erfüllte, wurde ein solcher Versorgungsvertrag nicht mehr angeboten. Die Klage auf Abgabe eines solchen Versorgungsvertrages hatte Erfolg. Aufgrund der seit 1972 geübten Praxis ist das BAG von einer betrieblichen Übung ausgegangen, so dass der Kläger einen Anspruch auf Abgabe eines entsprechenden Vertragsangebotes durch die Landesbank hatte.
Turmhoch…

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Betriebsratsmitglieder haben Anspruch auf Schulung. Dies ist nichts Neues und ergibt sich aus § 37 Abs. 6 BetrVG. Grundlagenschulungen im Arbeitsrecht und dem Betriebsverfassungsrecht sind in der Regel unproblematisch, so dass der Betriebsrat hier die besondere Erforderlichkeit nicht darlegen muss. Etwas anders sieht es dagegen bei Spezialseminaren aus. Hier muss der Betriebsrat regelmäßig  schauen, ob aktuell ein betriebsbezogener Anlass vorliegt, der den Besuch der speziellen Schulung notwendig macht. Beachte: Der Anlass muss betriebsbezogen sein, nicht betriebsratsbezogen.
Um eine solche Problematik ging es auch in dem vom BAG zu entscheidenden Fall. Der neunköpfige Betriebsrat eines Möbel- und Einrichtungshauses beschloss, dass mehrere ihrer Mitglieder ein Seminar zur „Aktuellen Rechtsprechung am Bundesarbeitsgericht“ besuchen sollten. Dieses Seminar beinhaltet u. a. auch einen Besuch der Sitzung eines Senats des Bundesarbeitsgerichts. Um diesen Fall zu verstehen, muss man jedoch wissen , dass der Seminarveranstalter erst 8 Wochen vor Beginn der Sitzung, also auch des Seminars weiß, welche Fälle mit welchem Inhalt verhandelt werden. Die Seminarteilnehmer müssen sich in der Regel schon sehr früh zu diesem Seminar anmelden, da die Plätze beim BAG begrenzt sind. Und genau hier ist das Problem. Das BAG hat in seiner Entscheidung ausgeführt, dass Kenntnisse der aktuellen Rechtsprechung des BAG nicht zum Grundwissen der einzelnen Betriebsratsmitglieder im Arbeitsrecht, im Betriebsverfassungsrecht oder im Bereich der Arbeitssicherheit oder Unfallverhütung gehören, deren Erforderlichkeit der Betriebsrat nicht näher darlegen muss. Das hier streitgegenständliche Seminar ist vielmehr ein Spezialseminar, dessen Notwendigkeit für die Betriebsratsarbeit der Betriebsrat darlegen muss. Werden in der Sitzung Fälle verhandelt, die aktuelle betriebsbezogene Probleme betreffen, so dürfte die Notwendigkeit kein Problem sein. Doch dies kann der Betriebsrat im Vorfeld ja nicht wissen. Im vorliegenden Fall war dies aber nicht so, so dass der Betriebsrat mit seinen Anträgen erfolglos blieb.
Das BAG hat aber auch gesagt, dass der Besuch eines solchen Seminars durchaus erforderlich sein kann und zwar dann, wenn in der Schulung nicht nur über aktuelle Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts informiert wird, sondern den Teilnehmern auch betriebsverfassungsrechtliche und für den konkreten Betriebsrat bedeutsame individualrechtliche Rechtsentwicklungen und Tendenzen anhand ausgewählter Entscheidungen erläutert und für die praktische Betriebsratsarbeit nutzbar gemacht werden sollen.
Der Besuch einer solchen Schulung kann erforderlich sein, wenn der Betriebsrat auf die Kenntnisse angewiesen ist, um seine Aufgaben für die Belegschaft und den Betrieb sachgerecht wahrnehmen zu können.
Letztlich handelt es sich hier um eine Einzelfallentscheidung, die keineswegs dahingehend zu verstehen ist, dass auf derartige Schulungen generell kein Anspruch nach § 37 Abs. 6 BetrVG besteht.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Diese Entscheidung ist schon ein wenig älter. Aber aus mehr oder weniger aktuellem Anlass (Frage während eines Seminars) möchte ich hier die Gelegenheit aufgreifen, mich anhand des genannten Urteils ein wenig zum Thema Anwesenheitsprämie auszulassen.
Anwesenheitsprämien sind grundsätzlich zulässig. Dazu jedoch unter Rubrik Recht von A bis Z mehr.
Anwesenheitsprämien haben generell etwas „muffiges“ an sich. Sie sollen letzlich diejenigen unter den Arbeitnehmern mit einer Sonderzahlung belohnen, die selten krank sind oder sich trotz Krankheit zur Arbeit schleppen. Nunmehr hatte sich das LAG Hamm mit der Frage auseinanderzusetzen, ob Anwesenheitsprämien bereits bei einem einzigen Krankheitstag gestrichen werden können. Im vorliegenden Fall versprach der Arbeitnehmer auf einer Betriebsversammlung allen Mitarbeitern eine Prämie von € 1000. Voraussetzung war jedoch, dass im Folgejahr kein Krankheitstag anfiel. Das LAG Hamm war der Auffassung, dass diese Art der Anwesenheitspränie gegen § 4a Entgeltfortzahlungsgesetz verstoße und daher unwirksam sei. Denn nach § 4a EntgeltfortzahlungsG dürfen Sonderzahlungen im Krankheitsfalle zwar gekürzt werden, aber für jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit maximal nur um ein Viertel des Arbeitsentgeltes, das im Jahresdurchschnitt auf einen Arbeitstag entfällt. Die Individualvereinbarung (hier: ich zahle gar nichts, wenn du nur einen Tag krank bis) war also wesentlich schlechter, als die gesetzliche Regelung. Nun könnte man aber auf die Idee kommen, dass Angebot des Arbeitgebers so weit zu reduzieren, dass zumindest die gesetzliche Regelung gilt. Hier hat das LAG Hamm aber einen Riegel vorgeschoben. Die Richter waren der Auffassung, dass das auf der Betriebsversammlung gemachte Angebot eine Gesamtzusage ( mehr unter dem Stichwort „Gesamtzusage“) ist und diese dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegt (dazu mehr unter dem Stichwort „Allgemeine Geschäftsbedingungen“) und somit der strengen Prüfung für Formularverträge unterworfen ist. Die Gesamtzusage des Arbeitgebers verstößt gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, weil die gesetzliche Regelung des § 4a EntgeltfortzahlungsG eine wesentlich geringere Kürzung vorsieht. Die Klausel wird also komplett gestrichen und eben nicht auf das nach § 4a EntgeltfortzahlunsG erlaubte reduziert. Hintergrund ist, dass derjenige, der dem anderen die Vertragsbedingungen vorgibt und dabei deutlich „überzieht“ nicht lediglich auf das rechtliche Maß zurückfallen kann und somit kein Risiko hat, sondern mit dem kompletten Wegfall der Klausel bestraft wird.
Im vorliegenden Fall erhielt die klagende Mitarbeiterin die volle Prämie von € 1000. Trotz 24 Tagen Arbeitsunfähigkeit.

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Blog für Betriebsräte

Warum dieser Blog? Im Laufe meiner wechselnden juristischen Tätigkeiten musste ich immer wieder feststellen, dass viele gerichtliche Entscheidungen häufig nur schwer zu verstehen sind und beim Leser nicht selten zu Missverständnissen führen. Mit diesem Blog möchte ich aktuelle oder auch ältere Entscheidungen in verständlicher Form präsentieren und diese gegebenenfalls auch kommentieren. Gleiches gilt für eine Vielzahl von Rechtsbegriffen, deren Erläuterung hier ebenfalls nach und nach erscheinen.
Dieser Blog wird sich in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten immer wieder verändern und mit Inhalten füllen. Ich bin bemüht erste Inhalte so schnell wie möglich zu veröffentlichen und hoffe auf eine interessierte Leserschaft unter den Betriebsräten.
Eine Rechtsberatung findet ausdrücklich nicht statt.

Recht für Betriebsräte