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„Wozu braucht man überhaupt eine Betriebsversammlung? Wir können doch Rundmails schreiben oder einen Eintrag im Intranet veröffentlichen!“

Achtung! Hier droht ein Amtsenthebungsverfahren!

Denn der Betriebsrat ist gesetzlich dazu verpflichtet, einmal in jedem Kalendervierteljahr eine ordentliche Betriebsversammlung einzuberufen (§43 Abs. 1 Satz 1 BetrVG). Beruft der Betriebsrat zu wenige Betriebsversammlungen im Jahr ein, verletzt er seine Pflichten gemäß §23 Abs. 1 BetrVG in grober Weise. Im schlimmsten Fall kann das sogar in einem Amtsenthebungsverfahren enden.

„Der Gesetzgeber dachte bestimmt, Betriebsräte trinken sowieso nur Kaffee, da überlegen wir uns mal eine kleine Beschäftigungstherapie.“

Natürlich kosten auch die Vorbereitungen einer Betriebsversammlung Zeit. Aber der Gesetzgeber hatte einen triftigen Grund für diese Regelung. Er möchte der ganzen Belegschaft die Möglichkeit geben, ihre Anliegen vorzutragen. Auch der Betriebsrat soll darlegen können, was er in den vergangenen Monaten vorangebracht hat.

Mit den richtigen Tipps und ein bisschen Erfahrung werden Sie zudem in den Vorbereitungen Ihrer Betriebsversammlung stetig routinierter und effektiver.

Einige wertvolle Hinweise finden Sie in diesem Video.

 

Allgemein

Betriebsversammlungen können anstrengend sein. Besonders dann, wenn sie wie hier in einem sieben stündigen Marathon ausarten. Dies wusste auch der Betriebsratsvorsitzende, als er die 55 köpfige Belegschaft zur Betriebsversammlung einlud. Auch war ihm wohl klar, dass alle Anwesenden diese Veranstaltung ohne entsprechende Verpflegung nicht gänzlich unbeschadet überstehen würden. Also beantragte er beim Arbeitgeber die Verpflegungskosten in Höhe von € 30,- zu übernehmen. Doch welch Überrraschung, der Arbeitgeber lehnte ab. Frei nach dem alten Poesiealbumspruch „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut“ verauslagte der Betriebsratsvorsitzende kurzerhand € 39,71 und verpflegte seine Jünger mit Getränken und Backwaren. Zu meinem Erstaunen aber nicht mit den allseits beliebten und von mir stets verschmähten Mettbrötchen mit Zwiebeln. Dazu sei angemerkt, dass es sich beim Arbeitgeber um eine Verkaufsfiliale eines Textilunternehmes handelt und da machen sich halt nach Zwiebeln riechende Mitarbeiter nicht gut. Soweit so gut. Der Betriebsrat beantragte erstinstanzlich beim Arbeitsgericht Nürnberg den Arbeitgeber zu verpflichten, einen angemessenen Kostenzuschuss in Höhe von mindestens € 40 für die Bewirtung von Teilnehmern auf Betriebsversammlungen zu gewähren, hilfsweise dem Betriebsratsvorsitzenden den Betrag von € 39,71 zu erstatten. Der Antrag blieb erfolglos. Ebenso die Beschwerde beim LAG Nürnberg. Das LAG führt dazu aus, dass der Betriebsrat keinen Anspruch aus § 40 Abs. 1 BetrVG auf Erstattung der verauslagten Kosten hat. Nach § 40 Abs. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber die durch die Betriebsratstätigkeit entstehenden Kosten zu tragen. Diese Pflicht steht aber unter dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Daher hat der Betriebsrat die durch seine Tätigkeit entstehenden Kosten auf das notwendige Maß zu beschränken. Zu den Aufgaben des Betriebsrats gehört nicht, die Teilnehmer einer Betriebsversammlung zu bewirten. Der Betriebsrat hätte den Erschöpfungszuständen der Teilnehmer des Versammlungsmarathons durch ausreichende Pausen vorbeugen können. In diesen Pausen hätten die Teilnehmer sich auch mit Getränken und Speisen (z. B. Mettbrötchen Anm. des Autors) selbst verpflegen können. Die Einnahme von Getränken oder Speisen während einer Unterbrechung seiner Arbeitszeit, zählt für jeden Mitarbeiter zu seiner persönlichen Lebensführung. Dies gilt auch für Betriebsversammlungen.
Darum merke: Edel, hilfreich und gut zahlt sich nicht immer aus.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Diese Entscheidung ist schon ein wenig älter. Aber aus mehr oder weniger aktuellem Anlass (Frage während eines Seminars) möchte ich hier die Gelegenheit aufgreifen, mich anhand des genannten Urteils ein wenig zum Thema Anwesenheitsprämie auszulassen.
Anwesenheitsprämien sind grundsätzlich zulässig. Dazu jedoch unter Rubrik Recht von A bis Z mehr.
Anwesenheitsprämien haben generell etwas „muffiges“ an sich. Sie sollen letzlich diejenigen unter den Arbeitnehmern mit einer Sonderzahlung belohnen, die selten krank sind oder sich trotz Krankheit zur Arbeit schleppen. Nunmehr hatte sich das LAG Hamm mit der Frage auseinanderzusetzen, ob Anwesenheitsprämien bereits bei einem einzigen Krankheitstag gestrichen werden können. Im vorliegenden Fall versprach der Arbeitnehmer auf einer Betriebsversammlung allen Mitarbeitern eine Prämie von € 1000. Voraussetzung war jedoch, dass im Folgejahr kein Krankheitstag anfiel. Das LAG Hamm war der Auffassung, dass diese Art der Anwesenheitspränie gegen § 4a Entgeltfortzahlungsgesetz verstoße und daher unwirksam sei. Denn nach § 4a EntgeltfortzahlungsG dürfen Sonderzahlungen im Krankheitsfalle zwar gekürzt werden, aber für jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit maximal nur um ein Viertel des Arbeitsentgeltes, das im Jahresdurchschnitt auf einen Arbeitstag entfällt. Die Individualvereinbarung (hier: ich zahle gar nichts, wenn du nur einen Tag krank bis) war also wesentlich schlechter, als die gesetzliche Regelung. Nun könnte man aber auf die Idee kommen, dass Angebot des Arbeitgebers so weit zu reduzieren, dass zumindest die gesetzliche Regelung gilt. Hier hat das LAG Hamm aber einen Riegel vorgeschoben. Die Richter waren der Auffassung, dass das auf der Betriebsversammlung gemachte Angebot eine Gesamtzusage ( mehr unter dem Stichwort „Gesamtzusage“) ist und diese dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegt (dazu mehr unter dem Stichwort „Allgemeine Geschäftsbedingungen“) und somit der strengen Prüfung für Formularverträge unterworfen ist. Die Gesamtzusage des Arbeitgebers verstößt gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, weil die gesetzliche Regelung des § 4a EntgeltfortzahlungsG eine wesentlich geringere Kürzung vorsieht. Die Klausel wird also komplett gestrichen und eben nicht auf das nach § 4a EntgeltfortzahlunsG erlaubte reduziert. Hintergrund ist, dass derjenige, der dem anderen die Vertragsbedingungen vorgibt und dabei deutlich „überzieht“ nicht lediglich auf das rechtliche Maß zurückfallen kann und somit kein Risiko hat, sondern mit dem kompletten Wegfall der Klausel bestraft wird.
Im vorliegenden Fall erhielt die klagende Mitarbeiterin die volle Prämie von € 1000. Trotz 24 Tagen Arbeitsunfähigkeit.

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte