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LehrlingZu den allgemeinen Aufgaben des Betriebsrates gehört es, die Beschäftigung im Betrieb zu fördern. Aber wie kann dies aussehen? Ein schönes Beispiel kommt hier aus Berlin, von uns ausdrücklich zur Nachahmung empfohlen:

16 Berliner Unternehmen mit Landesbeteiligung haben sich entschlossen, Ihre Auswahlkriterien zur Vergabe von Ausbildungsplätzen zu lockern. Damit schlagen sie zwei Fliegen mit einer Klappe. Zum Einen, geben sie schwächeren Jugendlichen eine Chance  – denn die normalen Einstellungstests würden sie aufgrund ihrer Schulnoten wahrscheinlich nie bestehen, zum Anderen haben sie Nachwuchssorgen und können viele Stellen nicht besetzen. Wegen des demografischen Wandels gibt es erheblich weniger Nachwuchs – und dieser zieht häufig das Studium der Ausbildung vor. Die Zeiten, in denen die Unternehmen in einer Flut von Bewerbungen gnadenlos aussieben konnten, sind längst vorbei.

Allgemein

praktikantSie werden gern für das Kaffeekochen oder Kopieren eingesetzt, die Praktikanten. Es gibt schließlich genug Arbeiten, für die die Festangestellten zu teuer sind. Und das ist genau das Stichwort: Die Bezahlung der Praktikanten. Dabei ist diese gesetzlich geregelt. Praktikanten haben seit Januar letzten Jahres Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde.

Grundsätzlich ist das so, aber der Gesetzgeber hat zahlreiche Ausnahmen zugelassen. Dazu gehört u.a. das freiwillige, bis zu 3-monatige Praktikum während eines Studiums oder das Pflichtpraktikum im Rahmen einer schulischen, betrieblichen oder universitären Ausbildung. D.h. viele Praktikanten profitieren gar nicht von der Mindestlohnregelung. Und findige Arbeitgeber versuchen darüber hinaus immer wieder, diese Regelung zu umgehen.

Protest ist für die Praktikanten kaum möglich, sie sind in der Regel froh, überhaupt einen Praktikumsplatz zu bekommen und sehen diesen oft als Einstieg in den Beruf. Durch Aufmüpfigkeit würde man es sich mit dem potentiellen Arbeitgeber verscherzen. Da hält man lieber den Mund und schluckt den zu geringen Lohn bzw. die Arbeit zum Nulltarif und arbeitet auch schon einmal eine Stunde länger.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat dazu eine neue Studie „Faktencheck zum Praktikum und Mindestlohn“ veröffentlicht. Wen wundert‘s: Die Qualität der Praktikumsplätze lässt häufig zu wünschen übrig. Lerninhalte gibt es oft nur auf dem Papier, feste Ansprechpartner fehlen und Arbeitszeiten werden oft nicht eingehalten, einheitliche Regelungen für Krankheit und Urlaub fehlen. Und die Arbeitgeber tricksen hinsichtlich der Umschiffung des Mindestlohns. Da wird schon mal die Praktikumsdauer verkürzt, damit der Mindestlohn gar nicht erst greift.

D.h. von einem sicheren Einstieg vom Praktikum ins Berufsleben kann nicht die Rede sein. Folglich machen sich über 78% aller Praktikanten Sorgen um ihre wirtschaftliche Situation.
Tatsächlich bieten auch viele Unternehmen seit Anfang 2015 weniger Praktikumsplätze an, mit dem Argument, dass Unternehmen von den Praktikanten nicht nur profitieren, sondern dass diese auch viel Zeit und Geld kosten.

Vielleicht muss der Gesetzgeber doch noch einmal nachbessern und die vielen Ausnahmen zum Mindestlohn für Praktikanten abschaffen? Und einen Mindestlohn für Pflichtpraktika festlegen. Praktikanten müssen ihren Lebensunterhalt schließlich auch finanzieren.

Recht für Betriebsräte