Autor: <span>Sabine Schultz</span>

streikIhnen allen ist sie ein Begriff: Ver.di, die Gewerkschaft für die Belange der Dienstleistungsangestellten. Ver.di selbst ist jedoch auch Arbeitgeber, von deutschlandweit rund 3.000 Angestellten. Und wie kann es anders sein, auch hier steht nicht alles zum Besten mit der Mitarbeiterzufriedenheit. Die kleine Gewerkschaft der Gewerkschaftsbeschäftigten (GdG) organisierte mit Ver.dis Gesamtbetriebsrat Warnstreiks in einigen Städten. Ca. 1.000 Beschäftigte legten für die Forderung nach 5% mehr Lohn und Gehalt sowie Arbeitsplatzgarantie die Arbeit nieder.

Im Frühling hat Ver.di selbst für den Öffentlichen Dienst eine 6 prozentige Erhöhung des Lohns gefordert. Ihren eigenen Mitarbeitern bietet die große Gewerkschaft – man höre und staune – allerdings nur ein Plus von knapp 1% an. Da passt doch irgendetwas nicht. Für die eigenen Angestellten gelten also die ureigenen Forderungen nicht – schwer nachzuvollziehen.

Das haben sich sicherlich die Ver.di Mitarbeiter auch gedacht, die der kleinen GdG beigetreten sind, oft heimlich, weil es bei ihren Vorgesetzten nicht gern gesehen wird. Und bisher verhandelt Ver.di auch nicht mit der GdG. Die Mitgliederzahl sei mit etwa 1.000 zu niedrig, Vertreter der Arbeitnehmerrechte sei der eigene Gesamtbetriebsrat, dieser sei Verhandlungspartner für Entgeltverhandlungen. Laut einer Pressemitteilung von „Die Welt“ habe Ver.di gesagt, sie selbst seien die Gewerkschaft der Gewerkschaftsbeschäftigten, da diese ja auch im Dienstleistungssektor tätig seien. Schließlich sei es ja auch Quatsch, dass Ver.di Mitarbeiter und gleichzeitig auch -Mitglieder für eine zweite Gewerkschaft Beiträge zahlen sollen.

Also auch bei den Gewerkschaften als Arbeitgeber gibt es noch viel zu tun: starke Arbeitnehmervertretungen sind gefragt. Nicht nur bei Ver.di!

Recht für Betriebsräte

HandschlagUmgangsformen sind wichtig. Das haben uns schon unsere Eltern beigebracht – den meisten von uns jedenfalls. Freundlich grüßen, sich vorstellen, Hände schütteln…so ist das formelle Prozedere, wenn wir einen Raum betreten. Ist der Handschlag jedoch wirklich notwendig und überhaupt sinnvoll? Oder ist er einfach nur typisch deutsch?

Als vor einiger Zeit der Fall eines jungen Muslims durch die Presse ging, der seiner Lehrerin den Handschlag verweigerte, war die öffentliche Empörung groß. Der Muslim begründete dies mit seiner Religion, dass er Frauen nicht berühren möchte, was keineswegs respektlos sei, sondern von Respekt zeuge, weil er ihnen keine Berührung aufzwängen möchte. Denn diese fänden sie möglicherweise unangenehm. Eine abwertende Geste sei dies keineswegs.

Viele Ärzte oder Mitarbeiter im Gesundheitswesen verzichten auch auf den Handschlag, denn dadurch werden viele Krankheitserreger übertragen. Und der Handschlag ist sicherlich nicht die einzige Art, sich freundlich und respektvoll zu begrüßen: Franzosen und Südeuropäer geben sich ein Küsschen (oder auch 2 oder 3), die Japaner umarmen sich und manch einer lächelt einfach nur freundlich und legt die Hand aufs Herz.

Können wir im Zeitalter der Globalisierung wirklich verlangen, dass man sich in Deutschland zur Begrüßung die Hände zu schütteln hat? Ein Recht auf Händeschütteln gibt es schließlich nicht – im Gegensatz zu bestimmten Rechten aus dem Allgemeinen Gleichhandlungsgesetz (AGG). Dort steht, dass niemand z.B. aufgrund seines Geschlechts benachteiligt werden darf, wenn er z.B. Arbeitsverträge abschließt. Wenn allerdings ein Schüler seiner Lehrerin nicht die Hand schüttelt hat das keine rechtlichen Auswirkungen und kann deshalb auch nicht geahndet werden.

In unserem Grundgesetz steht, dass jeder seine Religion frei ausüben darf. Wenn dadurch niemand gestört wird, sollte grundsätzlich auf religiöse Empfindungen Rücksicht genommen werden. Und unser Grundgesetz sieht auch keine strikte Trennung zwischen Staat und Religion vor, Religionsgemeinschaften dürfen sich im öffentlichen Leben einbringen.

Arbeitsrechtlich ist aber nach wie vor nicht abschließend geklärt, ob der Arbeitgeber die Möglichkeit hat, einem Angestellten zu kündigen, wenn dieser den Handschlag aus religiösen Gründen verweigert. Dazu müsste auch definiert werden, für welche Berufe ein Handschlag zwingend erforderlich ist, oder ob nicht ein verbaler Gruß verbunden mit einem Lächeln ausreichend sei. Dies dürfte schwierig sein. Schließlich kann der Arbeitgeber ggf. auch die Möglichkeit einer Versetzung in einen Arbeitsbereich ohne Kundenkontakt prüfen.

Hand aufs Herz: Ist es nicht eigentlich egal, wie wir uns begrüßen – Hauptsache es ist respektvoll und freundlich?

Allgemein

gaertnerH. ist seit 30 Jahren als Landschaftsgärtner angestellt. Bei einer Körpergröße von 1,94 wiegt er 200 Kilo. Das führt zu Problemen mit seinem Arbeitgeber. Sein Chef kündigte ihm aufgrund praktischer Probleme im Betriebsalltag. Er sei zu schwer, um auf eine Leiter zu steigen, er könne nicht mehr mit dem Kleintransporter des Gärtnerbetriebs fahren, da neben ihm nur eine weitere, statt der ursprünglich vorgesehenen zwei weiteren Personen auf die Sitzbank passe und selbst steuern könne er den Kleintransporter ohnehin nicht mehr. Graben- und Kanalarbeiten seien schwierig, da er nicht in die vorgeschriebene Grabenbreite passe. H.s Chef hat ihn schon ein Jahr vor der Kündigung überredet, an einem Gesundheitsprogramm eines Adipositaszentrums teilzunehmen, um sein Gewicht zu reduzieren. Leider ohne Erfolg.

Der Gärtnereibetrieb kündigte ihm daraufhin und H. zog vor Gericht, um seinen Arbeitsplatz und 6.000 Euro Entschädigung zu verlangen. Er selbst war nämlich der Meinung, er könne all seine betrieblichen Aufgaben ohne Einschränkung erledigen.

Die erste Instanz gab dem Gärtner recht, dass die Kündigung nicht rechtens sei, lehnte aber eine Entschädigung ab. Sowohl H. als auch sein Arbeitgeber legten daraufhin Berufung ein. Am LAG wurde dann ein Vergleich geschlossen. Der Gärtner wird weiterhin für den Betrieb arbeiten, muss aber abspecken. Eine Entschädigung bekommt er allerdings nicht.

Begründet hat das Gericht seine Entscheidung folgendermaßen: Fettleibigkeit könne nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs auch als Behinderung eingestuft werden. Und Arbeitnehmer dürfen u.a. wegen einer Behinderung nicht benachteiligt werden. Liegen schwere Behinderungen vor, wird das örtliche Integrationsamt hinzugezogen, das den betroffenen Arbeitnehmer unterstützt und ggf. zur Vermeidung einer Kündigung beiträgt.

Der Arbeitgeber hat dem Urteil zufolge eine besondere Verantwortung. Er muss den Betroffenen auch vor Witzeleien und bösen Kommentaren einiger Kollegen zu schützen. Wird daraus Mobbing, muss er die Initiatoren sogar entlassen.

In Zukunft, werden die Gerichte vermutlich noch häufiger darüber zu entscheiden haben, was passiert, wenn der Boss einen Mitarbeiter zu dick findet. Im Jahr 2014 haben sich laut BEK in Deutschland mehr als 7 Millionen Menschen wegen Fettleibigkeit behandeln lassen. Das sind erschreckende 14% mehr als in 2006.

Individualarbeitsrecht

SachgrundIm Netzwerk „Chefsache“ haben sich Führungskräfte aus Wirtschaft, Wissenschaft und des öffentlichen Lebens zusammengeschlossen. Ihnen liegt die Chancengleichheit von Frauen und Männern am Herzen, wohlwissend, dass nur ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis die deutsche Wettbewerbsfähigkeit sichere und letztlich Grundlage für gesellschaftlichen Wohlstand sei.

Deutschland könne es sich nicht leisten, gut ausgebildete Talente vom Erfolg auszuschließen – egal ob Mann oder Frau. Alle sollten die Chance haben, entsprechend ihrer Stärken Verantwortung zu übernehmen, damit alle Ressourcen und Innovationspotenzial genutzt werden können. Das sei nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern zahle sich unmittelbar ökonomisch aus.

Die Initiative Chefsache hat sich zum Ziel gesetzt, den gesellschaftlichen Wandel dorthin mit neuen Ansätzen und Konzepten zu unterstützen und eine Kultur der Wertschätzung in den Unternehmen zu etablieren. Es sei an der Zeit, dass unterschiedliche Lebensläufe anerkannt und Einstellungen fairer und flexibler gehandhabt werden. Als prominente Schirmherrin konnte Angela Merkel gewonnen werden.

Wie stehen denn eigentlich Sie zur Chancengleichheit in der Arbeitswelt? Sind Sie  tatsächlich frei von Vorurteilen – auch unbewusst?

Haben Sie Lust auf einen kleinen Test, um das herauszufinden? Die Initiative Chefsache hat dazu den kostenlosen „Uniconscious-Bias-Test“ entwickelt, der auf dem wissenschaftlich erprobten Impliziten Assoziationstest (IAT) der Harvard University basiert. Sie benötigen dazu nur Ihren Computer mit Tastatur.

Sie werden sehen, Sie erfahren viel Neues über sich und die Ergebnisse werden sich sicherlich nicht immer mit der eigenen Wahrnehmung decken.

 

 

Recht für Betriebsräte