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…schallt es über das Werksgelände. So geschehen im Zuständigkeitsbereich des Arbeitsgerichts Koblenz. Ich kenne diesen Ruf und er erinnert mich an einen Ferienjob nach dem Abitur. Was ich an dieser Stelle aber nicht möchte, ist meine Nebenjobs während des Studiums aufzählen. Wer sich dafür (nicht für meine) interessiert, findet bei Carsten R. Hoenig mehr dazu. Hier geht es um einen Betriebsrat, und zwar um einen „besonderen“ Betriebsrat. Den freigestellten Betriebsrat. Das sind die, bei denen sich die Arbeitgeber immer fragen, was die den ganzen Tag machen. Ich wiederhole nochmal: die Arbeitgeber, um hier keine Missverständnisse aufkommen zu lassen. Der freigestellte Betriebsrat ist in § 38 BetrVG und in § 37 Abs. 2 BetrVG, dort aber nicht ausdrücklich, geregelt. § 38 Abs. 1 BetrVG können wir entnehmen, dass bei Betrieben mit in der Regel 200 bis 500 Arbeitnehmern ein Betriebsratsmitglied von seiner beruflichen Tätigkeit freizustellen ist. Doch was passiert, wenn die Anzahl der regelmäßig Beschäftigten im Betrieb unter den Schwellenwert von 200 sinkt. Muss der freigestellte Betriebsrat dann wieder an die „Arbeit“? Oder kann er sich darauf berufen, dass zum Zeitpunkt des Beschlusses (bzgl. der Freistellung) die Mitarbeiterzahl noch bei min. 200 lag? Machen wir es kurz und schmerzlos. Kann er nicht, so das LAG Rheinland-Pfalz in seiner Entscheidung vom 14.05.2013 Az. 6 SaGa 2/13. Um Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu vermeiden sorgt § 38 Abs.1 BetrVG dafür, dass die Erforderlichkeit eines freigestellten Betriebsrats vermutet wird, und zwar gestaffelt nach der Arbeitnehmerzahl. Sinkt diese unter den Schwellenwert von 200, ist die Erforderlichkeit u. U. nicht mehr gegeben, so dass die Zahl der freigestellten Betriebsräte angepasst werden muss. Die Zahl der Freistellungen kann sich also im Laufe einer Amtsperiode in beide Richtungen ändern. Im zu entscheidenden Fall sank die Anzahl der Arbeitnehmer auf unter 200 und blieb dort auch konstant. Demnach hätte der freigestellte Betriebsrat wieder zurück auf seinen Arbeitsplatz gemusst. Aber es gibt noch § 37 Abs. 2 BetrVG.

Für Betriebe, deren Belegschaftsstärke in der Regel 200 Arbeitnehmer nicht überschreitet, kann in Ausnahmefällen nach dem Grundtatbestand des § 37 Abs. 2 BetrVG die völlige oder teilweise Freistellung eines Betriebsratsmitgliedes geboten sein, wenn diese Freistellung zur ordnungsgemäßen Durchführung der Betriebsratsaufgaben erforderlich ist.“,

 so das BAG in einer Entscheidung aus dem Jahr 1991.

„Voraussetzung für die zusätzliche Freistellung eines weiteren Betriebsratsmitglieds ist die Darlegung, dass nach Art und Umfang des Betriebes die zusätzliche Freistellung zur ordnungsgemäßen Durchführung der dem Betriebsrat obliegenden Aufgaben erforderlich ist…“

Die Hürde ist hoch. In den meisten Fällen dürfte die Hürde sogar zu hoch sein. So auch im vorliegenden Fall, mit dem Ergebnis, dass der freigestellte Betriebsrat wieder an seinen alten Arbeitsplatz zurück musste.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

…sagen die Arbeitgeber. Nicht ich. Und die Betriebsräte auch nicht. Das dürfte klar sein. Im Jahre 2003/04 betrugen die Gesamtkosten der Betriebsratstätigkeit pro Mitarbeiter und Jahr 337,95 EUR (Quelle: Horst-Udo Niedenhoff, Mitbestimmung in der Bundesrepublik Deutschland, 14. Auflage 2005). Ok, schon etwas älter. Aber nicht uninteressant. Doch was macht die Betriebsratsarbeit so „teuer“? Es ist einzig und allein der § 40 Abs. 1 BetrVG. So denke ich. Danach trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten. Soweit sie denn notwendig sind. Und hierüber herrscht doch oft Uneinigkeit. Gerade bei Schulungen, Tagungen, Kongressen etc., stellt sich die Frage, ob diese denn erforderlich im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG sind. So, und das war mein Aufhänger.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Wie die Süddeutsche Zeitung in ihrer Online-Ausgabe berichtet, plant der Amerikaner Jamen Shively eine Handelskette für Marihuana zu schaffen. Vorbild sollen Konzerne wie Starbucks oder Pizza Hut sein, nur dass eben keine Pizza oder Kaffee verkauft wird, sondern ordentliches Gras. Zwar solle es noch einige kleinere rechtliche Hürden geben, doch langfristig peilt Jamen Shively 40 Prozent des Weltmarktes an. Marihuana solle laut Unternehmens-Homepage so konsumiert werden, wie eine feine Zigarre, eine Edelschokolade oder ein Cognac. Na dann! Doch verlassen wir die Niederungen des Kiffens und schwingen uns auf in die höheren (oder auch niederen) Weihen des Arbeitsrechts. Stellen wir uns also vor, Herr Shively möchte seine Firma in Deutschland aufbauen. Dafür brauchen wir natürlich Mitarbeiter. Ist ganz wichtig. Wird von Arbeitgebern oft vergessen, dass es in der Regel ohne Mitarbeiter nicht geht. Der Satz: „Ich schmeiß euch alle raus!“, ist nur eine leere Drohung.
Wir schalten also erstmal eine Stellenanzeige. Gesucht werden Mitarbeiter/innen (Achtung! Auf AGG-Konformität achten) mit ersten Erfahrungen im Konsum weicher Drogen. Solche Sachen wie Leistungsbereitschaft usw. ist natürlich selbstverständlich. Im anschließenden Vorstellungsgespräch gibt es keinen Kaffee oder Wasser, sondern ne schöne Tüte. Das entkrampft die Situation ganz erheblich. Wichtig ist aber, dass die wesentlichen Vertragsbestandteile unverzüglich schriftlich dokumentiert werden, da andernfalls die Gefahr besteht, dass sich niemand mehr an den Inhalt des Gespräches erinnern kann. Im Zweifel hilft dann auch das Nachweisgesetz (NachweisG) nicht mehr. Ein Gesetz übrigens, dessen Bedeutung sich mir immer noch nicht gänzlich erschließt.
Haben wir unsere Mitarbeiter, müssen wir noch schauen, ob wir einen Betriebsrat wählen können. Die Voraussetzungen dafür stehen in § 1 BetrVG. Jetzt haben wir alles und könne starten. Strafrechtliche Aspekte muss ich hier leider aufgrund mangelnder Kenntnisse unberücksichtigt lassen.
Herr Shively ist übrigens nicht irgendwer, sondern war mal Strategie-Manager bei Microsoft. Bei ihm hat der Begriff high potential scheinbar eine ganz andere Bedeutung.

Schönen Start in die Woche!

Kuriositäten

Interessenkollision bei einer Kündigungszustimmung

Wir stellen uns folgenden, wirklich sehr einfachen Fall vor. Auf der einen Seite haben wir einen Betriebsrat und auf der anderen Seite eine Betriebsrätin. Nein, um die Problematik Mann gegen Frau geht es hier nicht. Allenfalls unterschwellig. 🙂 Beide arbeiten im selben Betrieb und sind somit natürlich auch im selben Betriebsrat. Die Betriebsrätin ist als Junior-Projektleiterin die Vorgesetzte des Betriebsrats, der als Kundenberater bei der Arbeitgeberin, also der Beklagten beschäftigt war. Bei der Beklagten handelt es sich um ein Unternehmen für „Dialogmarketing“. Was das ist, weiß ich nicht. Die Betriebsrätin wirft dem Betriebsrat Arbeitszeitbetrug in nicht unerheblichem Umfang vor. Zwischen beiden kam es zu einer Aussprache. Noch am gleichen Tag verfasste die Betriebsrätin eine Email an „ihr“ Gremium, in der sie die Gründe für die beabsichtigte fristlose Kündigung ihres Kollegen (des Betriebsrats) darlegte. In einem solchen Fall Bedarf die außerordentliche Kündigung der Zustimmung des Betriebsrats. Die Kündigungszustimmung ist in § 103 Abs. 1 BetrVG geregelt. Die Problematik dieses Falls dürfte jetzt so langsam sichtbar werden. „Unsere“ Betriebsrätin nahm nämlich selbst an der Sitzung teil. Der Betriebsrat stimmte der Kündigung zu und teilte dies auch der Arbeitgeberin mit. Das dieser „Vorgang“ irgendwie nicht ganz sauber ist, dürfte wohl auf der Hand liegen. Denn auf der einen Seite betreibt die Betriebsrätin in ihrer Funktion als Vorgesetzte die Kündigung, und auf der anderen Seite stimmt sie im Gremium über ihre „eigene“ Kündigung ab. Dies sah auch das ArbG Berlin so und sah die Junior-Projekleiterin als Repräsentant (Genderkonform muss es natürlich Repräsentantin heißen) der Arbeitgeberin an. Die Frage ist nur, wie man diese Art der Intereressenkollision vermeiden kann. Denn eine außerordentliche Kündigung eines Betriebsratsmitglieds ohne Kündigungszustimmung ist unwirksam. In diesem Fall hilft uns § 25 Abs. 1 S. 2 BetrVG. Man hätte die Betriebsrätin einfach als „zeitlich verhindert“ behandeln müssen, um sodann ein Ersatzmitglied zu laden. Und schon passt es wieder. Die Kündigung war natürlich unwirksam.

Was lernen wir daraus? 1.) Schulungen besuchen. 2.) www.br2014.de lesen 3.) Das es neben einer Junior-Projektleitung auch eine Senior-Projektleitung geben muss.

Das Urteil hab ich im Volltext noch nicht gefunden.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Vertrauensvolle Zusammenarbeit heißt so viel wie Auge um Auge, Zahn um Zahn. Wie du mir, so ich dir.

Nein, natürlich nicht. Das sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht immer einig sind, ist nichts Neues. Auch, dass die vertrauensvolle Zusammenarbeit manchmal nicht ganz so rund läuft, überrascht keinen. Gerade, wenn es um Umstrukturierungsmaßnahmen geht, kann sich der Betriebsrat schon mal übergangen fühlen. Ob es sich hierbei aber gleich um eine Ordnungswidrigkeit nach § 121 BetrVG handelt, bedarf einer gründlichen Prüfung des Sachverhaltes. Insbesondere müssen weitere Versuche, den Arbeitgeber zur Einhaltung der gesetzlichen Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte zu bewegen, aussichtslos erscheinen. Erst dann darf man die große „Keule“ des § 121 BetrVG schwingen.
Der Arbeitgeber war vorliegend aber auch nicht zimperlich und kam mit dem scharfen Schwert der Betriebsratsauflösung um die Ecke. Auge um Auge, Zahn um Zahn halt. Das Schwert erwies sich jedoch als stumpf, da der Arbeitgeber an den aufgetretenen Spannungen nicht ganz unschuldig war. Zwar habe der Betriebsrat mit seiner Anzeige gegen die Verpflichtung zur vertrauensvollen Zusammenarbeit verstoßen, da diese geeignet sei, das Ansehen des Arbeitgebers und das Vertrauen der Belegschaft in dessen Redlichkeit zu erschüttern. Doch wenn wie hier, der Arbeitgeber nicht unwesentlich an den Spannungen beteiligt war, rechtfertigt dies nicht die Auflösung des Betriebsrats.

Den Beschluss gibt es hier diesmal nicht.

„Dieses war der erste Streich, doch der zweite folgt sogleich

Wilhelm Busch

Wollen wir es nicht hoffen und halten uns lieber an die vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Das § 78 S. 2 BetrVG ein Benachteiligungsverbot enthält, ist wohl offensichtlich. Das diese Vorschrift aber auch einen Erfüllungsanspruch beinhalten kann, war zumindest mir (Asche auf mein Haupt) neu. So sagt zumindest das BAG in einem Urteil vom 15.01.1992. Im konkreten Fall sorgte dieser Erfüllungsanspruch dafür, dass die Beklagte (wie so oft die Arbeitgeberin) zur Abgabe einer Willenserklärung gem § 894 ZPO verurteilt wurde. Aha! Mal was anderes. Doch warum. Nun, der Sachverhalt ist eigentlich recht überschaubar. Unsere Klägerin ist freigestellte Betriebsratsvorsitzende bei der Beklagten und hat es doch tatsächlich „gewagt“, sich auf eine interne Stellenausschreibung als „Customer Servivce Manager“ (Was ist das?) zu bewerben. Problem bei der ganzen Sache war nur, dass das Vorstellungsgespräch positiv verlief und man sich das Ja-Wort geben wollte. Bedingung war aber, dass die Klägerin nicht nur ihre Freistellung, sondern auch ihr Amt als Betriebsratsvorsitzende aufgeben sollte. Dies wollte die Klägerin aber nicht, so dass die Stelle an einen externen Bewerber vergeben wurde, nachdem man der Klägerin bereits einen Arbeitsvertragsentwurf zukommen ließ.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig kein Arbeitsvertrag zustandegekommen. Das Gericht verurteilte die Beklagte aber zur Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung gem. § 894 ZPO. Die Beklagte ist nach Auffassung des Gerichts verpflichtet gewesen, das Angebot der Klägerin, die Tätigkeit zu den vereinbarten Bedingungen, anzunehmen. Das Gericht nahm an, dass die Klägerin das Angebot der Beklagten nur deshalb nicht angenommen habe, weil diese sich weigerte ihr Amt als Betriebsratsvorsitzende aufzugeben. Die Klägerin darf jedoch nicht wegen ihrer Betriebsratstätigkeit benachteiligt werden. Dies gebietet das Benachteiligungsverbot des § 78 S. 2 BetrVG. Hieraus folgt, dass die Klägerin so zu stellen ist, wie sie ohne die unzulässige Benachteiligung gestanden hätte. Vereinfacht gesagt: Job als „Costumer Service Manager“ zu den ausgehandelten Bedingungen.

Das letzte Wort ist hier aber noch nicht gesprochen. Das LAG Baden-Württemberg hat die Revision zugelassen. Diese wird derzeit unter dem Az.: 7 AZR 115/12 beim BAG geführt.

Eine Link für das Urteil gibts hier nicht.

Individualarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Nach der ganzen Aufregung um die Leiharbeitnehmer, wollen wir uns wieder in die Niederungen der täglichen Auseinandersetzung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber begeben.

Thema: Internetzugang. Diesmal geht es aber nicht darum, dass der Betriebsrat überhaupt einen Internetzugang haben möchte, sondern er möchte einen besonderen Zugang.
Doch zur Sache. Unser Betriebsrat hatte seit 1997 einen externen Internetzugang über eine ISDN-Verbindung  im sog. Internet by call Verfahren. Kennt die noch einer? Zumindest fiel einem IT-Mitarbeiter der Arbeitgeberin dies im Jahre 2011 auf. Also rund 14 Jahre später. Grund war wohl, dass für den Internetzugang des Betriebsrats im Jahr 2011 Kosten von ca. 2.000 EUR entstanden sind. Nachdem die Arbeitgeberin dies erfahren hatte, teilte sie dem Betriebsrat mit, dass dieser nunmehr den Internetzugang über das firmeninterne Netzwerk nutzen kann. Zusätzliche Kosten entstünden hierfür nicht. Eigentlich in Ordnung. Finde sogar ich. „Unser“ Betriebsrat war damit aber nicht einverstanden und verlangte einen „abhörsicheren“ Internetzugang, also einen externen Zugang mit einer Flatrate. Die monatlichen Kosten hätten rund 20 EUR betragen. Der Betriebsrat begründete seinen Wunsch mit seinem Geheimhaltungsinteresse, und dieses wiederum überwiege das Kosteninteresse der Arbeitgeberin. Die Frage ist also, ob der Betriebsrat von der Arbeitgeberin die Übernahme der Kosten für den externen Internetanschluss verlangen kann. Dies wäre der Fall, wenn die Kosten i. S. v. § 40 Abs. 2 BetrVG erforlich sind. Sind sie aber nicht. Nach Auffassung des LAG Baden-Württemberg erfüllt die Arbeitgeberin die Informations- und Kommunikationsbedürfnisse des Betriebsrats, wenn sie diesem einen kostenlosen Internetzugang über das firmeneigene Intranet verschafft. In der Vergangenheit hatte die Arbeitgeberin den Betriebsrat nicht überwacht, noch gedenkt sie, dies in Zukunft zu tun. Anm. des Verfassers: Was anderes hätte ich an Stelle der Arbeitgeberin aber auch nicht gesagt. Man stelle sich einmal vor, die Arbeitgeberin erklärt vollmundig, dass sie den Betriebsrat zukünftig überwachen möchte.
Dennoch besteht im vorliegenden Fall nur die abstrakte Möglichkeit einer Überwachung. Und das reicht nicht aus.
Die Arbeitgeberin bewies zudem durchaus Humor und wies daraufhin, dass der Betriebsrat mit seiner Argumentation dann auch noch ein abhörsicheres Telefon, eine Chiffriermaschine oder Suchgeräte für elektronische Abhörgeräte im Betriebsratsbüro verlangen könne.

Das Urteil gibt es wie fast immer hier. Spionageequipement gibt es …

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Wirtschaftsausschuss und Einigungsstelle sind für den Betriebsrat sicherlich eine wichtige Sache.
Ob für den Unternehmer, weiß ich nicht. Zum Thema verweise ich hier gerne auf den „Blog Reuter: Arbeitsrecht“ und hoffe, der Autor ist deswegen nicht böse. Dennoch ist das Einigungsstellenverfahren ein Verfahren, das durchaus Zeit und Geld kostet. Das Geld des Unternehmers und die Zeit von beiden, also Betriebsrat und Unternehmer. Und da Zeit bekanntermaßen Geld ist, ist die Einigungsstelle gleich doppelt teuer. Da kommt man gerne mal auf die Idee, sich doch direkt an das Arbeitsgericht zu wenden. § 109 BetrVG wird doch schnell übersehen. Denn danach ist die Einigungsstelle darüber zuständig, ob eine vom Wirtschaftsausschuss verlangte Auskunft überhaupt, in welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt zu erteilen ist. Diese Zuständigkeit können die Beteiligten (Betriebsrat/Gesamtbetriebsrat und Unternehmer) nicht dadurch umgehen, dass sie sich wegen der Berechtigung des Auskunftsverlangens direkt an das Arbeitsgericht wenden. So sprach das LAG Frankfurt/Main am 10.12.1985 in der Sache 4 TaBV 139/85.

Auf welche Idee könnte man aber noch kommen, wenn der Unternehmer sicher weigert, die Unterlagen an den Wirtschaftsausschuss herauszugeben. Wir könnten daran denken, dass der Betriebsrat die Vorlage der Unterlagen nach §  80 Abs. 2 BetrVG verlangt. Doch diesen Gedanken sollten wir schnell wieder verwerfen. § 109 BetrVG ist die speziellere Regelung und geht daher vor. Wir merken uns also die folgende Formel: Wirtschaftsausschuss + Unternehmer + Meinungsverschiedenheiten = Einigungsstelle § 109 BetrVG

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei der Einführung von Laufzetteln BAG Beschluss vom 25.09.2012 Az. 1 ABR 50/11

Mitbestimmungsrechte sind das scharfe Schwert des Betriebsrats. Deshalb wollen wir uns an dieser Stelle mal ein wenig mit den Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats nach § 87 BetrVG beschäftigen. Insbesondere mit § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Dieser besagt, dass Regelungen, die die Ordnung und das Verhalten von Arbeitnehmern im Betrieb regeln, mitbestimmungspflichtig sind. Im konkreten Fall geht es um die Einführung von Laufzetteln seitens des Arbeitgebers. Im Betrieb der Arbeitgeberin gibt es eine Richtlinie „Ausgabe, Verwaltung und Rücknahme von Arbeitsmitteln und Berechtigungen“. Nach dieser Richtlinie wird für jeden Mitarbeiter ein Laufzettel angelegt, auf dem u.a. die ausgegebenen Arbeitsmittel, Zugänge und Berechtigungen zu IT-Systemen etc. vermerkt werden. Die nötigen Genehmigungen werden auf dem Laufzettel durch Unterschrift des Kostenstellenverantwortlichen dokumentiert. Das Original bleibt beim Kostenstellenverantwortlichen, die Kopie beim Arbeitnehmer. Der Betriebsrat ist nunmehr der Auffassung, dass die Einführung der Laufzettel mitbestimmungspflichtig ist, da diese das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer berühren. Die Arbeitnehmer müssen sich, so der Betriebsrat, in bestimmter, standardisierter Weise verhalten. So weit so gut. Die Auffassung des Betriebsrats ist durchaus nachvollziehbar. Dies sah das BAG aber nicht so und verneinte die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats. Die Begründung ist äußerst knapp ausgefallen. Nach dem BAG bestehen Mitbestimmungsrechte nur bei Maßnahmen, die das sog. Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer im Betrieb betreffen, nicht aber dagegen bei Maßnahmen, die das sog. Arbeitsverhältnis regeln sollen. Gemeint sind damit Maßnahmen, mit denen die Arbeitspflicht unmittelbar konkretisiert und angefordert wird. Unterschied verstanden? Ich nicht! Zur gänzlichen Verwirrung hat das BAG 1997 entschieden, dass die Notwendigkeit eines Arztbesuches während der Arbeitszeit durch ein vorgegebenes Formular zu belegen, mitbestimmungspflichtig ist. Irgendwie sind doch beide Fälle ähnlich gelagert. Beides Mal wird den Arbeitnehmern die Einhaltung einer bestimmten Ordnung vorgeschrieben, nämlich die Verwendung eines bestimmten Zettels/Formulars. Aber sei es drum. Nehmen wir es so hin. Dürfte wohl auch eine Einzelfallentscheidung sein. So oft gehen Laufzettel nicht zum BAG.
Das Urteil gibt es hier.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

…deshalb habe ich unter „Aus der Praxis“ ein erstes Urteil eingestellt, welches sich mit der Beschlussfassung der JAV und deren Rechtsfolgen beschäftigt. Den Artikel gibt es hier.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte