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AgressionOft können Beschäftigte deutscher Unternehmen ihre Mitbestimmungsrechte nicht ohne weiteres in Anspruch nehmen. Nicht selten müssen sie mit Schikanen durch den Arbeitgeber rechnen. Insbesondere Neugründungen von Betriebsräten scheinen vielen Unternehmen ein Dorn im Auge zu sein und sie versuchen sie zu vereiteln.

Mit diesem Thema beschäftigt sich eine aktuelle Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, durchgeführt von Dr. Martin Behrens und Heiner Dribbusch. Sie haben 2015 dazu 159 hauptamtliche Gewerkschafter der IG BCE, der IG Metall und der NGG zu ihren Erfahrungen mit der Durchführung von Betriebsratswahlen befragt.

Recht für Betriebsräte

Wahlvorstand…das freut den Künstler. Ist rechtlich aber eher kritisch. Zumindest dann, wenn man per Akklamation den Wahlvorstand bestellt. Dazu sollte man wissen, dass der Wahlvorstand grundsätzlich aus drei Mitgliedern besteht. Dies regelt § 16 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Es dürfen auch mehr sein. Voraussetzung ist aber, dass die erhöhte Zahl zur Durchführung einer ordnungsgemäßen Wahl erforderlich ist. Soweit ok. Weitere Voraussetzung ist dann natürlich ein Betriebsratsbeschluss, § 16 Abs. 1 Satz 2 BetrVG. Haben wir noch keinen Betriebsrat, setzt dies eine Abstimmung im Rahmen einer Betriebsversammlung voraus. Soweit so gut. Kurz gesagt: Wollen wir einen Wahlvorstand aus fünf Personen haben, so benötigen wir einen Betriebsratsbeschluss oder eine Abstimmung auf einer Betriebsversammlung. Und jetzt stellen wir uns folgende Situation vor: Wir befinden uns auf einer Betriebsversammlung. Fünf Personen, die als Wahlvorstand fungieren sollen, werden vorgestellt. Tosender Applaus!! Lauter Beifall von allen Seiten. Zustimmung, wo das Auge hinschaut. Nur eben keine Abstimmung. Ich gebe zu, meine Phantasie ist etwas mit mir durchgegangen. Aber so oder so ähnlich hat sich die Szenerie wohl abgespielt. Und das alles nur, weil man fünf statt drei Personen im Wahlvorstand haben wollte. Nun denn, manchmal ist weniger halt mehr. Der Wahlvorstand wurde damit nicht wirksam gebildet, so das LAG Nürnberg Beschluss vom 17.05.2013 Az. 5 TaBVGa 2/13.

Die Sache hatte zudem noch eine unangenehme Nebenwirkung. Der Wahlvorstand kann vom Arbeitgeber nicht die für die Wählerliste benötigten Angaben verlangen, da er ja nicht wirksam bestellt wurde.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Natürlich nicht was sie denken. Ich darf ja wohl bitten. 🙂 Nein, es geht um Betriebsratswahlen. Dürfte klar sein. Oder nicht? Konkret geht es darum, was passiert, wenn ich in meinem Betrieb nicht genug wahlberechtigte Arbeitnehmer habe. Ich brauche sieben, habe aber nur fünf wahlberechtigte Arbeitnehmer. Dann habe ich zwei Möglichkeiten. Ich vergesse die Betriebsratswahlen. Das freut den Arbeitgeber, ist aber nicht empfehlenswert und muss auch nicht sein. Zweite Möglichkeit ist, ich schaue ins Gesetz und finde § 11 BetrVG. Danach wird der Betriebsrat nach der nächstniedrigeren Stufe der Staffel aus § 9 BetrVG gebildet. Aha! Also statt eines 7-köpfigen Betriebsrats, kann ich auch einen 5-köpfigen bilden. Und wie sieht es aus, wenn ich zwar genug wahlberechtigte Arbeitnehmer habe, die aber nicht wollen bzw. nicht genug wollen. Dann wende ich § 11 BetrVG analog an. Das machen Juristen immer gerne. Wenn irgendetwas nicht so richtig passt, wenden wir es analog an. Habe ich im obigen Beispiel nicht einmal fünf willige Arbeitnehmer, die sich zur BR-Wahl aufstellen, kann ich nach der Rechtsprechung sogar auf die übernächste Stufe springen und einen  3-köpfigen Betriebsrat wählen.

 

 

Allgemein Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Stimmzettel… und zur Kreuzigung geht´s da lang. Bei Monty Python klappte das ganz gut. Bei VW in Hannover offenbar nicht so gut. Rechnen wir noch ein bisschen. 50 + 50 + 5 = 105 Und dies ist die magische Zahl. Bei der Betriebsratswahl 2010 (Die nächste Wahl ist übrigens 2014. Bitte schon mal vormerken.) befanden sich 105 Stimmzettel mehr in den Wahlurnen als Stimmabgabevermerke in der elektronischen Wählerliste. Die Betriebsratswahl wurde erfolgreich angefochten. Mit Beschluss vom 12.06.2013 Az. 7 ABR 77/11 erklärte das Bundesarbeitsgericht die Wahl für unwirksam.

Die Wahl eines Betriebsrats ist anfechtbar, wenn die Zahl der in den Wahlurnen befindlichen Stimmen mit der Zahl der Stimmabgabevermerke in der Wählerliste nicht übereinstimmt und die Differenz so groß ist, dass sie das Wahlergebnis beeinflusst haben könnte. 

Soweit ok. Aber viel interessanter als der Beschluss des BAG ist doch die Frage, wo die 105 Stimmzettel herkamen. Wer suchet der findet (Matthäus Kapitel 7).

Always look on the bright side of life…

Und damit das nicht noch mal passiert gibt es hier Hilfe. 🙂

Mehr dazu auch bei Thorsten Blaufelder.

 

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Mit den Betriebsratswahlen ist das so eine Sache. Die einen wollen es groß, die anderen klein. Arbeitgeber sind meistens daran interessiert, dass der Betriebsrat aus möglichst wenigen Mitgliedern besteht. Der Betriebsrat selber, möchte womöglich eher ein großes Gremium. Aus diesem Grund gibt es auch nicht selten Streit darüber, wieviele Mitarbeiter der Betrieb in der Regel beschäftigt. Denn hiervon ist gemäß § 9 BetrVG die Zahl der Betriebsratsmitglieder abhängig.
Das BAG hatte über einen Fall zu entscheiden, bei dem die Arbeitgeberin 50 Arbeitnehmer beschäftigte. Hinzu kamen noch 9 Leiharbeitnehmer, um die wir uns vorliegend nicht kümmern wollen, sowie 4 Mitarbeiter die im Rahmen eines Personalüberlassungsvertrages bei der Arbeitgeberin tätig, aber beim Kreis angestellt waren. Diesen seit Jahren bei der Arbeitgeberin tätigen Arbeitnehmern erteilte sie alle fachlichen Weisungen, bestimmte Arbeitszeit und Arbeitsort und entschied über Urlaubs und Vertretungebedarf. Zwischen Wahlvorstand und Arbeitgeberin war streitig, ob die vier Miatrbeiter des Kreises bei der für die Größe des Betriebsrats maßgeblichen Belegschaftstärke mit zählen. Denn ab 51 wahlberechtigten Arbeitnehmern besteht der Betriebsrat aus fünf Mitgliedern, statt aus drei.
Das BAG war der Auffassung, dass es sich bei den Kreisbediensteten um Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG handelt. Danach sind Arbeitnehmer i.S.d. des Betriebsverfassungsgesetzes auch Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind. Entscheidend ist dabei, ob diese Arbeitnehmer betriebsanghörig sind. Das ist der Fall, wenn sie in die Betriebsorganisation eingegliedert sind. Die Arbeitgeberin erteilte die fachlichen Weisungen, bestimmte Arbeitszeit und Arbeitsort und entschied über Urlaub und Vertretungsbedarf. Damit waren die Kreisbediensteten betriebsangehörig und somit „tätig“ i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG. Zutreffend wurde somit ein 5-köpfiger Betriebsrat gewählt.

BAG Beschluss v. 19.09.2012 Az. 7 ABR 37/11

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Betriebsratswahl – Leiharbeit und Dauer der Betriebszugehörigkeit
BAG Beschluss v. 10.10.2012 Az. 7 ABR 53/11

Schauen wir uns einmal folgenden Fall an und überlegen, wo hier das Problem liegen könnte.

In einem Betrieb mit mehr als 50 Mitarbeitern sollen Betriebsratswahlen durchgeführt werden. In diesem Betrieb ist auch der A beschäftigt. A war für die Zeit vom 01.10.2009 bis 31.12.2009 als Leiharbeitnehmer im Betrieb beschäftigt, wurde aber zum 01.01.2010 in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen. Soweit so gut. Am 16.03.2010 machte der Wahlvorstand das Wahlausschreiben per Aushang im Betrieb bekannt. Unser A wollte aber auch kandidieren und reichte dem Wahlvorstand  am 29.03.2010 als Listenvertreter eine aus sechs Wahlbewerbern bestehende Vorschlagsliste ein. Mit Datum vom 30.03.2010 wies der Wahlvorstand  die Vorschlagsliste zurück. Zur Begründung führte er aus, dass Arbeitnehmer A nicht wählbar sei, weil er zum Zeitpunkt der Betriebsratswahl noch keine sechs Monate im Betrieb beschäftigt gewesen sei. Am 28.04.2010 fand die Wahl zum Betriebsrat dann ohne die Liste des Arbeitnehmers A statt.

A und seine fünf Mitbewerber auf der Liste fochten das Ergebnis der Betriebsratswahl vor dem Arbeitsgericht an. Warum fragen wir uns. Wenn wir in den § 8 Abs. 1 S. 1 BetrVG schauen, so stellen wir fest, dass nur Arbeitnehmer wählbar sind, die sechs Monate dem Betrieb angehören. Dies trifft auf unseren A nicht zu, da er erst zum 01.01.2010 übernommen wurde und zum Zeitpunkt der Wahl somit erst ca. vier Monate dem Betrieb angehörte. Dennoch war A der Auffassung, dass er gem. § 8 Abs. 1 S. 1 BetrVG wählbar war. Und damit hatte er Recht. Arbeitsgericht, LAG Köln und das Bundesarbeitsgericht sind der Auffassung, dass der Wahlvorstand gegen eine wesentliche Wahlvorschrift des § 8 Abs. 1 BetrVG verstoßen hat, in dem er den A und seine Liste nicht zur Wahl zugelassen hat. Der A war nämlich durchaus wählbar. Das BAG vertritt hier die Auffassung, dass schon der Wortlaut des § 8 Abs. 1 BetrVG dafür spreche, auch einen Zeitraum vor Beginn des Arbeitsverhältnisses, den der Wahlbewerber als Leiharbeitnehmer im Betrieb verbracht hat, auf die Sechsmonatsfrist anzurechnen. Die Zeit als Leiharbeitnehmer ist daher als Betriebszugehörigkeit im Sinne des § 8 Abs. 1 BetrVG anzuerkennen. Da nicht ausgeschlossen werden konnte, dass das Wahlergebnis bei Zulassung der Liste anders ausgegangen wäre, konnte die Wahl nach § 19 Abs. 1 BetrVG angefochten werden.

Merke also: Leiharbeit zählt bei der Dauer der Betriebszugehörigkeit mit.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Die Frage aller Fragen! Bin ich leitender Angestellter oder bin ich es nicht. Sein oder nicht sein. Das ist hier die Frage.
Hier schon mal was zur selbstständigen Einstellung und Entlassung.

Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG muss die Einstellungs- und Entlassungsbefugnis sowohl im Innenverhältnis als auch im Außenverhältnis bestehen. An dem Merkmal der Selbständigkeit fehlt es daher, wenn der Angestellte nur im Verhältnis zu den Arbeitnehmern, nicht aber im Innenverhältnis zu seinen Vorgesetzten befugt ist, über Einstellungen und Entlassungen zu entscheiden. Die Ausübung der Personalkompetenz darf nicht von der Zustimmung einer anderen Person abhängig sein. Allerdings liegt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine Beschränkung der Einstellungs- und Entlassungsbefugnis vor, wenn der Angestellte lediglich Richtlinien oder Budgets zu beachten hat oder Zweitunterschriften einholen muss, die einer Richtigkeitskontrolle dienen, aber nicht mit einer Entscheidungsbefugnis des Dritten verbunden sind.

Die Hürde dürften wohl manche „leitenden Angstellten“ schon mal nicht nehmen. Mehr hier. Wichtig für die nächste Betriebsratswahl.

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Noch nen Oldie.
Dürfte klar sein.

»§ 2 Abs. 5 WO, wonach der Wahlvorstand dafür Sorge tragen soll, dass ausländische Arbeitnehmer, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, vor Einleitung der Betriebsratswahl über Wahlverfahren, Aufstellung der Wähler- und Vorschlagslisten, Wahlvorgang und Stimmabgabe in geeigneter Weise unterrichtet werden, ist eine wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren i.S.d. § 19 Abs. 1 BetrVG, deren Verletzung zur Anfechtung der darauf beruhenden Wahl berechtigt.«

Wird im Betrieb eine Vielzahl ausländischer Arbeitnehmer verschiedener Herkunftsländer mit einfachen Hilfstätigkeiten im gewerblichen Bereich beschäftigt und versendet der Arbeitgeber wichtige Informationsschreiben an die Belegschaft nicht nur in deutscher Sprache, sondern auch in den der ausländischen Arbeitnehmern geläufigen Sprache, muss der Wahlvorstand grundsätzlich davon ausgehen, dass die ausländischen Arbeitnehmer der deutschen Sprache nicht i.S.v. § 2 Abs. 5 WO mächtig sind.

Das muss nicht weiter erläutert werden, oder?

Kollektivarbeitsrecht Recht für Betriebsräte

Ja ja! Ich weiß!! Das Urteil ist steinalt. Aber in der Juristerei haben auch noch Urteile aus den 50er manchmal ihre Berechtigung. Dagegen ist ein Urteil aus den 90er wirklich knackfrisch. Doch nun zur Sache. Die Frage kommt auch immer wieder. Was ist eigentlich mit unseren Aushilfen? Dürfen die auch wählen? Und da die nächsten Wahlen 2014 sind, hier die Antwort.

  1. Eine nur kurzfristige Tätigkeit spricht nicht gegen die Arbeitnehmereigenschaft der Aushilfskräfte.
  2. Bei der Bemessung der Betriebsratsgröße ist die Anzahl der in der Regel bechäftigten Aushilfen zu berücksichtigen, auch wenn es sich um jeweils andere Personen handelt und
  3. für die Wahlberechtigung der Aushilfskräfte kommt es darauf an, ob sie am Tag der Stimmabgabe in einem Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber stehen.

Kurz gesagt: Arbeitnehmer bleibt Arbeitnehmer, egal ob kurzzeitig beschäftigt oder Vollzeit. Zum Arbeitnehmerbegriff siehe hier. Zur Betriebsratswahl hier.

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