Betriebsratswahl – Leiharbeit und Dauer der Betriebszugehörigkeit
BAG Beschluss v. 10.10.2012 Az. 7 ABR 53/11
Schauen wir uns einmal folgenden Fall an und überlegen, wo hier das Problem liegen könnte.
In einem Betrieb mit mehr als 50 Mitarbeitern sollen Betriebsratswahlen durchgeführt werden. In diesem Betrieb ist auch der A beschäftigt. A war für die Zeit vom 01.10.2009 bis 31.12.2009 als Leiharbeitnehmer im Betrieb beschäftigt, wurde aber zum 01.01.2010 in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen. Soweit so gut. Am 16.03.2010 machte der Wahlvorstand das Wahlausschreiben per Aushang im Betrieb bekannt. Unser A wollte aber auch kandidieren und reichte dem Wahlvorstand am 29.03.2010 als Listenvertreter eine aus sechs Wahlbewerbern bestehende Vorschlagsliste ein. Mit Datum vom 30.03.2010 wies der Wahlvorstand die Vorschlagsliste zurück. Zur Begründung führte er aus, dass Arbeitnehmer A nicht wählbar sei, weil er zum Zeitpunkt der Betriebsratswahl noch keine sechs Monate im Betrieb beschäftigt gewesen sei. Am 28.04.2010 fand die Wahl zum Betriebsrat dann ohne die Liste des Arbeitnehmers A statt.
A und seine fünf Mitbewerber auf der Liste fochten das Ergebnis der Betriebsratswahl vor dem Arbeitsgericht an. Warum fragen wir uns. Wenn wir in den § 8 Abs. 1 S. 1 BetrVG schauen, so stellen wir fest, dass nur Arbeitnehmer wählbar sind, die sechs Monate dem Betrieb angehören. Dies trifft auf unseren A nicht zu, da er erst zum 01.01.2010 übernommen wurde und zum Zeitpunkt der Wahl somit erst ca. vier Monate dem Betrieb angehörte. Dennoch war A der Auffassung, dass er gem. § 8 Abs. 1 S. 1 BetrVG wählbar war. Und damit hatte er Recht. Arbeitsgericht, LAG Köln und das Bundesarbeitsgericht sind der Auffassung, dass der Wahlvorstand gegen eine wesentliche Wahlvorschrift des § 8 Abs. 1 BetrVG verstoßen hat, in dem er den A und seine Liste nicht zur Wahl zugelassen hat. Der A war nämlich durchaus wählbar. Das BAG vertritt hier die Auffassung, dass schon der Wortlaut des § 8 Abs. 1 BetrVG dafür spreche, auch einen Zeitraum vor Beginn des Arbeitsverhältnisses, den der Wahlbewerber als Leiharbeitnehmer im Betrieb verbracht hat, auf die Sechsmonatsfrist anzurechnen. Die Zeit als Leiharbeitnehmer ist daher als Betriebszugehörigkeit im Sinne des § 8 Abs. 1 BetrVG anzuerkennen. Da nicht ausgeschlossen werden konnte, dass das Wahlergebnis bei Zulassung der Liste anders ausgegangen wäre, konnte die Wahl nach § 19 Abs. 1 BetrVG angefochten werden.
Merke also: Leiharbeit zählt bei der Dauer der Betriebszugehörigkeit mit.
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