Betriebsrat 2024 Beiträgen

Kontaktbörse BüroWo verbringen wir täglich die meiste Zeit? Richtig, am Arbeitsplatz zusammen mit unseren Kollegen. Versteht sich fast von selbst, dass auch hier Beziehungen entstehen können, die über das rein kollegiale Verhältnis hinausgehen. Das Betriebsfest oder der Geburtstag des Chefs lässt aus Herrn Schumann aus der Marketingabteilung auch schon mal Jochen werden – das Date für das kommende Wochenende.

Franz Beckenbauer, Brat Pitt, Angelina Joli, Franz Müntefering – diese Liste ließe sich beliebig erweitern – haben es uns vorgemacht. Sie lernten am Arbeitsplatz ihre Partner kennen und lieben. Rund 14% der deutschen Arbeitnehmer haben sich laut einer Forsa Umfrage im Auftrag von Xing schon auf eine feste Beziehung mit einem Kollegen eingelassen.

In der Vergangenheit haben  bereits einige Firmen versucht das zu verbieten: z.B. in den 50er Jahren C&A und vor gut 10 Jahren Wal-Mart. Wal-Mart ist damit in Deutschland vor dem Landesarbeitsgericht gescheitert. Dem damaligen Urteil nach verstößt das Verbot gemeinsamer Abendessen unter Kollegen oder des Anbändelns gegen die Menschenwürde und ist daher unwirksam.

Nach wie vor ist aber die Angst auf Arbeitgeberseite groß, dass sich die Liebeleien in der Firma und die leider damit verbundenen Beziehungskrisen negativ im Job auswirken könnten. Solange jedoch die Zusammenarbeit im Betrieb nicht negativ gestört wird, ist das Privatleben der Mitarbeiter für die Unternehmensleitung tabu. Wirkt sich eine Affäre am Arbeitsplatz aber negativ im Betriebsablauf aus, hat der Arbeitgeber das Recht, die Paare räumlich oder auch organisatorisch zu trennen – vorausgesetzt, die neue Tätigkeit entspricht den Fähigkeiten der Mitarbeiter.

Schwierig wird es auch für alle Seiten, wenn ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Partnern besteht. Wir erinnern uns an Bill Clinton und Monica Lewinsky – Chef und Praktikantin. Bevorzugung, Neid unter Kollegen oder auch „Abstrafung“ bei Beziehungskrisen sind vorprogrammiert. Da führt manchmal kein Weg an einer Versetzung vorbei und viel Fingerspitzengefühl seitens der Personalleitung und des Betriebsrats sind gefragt – auch zum Schutz der Mitarbeiter.

Vergessen wir aber nicht die positiven Effekte einer neuen Freundschaft oder Liebe. Die Laune steigt – ebenso wie das Engagement und das Arbeitstempo. Vielleicht sollten die Unternehmen also Freundschaften fördern, statt sie zu verbieten. Dies war auch Thema einer Studie „Freundschaften am Arbeitsplatz“ der Universität Erlangen-Nürnberg. Die Beziehung zu den Kollegen ist schließlich ein Riesen-Motivationsfaktor. Und keine Frage, nur motivierte Mitarbeiter erbringen ein überdurchschnittliches Arbeitsergebnis.

Allgemein

streikIhnen allen ist sie ein Begriff: Ver.di, die Gewerkschaft für die Belange der Dienstleistungsangestellten. Ver.di selbst ist jedoch auch Arbeitgeber, von deutschlandweit rund 3.000 Angestellten. Und wie kann es anders sein, auch hier steht nicht alles zum Besten mit der Mitarbeiterzufriedenheit. Die kleine Gewerkschaft der Gewerkschaftsbeschäftigten (GdG) organisierte mit Ver.dis Gesamtbetriebsrat Warnstreiks in einigen Städten. Ca. 1.000 Beschäftigte legten für die Forderung nach 5% mehr Lohn und Gehalt sowie Arbeitsplatzgarantie die Arbeit nieder.

Im Frühling hat Ver.di selbst für den Öffentlichen Dienst eine 6 prozentige Erhöhung des Lohns gefordert. Ihren eigenen Mitarbeitern bietet die große Gewerkschaft – man höre und staune – allerdings nur ein Plus von knapp 1% an. Da passt doch irgendetwas nicht. Für die eigenen Angestellten gelten also die ureigenen Forderungen nicht – schwer nachzuvollziehen.

Das haben sich sicherlich die Ver.di Mitarbeiter auch gedacht, die der kleinen GdG beigetreten sind, oft heimlich, weil es bei ihren Vorgesetzten nicht gern gesehen wird. Und bisher verhandelt Ver.di auch nicht mit der GdG. Die Mitgliederzahl sei mit etwa 1.000 zu niedrig, Vertreter der Arbeitnehmerrechte sei der eigene Gesamtbetriebsrat, dieser sei Verhandlungspartner für Entgeltverhandlungen. Laut einer Pressemitteilung von „Die Welt“ habe Ver.di gesagt, sie selbst seien die Gewerkschaft der Gewerkschaftsbeschäftigten, da diese ja auch im Dienstleistungssektor tätig seien. Schließlich sei es ja auch Quatsch, dass Ver.di Mitarbeiter und gleichzeitig auch -Mitglieder für eine zweite Gewerkschaft Beiträge zahlen sollen.

Also auch bei den Gewerkschaften als Arbeitgeber gibt es noch viel zu tun: starke Arbeitnehmervertretungen sind gefragt. Nicht nur bei Ver.di!

Recht für Betriebsräte

praktikantSie werden gern für das Kaffeekochen oder Kopieren eingesetzt, die Praktikanten. Es gibt schließlich genug Arbeiten, für die die Festangestellten zu teuer sind. Und das ist genau das Stichwort: Die Bezahlung der Praktikanten. Dabei ist diese gesetzlich geregelt. Praktikanten haben seit Januar letzten Jahres Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde.

Grundsätzlich ist das so, aber der Gesetzgeber hat zahlreiche Ausnahmen zugelassen. Dazu gehört u.a. das freiwillige, bis zu 3-monatige Praktikum während eines Studiums oder das Pflichtpraktikum im Rahmen einer schulischen, betrieblichen oder universitären Ausbildung. D.h. viele Praktikanten profitieren gar nicht von der Mindestlohnregelung. Und findige Arbeitgeber versuchen darüber hinaus immer wieder, diese Regelung zu umgehen.

Protest ist für die Praktikanten kaum möglich, sie sind in der Regel froh, überhaupt einen Praktikumsplatz zu bekommen und sehen diesen oft als Einstieg in den Beruf. Durch Aufmüpfigkeit würde man es sich mit dem potentiellen Arbeitgeber verscherzen. Da hält man lieber den Mund und schluckt den zu geringen Lohn bzw. die Arbeit zum Nulltarif und arbeitet auch schon einmal eine Stunde länger.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat dazu eine neue Studie „Faktencheck zum Praktikum und Mindestlohn“ veröffentlicht. Wen wundert‘s: Die Qualität der Praktikumsplätze lässt häufig zu wünschen übrig. Lerninhalte gibt es oft nur auf dem Papier, feste Ansprechpartner fehlen und Arbeitszeiten werden oft nicht eingehalten, einheitliche Regelungen für Krankheit und Urlaub fehlen. Und die Arbeitgeber tricksen hinsichtlich der Umschiffung des Mindestlohns. Da wird schon mal die Praktikumsdauer verkürzt, damit der Mindestlohn gar nicht erst greift.

D.h. von einem sicheren Einstieg vom Praktikum ins Berufsleben kann nicht die Rede sein. Folglich machen sich über 78% aller Praktikanten Sorgen um ihre wirtschaftliche Situation.
Tatsächlich bieten auch viele Unternehmen seit Anfang 2015 weniger Praktikumsplätze an, mit dem Argument, dass Unternehmen von den Praktikanten nicht nur profitieren, sondern dass diese auch viel Zeit und Geld kosten.

Vielleicht muss der Gesetzgeber doch noch einmal nachbessern und die vielen Ausnahmen zum Mindestlohn für Praktikanten abschaffen? Und einen Mindestlohn für Pflichtpraktika festlegen. Praktikanten müssen ihren Lebensunterhalt schließlich auch finanzieren.

Recht für Betriebsräte

Sex sellsMan mag es eigentlich nicht glauben und Fremdschämen ist jetzt wirklich angesagt: Ein tiefer Ausschnitt scheint bei der Bewerbung zu helfen. Sevag Kertechian von der Sorbonne Universität in Paris hat dies untersucht und ist zu einem aufrüttelnden Ergebnis gekommen. Jobsuchende mit einem tiefen Dekolleté sind im Bewerbungsverfahren 19 Mal erfolgreicher als „hoch geschlossene“ Mitbewerberinnen.

Die Wissenschaftler der Sorbonne ließen innerhalb von drei Jahren zwei Frauen sich 200 Mal mit Foto bewerben: Auf 100 Jobs bei konservativen Arbeitgebern und 100 Jobs in modernen Branchen.

Beide Bewerberinnen sahen sich äußerlich sehr ähnlich, inkl. der Kleidung und hatten auch einen vergleichbaren Lebenslauf. Kertechian ließ beide bei jeweils 100 Bewerbungen ein hochgeschlossenes, schwarzes, schlichtes Kleid tragen und bei den anderen 100 Bewerbungen ein tief dekolletiertes schwarzes Kleid. Das Ergebnis dieser Studie überraschte wohl alle. Die Bewerbungen mit Fotos mit viel Ausschnitt  erzielten bei den konservativen Firmen 62 Einladungen zum Bewerbungsgespräch mehr als die Fotos mit wenig Dekolleté. Bei den moderneren Arbeitgebern waren es sogar 68 Einladungen mehr.

Was leider nicht untersucht wurde, ist die Frage, ob ausschließlich männliche Recruiter die Bewerbungen sichteten. Das wird aber als unwahrscheinlich angenommen, da Personalabteilungen eher von Frauen dominiert werden als von Männern.

Ergebnisse, mit denen wir nicht gerechnet haben!

Allgemein

HandschlagUmgangsformen sind wichtig. Das haben uns schon unsere Eltern beigebracht – den meisten von uns jedenfalls. Freundlich grüßen, sich vorstellen, Hände schütteln…so ist das formelle Prozedere, wenn wir einen Raum betreten. Ist der Handschlag jedoch wirklich notwendig und überhaupt sinnvoll? Oder ist er einfach nur typisch deutsch?

Als vor einiger Zeit der Fall eines jungen Muslims durch die Presse ging, der seiner Lehrerin den Handschlag verweigerte, war die öffentliche Empörung groß. Der Muslim begründete dies mit seiner Religion, dass er Frauen nicht berühren möchte, was keineswegs respektlos sei, sondern von Respekt zeuge, weil er ihnen keine Berührung aufzwängen möchte. Denn diese fänden sie möglicherweise unangenehm. Eine abwertende Geste sei dies keineswegs.

Viele Ärzte oder Mitarbeiter im Gesundheitswesen verzichten auch auf den Handschlag, denn dadurch werden viele Krankheitserreger übertragen. Und der Handschlag ist sicherlich nicht die einzige Art, sich freundlich und respektvoll zu begrüßen: Franzosen und Südeuropäer geben sich ein Küsschen (oder auch 2 oder 3), die Japaner umarmen sich und manch einer lächelt einfach nur freundlich und legt die Hand aufs Herz.

Können wir im Zeitalter der Globalisierung wirklich verlangen, dass man sich in Deutschland zur Begrüßung die Hände zu schütteln hat? Ein Recht auf Händeschütteln gibt es schließlich nicht – im Gegensatz zu bestimmten Rechten aus dem Allgemeinen Gleichhandlungsgesetz (AGG). Dort steht, dass niemand z.B. aufgrund seines Geschlechts benachteiligt werden darf, wenn er z.B. Arbeitsverträge abschließt. Wenn allerdings ein Schüler seiner Lehrerin nicht die Hand schüttelt hat das keine rechtlichen Auswirkungen und kann deshalb auch nicht geahndet werden.

In unserem Grundgesetz steht, dass jeder seine Religion frei ausüben darf. Wenn dadurch niemand gestört wird, sollte grundsätzlich auf religiöse Empfindungen Rücksicht genommen werden. Und unser Grundgesetz sieht auch keine strikte Trennung zwischen Staat und Religion vor, Religionsgemeinschaften dürfen sich im öffentlichen Leben einbringen.

Arbeitsrechtlich ist aber nach wie vor nicht abschließend geklärt, ob der Arbeitgeber die Möglichkeit hat, einem Angestellten zu kündigen, wenn dieser den Handschlag aus religiösen Gründen verweigert. Dazu müsste auch definiert werden, für welche Berufe ein Handschlag zwingend erforderlich ist, oder ob nicht ein verbaler Gruß verbunden mit einem Lächeln ausreichend sei. Dies dürfte schwierig sein. Schließlich kann der Arbeitgeber ggf. auch die Möglichkeit einer Versetzung in einen Arbeitsbereich ohne Kundenkontakt prüfen.

Hand aufs Herz: Ist es nicht eigentlich egal, wie wir uns begrüßen – Hauptsache es ist respektvoll und freundlich?

Allgemein

mitbestimmungSeit 40 Jahren gibt es in Deutschland das Mitbestimmungsrecht, das die Vertretung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten regelt. Die Arbeitnehmer können dadurch die Entscheidungen der Vorstände kontrollieren, prägen und in begrenztem Umfang beeinflussen. Wie denken die Führungskräfte sowie Vorstände und Geschäftsführer heute über das Mitbestimmungsrecht? Der Berufsverband „Die Führungskräfte – DFK“ hat dazu eine Befragung von 1.040 Führungskräften durchgeführt.

Sage und schreibe 93% der Führungskräfte halten die Arbeitnehmerbeteiligung im Aufsichtsrat für sinnvoll. Unter den Vorständen und Geschäftsführern teilen 78% diese Meinung. Versteht sich fast von selbst, dass der Anteil derer, die denken, dass sich diese Vertretung bewährt hat, geringer ist  – bei den Führungskräfte 84%, bei den Vorständen78%.

Nach dem Mitbestimmungsgesetz muss in Unternehmen mit mehr als 2.000 Mitarbeitern ein Sitz im Aufsichtsrat mit einem leitenden Angestellten besetzt werden. Das findet auch nach wie vor große Zustimmung in der Chefetage. Die Überlegung, diese Regelung auf kleinere Firmen mit weniger als 2.000 Mitarbeitern auszuweiten, ist allerdings umstritten. 64% der Führungskräfte befürworten sie, aber nur 38% der Vorstände und Geschäftsführer.

Die Globalisierung könne das deutsche Modell der Mitbestimmung gefährden, darüber sind sich beide Gruppen einig. Es wird vermutet, dass die Mitbestimmungsregelungen innerhalb der Europäischen Union zukünftig vereinheitlicht werden könnten.

Da verwundert es nicht, dass sich mehr als die Hälfte der Befragten für eine Flexibilisierung der Mitbestimmung ausspricht. Die derzeit gesetzlichen Regelungen sollen durch die Möglichkeit ersetzt werden, Mitbestimmung über Vereinbarungslösungen zu gestalten. Sollten diese Vereinbarungen scheitern, wünscht man sich eine gesetzliche Regelung, die anschließend in Kraft tritt.

Ist die Mitbestimmung in Deutschland Standortvorteil oder Nachteil? 52% der Führungskräfte sehen sie als Vorteil und 30% sehen dies neutral. Bei den Vorständen und Geschäftsführern sind von einem Standortvorteil nur 40% überzeugt, 34% sehen es neutral und tatsächlich 25% sehen darin einen Standortnachteil.

Abschließend stellt sich die Frage, wie es zu erklären ist, dass die deutsche Mitbestimmungsregelung grundsätzlich von beiden befragten Gruppen als absolut sinnvoll erachtet wird, sich dies aber nicht in der Beurteilung der Auswirkung auf den Standort Deutschland widerspiegelt. Hat man Angst ausländische Geldgeber abzuschrecken?

Kollektivarbeitsrecht

kranker TeddyAls ich heute morgen das Radio einschaltete lautete die erste Nachricht, dass in Deutschland die Anzahl der Krankschreibungen im 1. Halbjahr auf 4,4 % * gestiegen sei – so viel wie nie zuvor. Sie lag damit 0,3 Prozentpunkte höher als im 1. Halbjahr des Vorjahres. Woran liegt es bloß, dass diese Zahl von Jahr zu Jahr zu steigen scheint?

An erster Stelle der Erkrankungen stehen, mit einem Anteil von 22%, Rückenleiden und andere Muskel-Skelett-Erkrankungen. Hier stieg die Anzahl der Fehltage sogar um erschreckende 13%.  Mit 17 % Anteil folgen Erkrankungen des Atmungssystems. Der Anteil der psychischen Erkrankungen erhöhte sich auf 16% und die Krankheitsdauer ist hier besonders lang: Im Durchschnitt 35 Tage – also länger die der Beschäftigten mit Krebserkrankungen. Diese liegt bei 32 Tagen.
Erstaunlicherweise sind Frauen von Depressionen oder anderen psychischen Erkrankungen fast doppelt so häufig betroffen wie Männer.

Der aktuellen Analyse zufolge wurde mehr als jeder Dritte mindestens einmal krankgeschrieben. Eine Erkrankung dauerte im Schnitt 12,3 Tage, das sind 0,6 Tage mehr als im Vorjahreszeitraum.

Unterscheidet man zwischen Bundesländern, sind Berufstätige im Osten (5,5%) häufiger und länger krank als die Kollegen im Westen (4,2%).

Sind diese Zahlen dadurch zu erklären, dass die körperlichen und  psychischen Belastungen am Arbeitsplatz zunehmen? Es heißt doch immer, dass in den Unternehmen das Bewusstsein für einen betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz steigt. Das spiegelt sich leider nicht in den Zahlen wieder – im Gegenteil! Bei der Schaffung eines gesunden und sicheren Arbeitsplatzes scheint noch viel Luft nach oben zu sein.

*Laut einer aktuellen Analyse der DAK Gesundheit

Gesundheit

gaertnerH. ist seit 30 Jahren als Landschaftsgärtner angestellt. Bei einer Körpergröße von 1,94 wiegt er 200 Kilo. Das führt zu Problemen mit seinem Arbeitgeber. Sein Chef kündigte ihm aufgrund praktischer Probleme im Betriebsalltag. Er sei zu schwer, um auf eine Leiter zu steigen, er könne nicht mehr mit dem Kleintransporter des Gärtnerbetriebs fahren, da neben ihm nur eine weitere, statt der ursprünglich vorgesehenen zwei weiteren Personen auf die Sitzbank passe und selbst steuern könne er den Kleintransporter ohnehin nicht mehr. Graben- und Kanalarbeiten seien schwierig, da er nicht in die vorgeschriebene Grabenbreite passe. H.s Chef hat ihn schon ein Jahr vor der Kündigung überredet, an einem Gesundheitsprogramm eines Adipositaszentrums teilzunehmen, um sein Gewicht zu reduzieren. Leider ohne Erfolg.

Der Gärtnereibetrieb kündigte ihm daraufhin und H. zog vor Gericht, um seinen Arbeitsplatz und 6.000 Euro Entschädigung zu verlangen. Er selbst war nämlich der Meinung, er könne all seine betrieblichen Aufgaben ohne Einschränkung erledigen.

Die erste Instanz gab dem Gärtner recht, dass die Kündigung nicht rechtens sei, lehnte aber eine Entschädigung ab. Sowohl H. als auch sein Arbeitgeber legten daraufhin Berufung ein. Am LAG wurde dann ein Vergleich geschlossen. Der Gärtner wird weiterhin für den Betrieb arbeiten, muss aber abspecken. Eine Entschädigung bekommt er allerdings nicht.

Begründet hat das Gericht seine Entscheidung folgendermaßen: Fettleibigkeit könne nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs auch als Behinderung eingestuft werden. Und Arbeitnehmer dürfen u.a. wegen einer Behinderung nicht benachteiligt werden. Liegen schwere Behinderungen vor, wird das örtliche Integrationsamt hinzugezogen, das den betroffenen Arbeitnehmer unterstützt und ggf. zur Vermeidung einer Kündigung beiträgt.

Der Arbeitgeber hat dem Urteil zufolge eine besondere Verantwortung. Er muss den Betroffenen auch vor Witzeleien und bösen Kommentaren einiger Kollegen zu schützen. Wird daraus Mobbing, muss er die Initiatoren sogar entlassen.

In Zukunft, werden die Gerichte vermutlich noch häufiger darüber zu entscheiden haben, was passiert, wenn der Boss einen Mitarbeiter zu dick findet. Im Jahr 2014 haben sich laut BEK in Deutschland mehr als 7 Millionen Menschen wegen Fettleibigkeit behandeln lassen. Das sind erschreckende 14% mehr als in 2006.

Individualarbeitsrecht

mindestlohnAnfang 2015 wurde in Deutschland der Mindestlohn eingeführt und die Stimmen der Zweifler, die Arbeitsplatzverluste fürchteten, waren laut. Einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung Nürnberg (IAB)* zufolge sind mit 60.000 verloren gegangenen Stellen die Anzahl Entlassungen niedriger als befürchtet. Allein Sachsen kann sogar seit Einführung des Mindestlohns einen Anstieg der Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten um 66.000 verzeichnen. Besonders das Gastgewerbe (plus 15%) und das Sozial- und Gesundheitswesen (plus 12%) haben aufgestockt.

In Sachsen hat der Mindestlohn die größten Auswirkungen. Viele Jahre war das Lohnniveau dort sehr niedrig, was u.a. auf eine Wirtschaftspolitik zurückzuführen war, die Firmen damit anlocken wollte. Rund ein Drittel aller sächsischen Betriebe beschäftigte vor 2015 Mitarbeiter, die weniger als 8,50 Euro Stundenlohn bekamen. In allen anderen Bundesländern war der Anteil deutlich geringer.
Allerdings hat fast die Hälfte aller sächsischen Betriebe seit Januar 2015 die Stundenlöhne auf das Mindestniveau angehoben – auch deutlich mehr als andere ostdeutsche Bundesländer. Insgesamt haben allein in Sachsen mehr als 300.000 Arbeitnehmer von der gesetzlichen Regelung profitiert.

Der Studie nach haben 14% der sächsischen Unternehmer die Arbeitszeiten reduziert bzw. die Aufgaben verdichtet. In anderen ostdeutschen Bundesländern liegt der Prozentsatz deutlich höher. Und natürlich hat sich auch die Geschäftspolitik durch die Einführung des Mindestlohns verändert. Teilweise wurden die Verkaufspreise erhöht, Investitionen wurden erst einmal zurückgestellt und Aufgaben ausgelagert.

Die Arbeitgeber teilen also die Freude über den Mindestlohn nicht. Nach wie vor warnen sie davor, dass die Arbeitskosten hierzulande im Vergleich zu anderen EU-Staaten zu stark gestiegen sind.

*Die Studie wurde vom sächsischen Wirtschaftsministerium in Auftrag gegeben. 1.200 sächsische Unternehmer wurden befragt.

Allgemein

SachgrundIm Netzwerk „Chefsache“ haben sich Führungskräfte aus Wirtschaft, Wissenschaft und des öffentlichen Lebens zusammengeschlossen. Ihnen liegt die Chancengleichheit von Frauen und Männern am Herzen, wohlwissend, dass nur ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis die deutsche Wettbewerbsfähigkeit sichere und letztlich Grundlage für gesellschaftlichen Wohlstand sei.

Deutschland könne es sich nicht leisten, gut ausgebildete Talente vom Erfolg auszuschließen – egal ob Mann oder Frau. Alle sollten die Chance haben, entsprechend ihrer Stärken Verantwortung zu übernehmen, damit alle Ressourcen und Innovationspotenzial genutzt werden können. Das sei nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern zahle sich unmittelbar ökonomisch aus.

Die Initiative Chefsache hat sich zum Ziel gesetzt, den gesellschaftlichen Wandel dorthin mit neuen Ansätzen und Konzepten zu unterstützen und eine Kultur der Wertschätzung in den Unternehmen zu etablieren. Es sei an der Zeit, dass unterschiedliche Lebensläufe anerkannt und Einstellungen fairer und flexibler gehandhabt werden. Als prominente Schirmherrin konnte Angela Merkel gewonnen werden.

Wie stehen denn eigentlich Sie zur Chancengleichheit in der Arbeitswelt? Sind Sie  tatsächlich frei von Vorurteilen – auch unbewusst?

Haben Sie Lust auf einen kleinen Test, um das herauszufinden? Die Initiative Chefsache hat dazu den kostenlosen „Uniconscious-Bias-Test“ entwickelt, der auf dem wissenschaftlich erprobten Impliziten Assoziationstest (IAT) der Harvard University basiert. Sie benötigen dazu nur Ihren Computer mit Tastatur.

Sie werden sehen, Sie erfahren viel Neues über sich und die Ergebnisse werden sich sicherlich nicht immer mit der eigenen Wahrnehmung decken.

 

 

Recht für Betriebsräte